Mit der Weisheit des Alters
Roger Federer ist entspannt, weil er bereits im Halbfinale steht. Und weil er sich in seinem Alter auch mal ein Päuschen genehmigen kann - und weiß, dass es nichts schadet.
von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet:
15.11.2017, 19:20 Uhr
Von Florian Goosmann aus London
Roger Federer war um 23.05 Uhr zur Pressekonferenz angekündigt, Alexander Zverev kam die Tür rein - mit Federer im Schlepptau. Der trabte erst mal zur TV- und Radio-PK, während sein geschlagener Kollege auf dem Podium Platz nahm. Fünf Minuten später war Zverev durch und Federer gab zwanzig weitere Minuten Antworten auf Englisch, Deutsch, Schwyzerdütsch und Französisch. Ganz entspannt, versteht sich. Und mit der Gelassenheit und Zufriedenheit eines Mannes, der alles erreicht hat und mehr genießen will.
In wichtigen Momenten, erklärte Federer, versuche er mittlerweile innerlich zu lachen und zu denken: Alles ist gut. Das sei manchmal wichtig, sich selbst daran zu erinnern. Auch wenn es ihm an diesem Abend nicht so recht gelungen sei, wirklich frei aufzuspielen. Daher viel Defensive, was er in dieser Spielzeit nicht so oft habe machen müssen. Aber, so Optimist Federer: "Es war ganz gut zu zeigen, dass ich solche Matches auch so gewinnen, diese Punkte immer und immer wieder spielen kann und mental dabei bleibe."
Warum er nicht mal die Vorhand durchgebrettert hat, wenn die Chance da war? "Haaaaach", stöhnte Federer, "ich hab mich nicht gut gefühlt." Der Rhythmus fehle allen noch etwas, man sehe noch viele Fehler.
Wenn man sich's leisten kann...
Und was tun, wenn der Rhythmus fehlt? Federer versucht's mit einem Tag Pause. "2005 in Shanghai hätte ich so was nicht gemacht. Ich hätte irgendwo trainiert, weil man das halt hätte tun müssen. Aber mittlerweile weiß ich, dass mein Spiel nicht einfach weggehen wird, wenn ich einen Tag frei nehme. Es ist eigentlich ganz nett, das tun zu können. Das Selbstvertrauen in deinem Spiel zu haben, zu wissen, dass du dein Level hältst."
Weniger Arbeit, Qualität statt Quantität, das große Geheimnis der alternden Garde. Wobei manchmal die noch weiseren Trainer die besten Ideen haben. Denn er habe gar nicht an Pause gedacht, seine Coaches Severin Lüthi und Ivan Ljubicic seien damit um die Ecke gekommen.
Überhaupt, so Federer, sei alles anders als früher. "Da wäre ich vielleicht eine Runde Squash spielen gegangen an meinen freien Tagen. Und hätte mich dann im Halbfinale gefragt: Warum bin ich so müde? Warum hab ich ein Leistenproblem? Vielleicht zu viel Fußball auf Rasen gespielt?", sagte Federer und lachte. "So was passiert mir nicht mehr." Speziell seit 2008, als er am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt war, habe er andere Sportarten komplett zurückgefahren, sogar Skifahren.
Langweilig sollte Papa Roger dennoch nicht werden, falls sich nun jemand sorgt. "Die Kids halten mich auf Trab", versicherte Federer weiter. "Ich habe ja nicht eins oder zwei, ich habe vier. Ich werde bestimmt nicht die ganze Zeit auf der Couch liegen."