Fürsorgliche Beobachtung in New York City
Fünf Turniersiege 2017, davon zwei bei 1000er-Veranstaltungen: Der Erwartungsdruck auf Alexander Zverev nimmt vor dem letzten Grand-Slam-Turnier des Jahres in New York City zu.
von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet:
14.08.2017, 19:00 Uhr
Eins ist jetzt schon sicher für die kommenden US Open: Kein deutscher Herrenspieler seit Boris Becker und Michael Stich wird in New York unter so fürsorglicher Beobachtung stehen wie der Mann der Stunde, wie Alexander Zverev. Mit seinem Masters-Erfolg in Kanada gegen Roger Federer ist der 20-jährige Hamburger erst recht ins Blickfeld gerückt beim amerikanischen Major, man kann ihn jetzt auch nur noch schwerlich als Geheimfavorit bezeichnen. Auch wenn Zverev sich bei den Majors bisher noch schwer getan hat, in Wimbledon schaffte er erstmals den Vorstoß in die zweite Grand Slam-Woche, muss er als einer der wenigen ernsthaften Titelkandidaten gelten.
Allerdings wirken die Bühnen in Washington und Montreal geradezu beschaulich gegen das raue New Yorker Pflaster - in jeder Beziehung. Für Zverev gilt es vor allem, mit dem massiv gestiegenen Erwartungsdruck umzugehen, schließlich ist er inzwischen in der Jahreswertung der drittbeste Spieler der Saison, auch der erfolgreichste hinter Federer und Nadal.
Richtige Entscheidung
In Wimbledon hat Zverev noch einmal erlebt, wie schwierig es ist, die eigenen Ansprüche und äußere Hoffnungen bei einem Grand Slam zu erfüllen. Gegen Raonic war er im Achtelfinale der klar bessere Mann, was aber nichts daran änderte, dass er diese Partie verlor. Bemerkenswert genug, wie er diesen Knockout wegsteckte und sich zum bisher eindeutig stärksten Mann im nordamerikanischen Hartplatzsommer aufschwang. Auch dies sei noch erwähnt: Zverev tat gut daran, nicht noch einmal auf die Sandplätze in Europa zurückzukehren, auch nicht zum Heimturnier nach Hamburg. Das mag mancher als Undankbarkeit abkanzeln, aber im Kern ist dieses Verhalten nichts als professionell und zielführend. Ob es nun eine Zusage gab, und in welcher Verbindlichkeit, scheint etwas unklar. Jedenfalls ist so ein Papier nicht vorgelegt worden bisher.
Auch auf Angelique Kerber richten sich gespannte Blicke in New York. Sie ist dort immerhin die Titelverteidigerin, aber von einem neuerlichen Sieg ist sie gegenwärtig weit entfernt. Der erste Auftritt nach Wimbledon ging jetzt erst einmal daneben, es war auch nicht ganz klar, ob sich Kerber im Vollbesitz ihrer Kräfte befand, ob sie angeschlagen war körperlich. Viel Zeit, um richtig in Schwung zu kommen für New York und Selbstvertrauen durch Siege anzuhäufen, bleibt nun wahrlich nicht mehr.