Björn Borg - Der erste Superstar des Tennissports wird 65
Am heutigen Sonntag feiert eine der großen Legenden des Tennissports seinen 65. Geburtstag: Björn Borg, elfmaliger Champion bei Grand-Slam-Turnieren.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
06.06.2021, 12:41 Uhr
Im Fußball, so sagt man, sucht sich nicht der Fan seinen Lieblingsverein aus, sondern umgekehrt. Man lässt also keinen Wettbewerb aus, Übertragungen von allem Ligen sind ja nonstop verfügbar, und eines Tages, wie von Geisterhand, ist man in immerwährender Liebe Ferencvaros Budapest verfallen. Oder Malmö FF.
Der Tennissport hat in dieser Hinsicht insofern einen Nachteil, als dass die Bandbreite an Fanoptionen nicht ganz so groß ist wie im Fußball. Und dass das Achtelfinale des ATP-Turniers in Bastad nicht so leicht zu finden ist wie die zweite Runde der Qualifikation für einen der zu vielen Veranstaltungen, die die UEFA als das nächste große Ding zu verkaufen versucht. Insofern waren die 1970er-Jahre ein großartiges, weil viel ausgeglicheneres Jahrzehnt. Fußball nur zu ausgewählten Anlässen in einem der zwei TV-Kanäle, Tennis aus Paris und Wimbledon dagegen stundenlang und ohne Werbeunterbrechungen. Wie konnte der gemeine Fan damals nicht Björn Borg verfallen?
Borg dominiert in Wimbledon
Wo soll man anfangen? Beim Frottee-Stirnband? Bei den langen Haaren? Bei den mysteriösen weißen Dingern, die sich Borg über die Finger seiner Schlaghand geklebt hatte? Wer den wirklich guten Film „Borg/McEnroe“ gesehen hat, weiß: Der „Ice Borg“, dieser stoische Krieger auf den größten Courts der Welt, hat erst nach einem schmerzvollen Reifeprozess das Licht der Welt erblickt. Als Kind und Jugendlichem war Borg das Schlägerwerfen nicht fremd, so lernen wir heute. Damals wusste das keiner von uns, die wir jedem Auftritt des Großmeisters entgegen gefiebert haben.
Die großen Kniefälle sind wohl dokumentiert, vor allem in Wimbledon, wo Björn Borg von 1976 bis 1980 dominiert hat. Vor allem das letzte erfolgreiche Finale gegen John McEnroe ist dem Fan in Erinnerung geblieben. Da war aber auch dieses Endspiel gegen Roscoe Tanner 1979. Der ist mit einem Aufschlag um die Ecke gekommen wie später Goran Ivanisevic. Nur mit Holzschläger. Schön war das nicht, Björn Borg hat in dieser Partie viel Glück gebraucht. Aus Sicht von uns Aficionados: so what?
Die US Open als Problemfall
Elf Majors hat Borg, der heute seinen 65. Geburtstag feiert, gewonnen. Sechs Titel in Roland Garros neben den fünf in Wimbledon. Unerfüllt ist der Traum vom Sieg bei den US Open geblieben, umso bemerkenswerter, als dass dort zuweilen auch auf Asche gespielt wurde. Die Australian Open waren zu Zeiten eines Björn Borg nicht jedem Topspieler eine Reise wert, der große Schweiger hat sie jedenfalls konsequent ausgelassen.
Und plötzlich war er dann weg. Und wir haben gestaunt. Und ein wenig geweint. Und vor allem: Die Schuld auf Mariana Simionescu geschoben. Die erste Ehefrau von Björn Borg ist für uns in einer Tradition mit Yoko Ono gestanden. Nur noch schlimmer. Dass der Großmeister selbst im Alter von 26 Jahren nicht mehr konnte (und wollte), das war uns unbegreiflich. Die Comeback-Versuche verliefen kurz und schmerzvoll, der gute, alte Holzschläger hatte ausgedient.
McEnroe als Counterpart im Laver Cup
Dass nach dem Karriere-Ende im Leben des Björn Borg nicht alles rund lief, vor allem auch finanziell? Uns doch wurst. Wir freuen uns, Borg bei seinen wenigen öffentlichen Auftritten zu sehen, demnächst wohl als Kapitän des europäischen Teams beim Laver Cup in Boston. Als Counterpart zu seinem Rivalen, und wie man aus dessen Biographie weiß, auch ziemlich guten Kumpels, John McEnroe. Für den es natürlich auch gute Gründe gegeben hat, ihm als Anhänger anheim zu fallen.
Wahr ist aber natürlich auch, was in einem Werbespot, der immer und immer wieder während der Tennis-Übertragungen läuft, mit dem Brustton der Überzeugung verlautbart wird: Zu sehen sind ein paar Bilder von Björn Borg. Der Text dazu: „Der erste Superstar des Sports war geboren.“