Benoit Paire: Grand-Slam-Sieg? "Ich bin lieber in den Top 30 und genieße das Leben"

Benoit Paire über seine Einstellung zum Tennis - und warum Typen wie Nick Kyrgios der Tour guttun.

von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet: 22.12.2020, 20:41 Uhr

Benoit Paire fordert harte Strafen für Betrüger
© Getty Images
Benoit Paire

Benoit Paire ist einer, der polarisiert. Und Tennis eher als Spiel sieht, die Leute unterhalten will. Die großen Erfolge? Sind eher nebensächlich. Das erklärte Paire im Buch Out ! - Histoires dingues et décalées : le tennis comme vous ne l'avez jamais lu von von Quentin Moynet, im Vorwort, das racquetmag.com nun übersetzt und veröffentlicht hat./

Kein Wunder also, dass Paire seine Kollegen wie Nick Kyrgios und Fabio Fognini schätzt. Und die häufige Kritik an Kyrgios nicht gut findet. "Wir kritisieren seine Einstellung und sagen, dass er jeden verletzt, keinen Antrieb hat und eigentlich keine Lust zum Spielen - aber am Ende schaut ihm jeder zu." Weil man wisse, dass irgendwas im Match passieren werde.

Paire über Kyrgios: "Ein guter Typ"

Beim Wimbledonturnier 2019 sei er, Paire, in die Umkleide gekommen, als Kyrgios gerade gegen Rafael Nadal verloren hatte. Kyrgios sei grade erst vom Platz gekommen, habe drei Bier bestellt, sie runtergezogen und sei dann zur Pressekonferenz. "Nick ist ein guter Typ, aufrichtig, er macht sich nicht zu viele Sorgen und macht gutes Geld. Die australischen Medien nehmen ihn auseinander, aber er bleibt, wie er ist. Es kümmert ihn einfach nicht."

Er selbst sei diesbezüglich anders, schreibt Paire, manche Dinge würden ihn beeinflußen, grade das schwierige Verhältnis mit dem französischen Publikum, die Reaktion der Presse, wenn er mal wieder einen Schläger zerlegt habe. Dabei sei er viel ruhiger geworden im Vergleich zu früher. Einmal habe er ein Turnier nicht spielen wollen, sein Coach habe ihn aber gezwungen. "Da habe ich alle Schläger zerhackt, um es zu vermeiden", erinnert sich Paire.

Paire: "Bin der glücklichste Typ auf der Welt"

Oft werde ihm gesagt, er habe das Zeug für die Top 10. Aber auch, dass ihm einiges fehle, Seriosität beim Training, die physikalische Vorbereitung. Aber: "Ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen war nie meine Motivation", so Paire. "Ich stehe lieber in den Top 30 und genieße das Leben. Spiele Golf und trinke eine Schorle, wenn ich darauf Lust habe, anstatt alles aufzugeben, um die Nummer 1 zu werden." Im Gegenzug zu allen, die ihm sagen würden, dazu habe er doch später noch Zeit. Denn die würden nie loslassen. Die meisten würden auf der Tour bleiben, weil sie nur Tennis kennen würden. "Da ist eine Leere, wenn sie aufhören zu spielen. Aber wenn ich aufhöre, habe ich immer noch meine Schorlen, meine Nächte, mein Golf..." Er würde ein Leben leben, um das ihn viele beneiden würden. "Ich verdiene Geld, ich habe Spaß, reise viel, und ich bin der glücklichste Typ auf der Welt."

Neidisch auf Nadal, Federer, Djokovic? Sei er nicht, aber respektiere und bewundere sie extrem. Die Drei seien Champions, ohne sie wäre Tennis nicht da, wo es stehe, so Paire. "Aber verdammt noch mal: Wenn ich sehe, dass Rafa die French Open gewinnt und zwei Tage später schon in Queen's trainiert für die Rasensaison... das ist eine andere Welt." Wenn er hingegen Paris gewinnen würde, ob er dann nach Queen's oder Wimbledon reisen würde? Eher nicht. "Ich würde wohl meine Saison direkt beenden." Er sei die Nummer 18 gewesen, habe drei Turniere gewonnen, stünde seit zehn Jahren unter den Top 100. "Das ist eine wunderbare Karriere."

Zum gesamten Vorwort von Paire geht es hier - sehr lesenswert!

von Florian Goosmann

Dienstag
22.12.2020, 19:51 Uhr
zuletzt bearbeitet: 22.12.2020, 20:41 Uhr