Die Wachablösung – Als Pete Sampras von Roger Federer entthront wurde
Am 2. Juli 2001 besiegt Roger Federer den siebenmaligen Wimbledon-Champ und macht sich auf, selbst Rasenkönig zu werden.
von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet:
01.07.2016, 14:00 Uhr

Pete Sampras galt bis dato als der beste Rasenspieler aller Zeiten: Sieben Mal triumphierte der US-Amerikaner an der Church Road - von 1993 bis 1995 und von 1997 bis 2000 (1996 machte ihm Richard Krajicek einen Strich durch die Rechnung.)
Federer vs. Sampras, das erste und letzte Duell
2001 lief jedoch alles anders für den "King of Swing", wie sich Sampras auf seiner Website selbst bezeichnet. Die Nummer eins hatte er zum Jahresende 2000 an Marat Safin und Gustavo Kuerten verloren, 2001 erreichte er bis zum Sommer nur zwei Mal das Finale eines Turniers und war bis zum Wimbledon-Start auf Rang sechs der Welt abgerutscht. Der "Heilige Rasen" sollte also die Kehrtwende bringen. Sampras tat sich allerdings schon in Runde zwei ungewohnt schwer, besiegte den unbekannten Briten Barry Cowan nur knapp in fünf Sätzen.
Roger Federer , 19 Jahre jung, galt zum Sommer 2001 als großes Talent - das jedoch bei den großen Turnieren noch nicht so richtig in Fahrt gekommen war. Federer war zum Zeitpunkt des Wimbledon-Turniers auf Rang 15 der Welt notiert. Mit Christophe Rochus, Xavier Malisse und Jonas Björkman nahm er bis zum Achtelfinale drei gefährliche Rasenspieler aus dem Rennen - dann stand sie an, die bis dato größte Partie für den Schweizer, die erste (und letzte) gegen Pete Sampras und die erste auf dem berühmten Centre Court.
Am 2. Juli 2001 sind zwei Rasenexperten unter sich
Das Match zwischen Federer und Sampras am 2. Juli 2001 zeigt schnell, dass zwei Könner auf Gras am Start sind. Harte Aufschläge, Serve-and-Volley vom Feinsten, enge Sätze, in denen letztlich die berühmten zwei oder drei Punkte den Unterschied ausmachen. Nachdem Federer den ersten Durchgang in Satz eins gewinnt, gleicht Sampras in Durchgang zwei nach Abwehr von sechs Breakbällen aus. In Satz drei muss er jedoch nach einem seiner legendären Slam-Dunk-Schmetterbälle, den er ins Aus setzt, ein Break hinnehmen. Im entscheidenden Durchgang führt Federer 6:5 und hat bei Aufschlag Sampras zwei Break- und Matchbälle. Federer nutzt den ersten direkt mit dem Return - einem Vorhand-Passierball longline an Sampras vorbei, der dadurch seinen Traum, fünf Mal in Folge in Wimbledon zu siegen, begraben muss. Federer siegt mit 7:6 (7), 5:7, 6:4, 6:7 (2), 7:5.
"Man weiß, dass solch große Dinge nie ewig halten", so Sampras im Anschluss. "Ich hatte meine Chancen, aber habe sie nicht genutzt, während er in den entscheidenden Momenten toll gespielt hat - das ist der Schlüssel auf Rasen." Für Federer war der erste Satz, den er nach Abwehr eines Satzballs geholt hatte, das Entscheidende. "Ich hatte das Gefühl, dass ich ihn wirklich schlagen kann. Das hatte ich die ganze Zeit. Dadurch habe ich womöglich gewonnen." Auch Sampras zeigte sich von Federer beeindruckt. "Es kommen viele junge Spieler nach, aber Roger ist sehr speziell. Er hat ein tolles Allround-Spiel und wird, wie ich, nicht zu emotional. Ihm muss man Anerkennung zollen."
Kein Grund zur Panik für Sampras
Federer jedoch konnte seinen Erfolg zunächst nicht bestätigen. Im Viertelfinale verlor er gegen Tim Henman in vier Sätzen, 2002 flog er in Runde eins gegen Mario Ancic in drei Sätzen aus. Seine große Wimbledon-Geschichte begann schließlich im Jahr 2003, als er gegen Mark Philippoussis gewann und seinen ersten Grand-Slam-Titel holte. Federer siegte letztlich von 2003 bis 2007 fünf Mal in Folge und schnappte sich auch 2009 und 2012 den wichtigsten Titel der Welt, wodurch er aktuell mit insgesamt sieben Titeln mit Sampras gleichauf liegt.
Der 29-jährige Sampras verspach im Anschluss an das Federer-Match, dass er plane, "noch viele weitere Jahre hier zu spielen" und nicht an einen Rücktritt denke. "Der Grund, warum ich einmal aufhören werde zu spielen, wird nicht an meinen Fähigkeiten liegen, sondern weil ich es vielleicht nicht mehr tun möchte. Es gibt keinen Grund zur Panik oder daran zu denken, dass ich nicht zurückkommen und hier wieder gewinnen könnte." Für Sampras sollte es ein Jahr später jedoch anders kommen. Hier verlor er in Runde zwei völlig überraschend gegen Federers Landsmann George Bastl, die Nummer 145 der Tennis-Welt, was rückblickend sein letzter Auftritt in Wimbledon gewesen sein sollte.
Sampras jedoch schlug in der Art eines Champions zurück: Nur Wochen später holte er bei den US Open 2002 seinen 14. Grand-Slam-Titel und trat nach einem Jahr Bedenkzeit vom Profitennis zurück. Ein perfekter Karriereabschluss für einen der größten Spieler aller Zeiten.