Haller Rasenspiele, Tag 2
Ansetzungsprobleme führen zum vielleicht besten Dienstag aller Zeiten. Roger Federer serviert sich in Richtung seines 10.000. Asses auf der ATP-Tour. Dies und Jenes von Tag 2 bei den Gerry Weber Open in Halle/Westfalen.
von Christian Albrecht Barschel
zuletzt bearbeitet:
20.06.2017, 21:39 Uhr
Von Christian Albrecht Barschel aus Halle/Westfalen
Ansetzungsprobleme: Nur fünf Einzel und zwei Doppel waren aus verschiedenen Gründen am ersten Hauptfeldtag der Gerry Weber Open angesetzt. Das bedeutete volles Programm am Dienstag mit insgesamt elf Einzeln (sechs mit deutscher Beteiligung) und drei Doppeln. Die tägliche Turnierzeitung "Matchpoint" titelte: "Der beste Dienstag aller Zeiten?" Auf jeden Fall konnten sich die Zuschauer glücklich schätzen, die ein Ticket für den heutigen Tag hatten. Auch mit einem Groundticket kam man voll auf seine Kosten. Das volle Programm hatte aber auch so seine Tücken. So wurde Titelverteidiger Florian Mayer gegen Benoit Paire nur auf Court 1 angesetzt. Auch Stuttgart-Sieger Lucas Pouille (gegen Jan-Lennard Struff), Mischa Zverev und Duracell-Hase David Ferrer spielten nur auf den Außenplätzen. Kei Nishikori eröffnete auf dem Centre Court gegen Fernando Verdasco. Das lag auch am World Feed der ATP. Nishikori ist ein Global Player, vor allem, was das Fernsehen betrifft. Bei Spielbeginn, 12 Uhr deutscher Zeit, war es 19 Uhr in Tokio - also die beste Sendezeit für ein Match von Nishikori.
Haas sagt erneut Tschüss: Und da war er, der nächste Abschied von Tommy Haas von einem Turnier. Nach seinem 39. Match in Halle/Westfalen sagte der 39-Jährige Tschüss zu den Gerry Weber Open. Beim 4:6, 4:6 gegen Bernard Tomic fand der Routinier nie Zugriff auf das Match. "Vielleicht ist es ein gutes Omen, mit 39 hier aufzuhören und 39 Matches gespielt zu haben", sagte Haas, dem als erster Spieler in der Turniergeschichte der Excellence Award überreicht wurde. Mit Tochter Valentina auf dem Arm verließ Haas das Stadion. "Das war das i-Tüpfelchen", meinte Haas, der 1997 das erste Mal in Halle/Westfalen spielte, zwanzig Jahre später ist nun Schluss. Bei keinem deutschen Turnier hat der 39-Jährige öfter aufgeschlagen, insgesamt 15-mal. 2009 und 2012 holte er den Titel. Der nächste Abschied folgt nun in Wimbledon, sofern er eine Wildcard bekommt, den letzten deutschen Abschied gibt es dann bei seinem Heimturnier in Hamburg.
Turnier der Generationen: Tennisturniere werden immer mehr zum Treffen verschiedener Generationen. 21 Jahre trennen bei den Gerry Weber den jüngsten vom ältesten Teilnehmer in der Einzelkonkurrenz. Daniel Altmaier, der in der Qualifikation in der ersten Runde verlor, ist mit 18 Jahren der jüngste Starter gewesen. Der älteste: Tommy Haas mit 39 Jahren und drei Monaten, der ebenfalls sein Auftaktmatch verlor. Haas ist selbst noch ein junger Hüpfer, wenn man dies mit einigen Ü40-Spielern vergleicht, die sich in der Doppelweltrangliste tummeln.
"GOAT"-Frage: Wer ist der beste Tennisspieler aller Zeiten? Die "GOAT"-Frage wird seit Jahren heftig diskutiert. Ist es Roger Federer, ist es Rod Laver oder doch Rafael Nadal? Die meisten Bilanzen sprechen derzeit für Federer, aber wie wird es in fünf Jahren aussehen? Der Schweizer wurde in Halle/Westfallen zu dieser Debatte befragt. Federer schert sich wenig um diese Frage. "Wenn ich von nun in den nächsten zehn Jahren jedes Turnier gewinne, würde ich mich wahrscheinlich als den Besten aller Zeiten betrachten. Aber andererseits wird es die Debatte immer geben, weil ich Sachen nicht geschafft habe, als ich 15 Jahre alt war oder ich Dinge nicht in der Mitte vollbracht habe. Ich kann nur so gut sein, wie ich kann. Letztendlich bin ich sehr glücklich über meine Karriere. Ich habe meine Erwartungen bei allem total übererfüllt. Um ehrlich zu sein, ist es nicht so wichtig, als der Beste aller Zeiten in Betracht gezogen zu werden. Ich kann nur das Bestmögliche tun."
Warten auf Federers 10.000. Ass: Ivo Karlovic servierte am Sonntag bei seiner Finalniederlage beim Rasenturnier in 's-Hertogenbosch sein 12.000. Ass bei einem Match auf der ATP-Tour. Der 38-jährige Kroate wird möglicherweise den Ass-Rekord auf der ATP-Tour für immer behalten, zumindest für eine sehr lange Zeit. Roger Federer schickt sich indes an, sein 10.000. Ass zu schlagen. Der "Maestro" liegt in der ewigen Bestenliste auf Platz drei. Laut aktueller Statistik fehlten ihm vor Turnierstart in Halle/Westfalen noch 37 Asse bis zur 10.000. Läuft alles nach Plan, könnte diese Marke in dieser Turnierwoche fallen. Bei seinem Sieg gegen Yuichi Sugita schlug Federer schon mal acht Asse. Platz zwei belegt Goran Ivanisevic mit 10.131 geschlagenen Assen, den Federer in den nächsten Monaten überholen sollte. Allerdings ist die Ass-Statistik der ATP mit Vorsicht zu genießen, da zahlreiche Asse von Ivanisevic zu Beginn der Karriere nicht in die Wertung eingeflossen sind.
Stammgast: "Was ist München ohne die Wiesn?!", sagte ein angetrunkener Roberto Blanco einst über das Oktoberfest in München. Eine Maß auf der Wiesn gehört einfach dazu. "Was sind die Gerry Weber Open ohne Roberto Blanco?" Zumindest hätten sie einen großen Farbtupfer weniger. Der Kultmusiker ("Ein bisschen Spaß muss sein") ist seit Jahrzehnten ein Tennis-Edelfan und Stammgast in Halle/Westfalen. Am 7. Juni wurde Blanco 80 Jahre alt. In Halle/Westfalen gab es von Turnierdirektor Ralf Weber nachträglich ein Präsent und einen Blumenstrauß zum Jubiläum.
Melbourne-Wetter: Im vergangenen Jahr gab es viel Regen in Halle/Westfalen. Da der Centre Court über ein Dach verfügt, wird der Spielplan zumindest an den letzten drei Tagen gar nicht berührt. In diesem Jahr herrschen fast australische Verhältnisse bei den Gerry Weber Open. Bereits am Qualifikationswochenende gab es strahlenden Sonnenschein. Am gestrigen Hauptfeldtag kletterte das Thermometer auf bis zu 31 Grad im Schatten. Eine schweißtreibende Angelegenheit für Spieler, Zuschauer und vor allem für die Schieds- und Linienrichter, die mit langer schwarzer Hose, Hemd und Krawatte die Matches schiedsen. Heute wurde die 30-Grad-Marke nur knapp verfehlt. Am Donnerstag sind schwülwarme 32 Grad angesagt. Die Australian Open in Melbourne lassen grüßen.
Spielplan Mittwoch (Centre Court): 12 Uhr: Richard Gasquet - Bernard Tomic, anschließend: Dustin Brown - Roberto Bautista Agut, anschließend: Alexander Zverev - Philipp Kohlschreiber, nicht vor 17:30 Uhr: Dominic Thiem - Robin Haase. Unter anderem auf Court 1: Brown/Struff und die Zverev-Brüder im Doppel
Das ATP-Turnier in Halle/Westfalen im Überblick