Boris Becker in Wien: „Zverev muss den Tennissport wirklich lieben“
Boris Becker, Champion in der Wiener Stadthalle im Jahr 1996, hat bei den Erste Bank Open 2023 einen voll gefüllten Terminkalender abgearbeitet. Und einige spannende Dinge erzählt.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
24.10.2023, 13:45 Uhr
Von Jens Huiber aus Wien
Fast hätte man glauben können, im Pressezentrum bei den Erste Bank Open gäbe es kostenlose Schnitzelsemmeln für alle Anwesenden. Die Plätze vor dem Podium waren jedenfalls außergewöhnlich gut besetzt. Was natürlich auf den Mann zurückzuführen war, der am heutigen Dienstag ein Mammutprogramm hinlegen muss: Boris Becker.
Zunächst stand für den dreimaligen Wimbledon-Champion ein Gastauftritt bei einem Symposium in der Stadthalle an, dann der genannte Termin im Angesicht der versammelten Presse, danach ein Talk mit Thomas Muster. Was für einen einzelnen Arbeitstag schon reicht. Der Hauptjob wird aber erst am Abend in Basel vollzogen. Da wird Boris Becker nämlich erstmals als Coach in der Box von Holger Rune sitzen. Als „Hauptverantwortlicher“, wie er im Gespräch mit dem alten Weggefährten Muster betonte.
Zverev als Beispiel für Thiem
Die Fragen beim Pressetermin drehten sich dann auch in erster Linie um die neue Aufgabe. Und um zwei andere Spieler, die in Wien im Hauptfeld vertreten sind: Alexander Zverev und Dominic Thiem. Zu letzterem hege er eine freundschaftliche Beziehung, sagte Becker also. Und er traue ihm schon zu, wieder in die Weltspitze zu kommen. Für eine genaue Analyse der aktuellen Probleme des US-Open-Champions von 2020 sei er allerdings zu weit weg.
Näher dran war Becker für eine geraume Zeit an Alexander Zverev. „Vielleicht ist das auch ein Beispiel für Dominic Thiem. Dass man nach einer schweren Verletzung zurückkommen kann.“ Zur wahrscheinlichen Qualifikation von Zverev für die ATP Finals meinte Becker: „Erwarten konnte man so etwas nicht. Ich habe seine ersten Turniere verfolgt, da war er noch nicht fit und hatte Schmerzen. Aber seine Hartnäckigkeit und Besessenheit, mit der er es jede Woche versucht, spricht wirklich für sich. Er muss den Tennissport wirklich lieben.“
Rune kann von Becker lernen
Die Konzentration gilt aber Holger Rune. Und da wird sich Becker, auch wenn seine Strahlkraft ganz offensichtlich ungebrochen ist, in der Öffentlichkeit zurücknehmen. Der Spieler solle im Mittelpunkt stehen, das sei ja nicht bei allen Trainerkollegen so. Was man durchaus als Spitze gegen seinen Vorgänger Patrick Mouratoglou verstehen konnte. Aber nicht musste.
Fakt ist, und das führte Becker in aller Klarheit aus: Nur wer selbst einmal einen Matchball bei einem großen Turnier verwertet oder vergeben hat, könne seinem Schützling vermitteln, wie sich so eine Situation anfühlt. So gesehen hat Holger Rune genau den richtigen Mann an seine Seite geholt.