Jahreszeugnis Cori Gauff: Stagnation oder der nächste Schritt? Zwei minus
Cori Gauff hat sich in der Saison 2022 unter die zehn besten Frauen der Welt gespielt. Aber: In den großen Matches lief es nicht gut. Und einen weiteren Einzel-Titel hat die immer noch erst 18-jährige Amerikanerin auch nicht gewonnen.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
01.12.2022, 22:36 Uhr
Was will man also groß herumnörgeln, wenn eine 18-Jährige eine Tennissaison auf Platz sieben der Weltrangliste abschließt? Und zwischendurch sogar mal ganz in den Doppel-Charts notiert war? Nun, dafür gibt es ein paar weiche und ein paar harte Faktoren.
Zunächst mal die Positiva:
- Cori Gauff hat 2022 erstmals das Finale eines Grand-Slam-Turniers im Einzel erreicht, in Roland Garros nämlich.
- Ende Oktober 2022 ist ihr der Sprung auf Position vier der Weltrangliste geglückt, Gauffs bislang bestes Ranking im Einzel.
- Mit 38 Siegen zu 23 Niederlagen fällt die Match-Bilanz klar positiv aus.
- Und: Erstmals konnte Gauff das Finale der besten acht Frauen auf der WTA-Tour erreichen.
Allerdings:
- Im Jahr 2022 ist kein weiterer Einzel-Titel zu den beiden bisherigen (Linz 2019, Palermo 2021) dazugekommen.
- In eben jenem Endspiel bei den French Open war Gauff gegen Iga Swiatek komplett chancenlos.Wie auch in San Diego, Fort Worth oder Miami. Da lagen ganze Welten zwischen den Nummer eins und Coco Gauff.
- Das Finale von Paris war dazu noch das einzige des Jahres. Immerhin bis in die Vorschlussrunde ging es gleich zu Beginn der Saison in Adelaide (Niederlage gegen Madison Keys) und Berlin (Niederlage gegen Ons Jabeur).
- Bei den WTA Finals hat sie alle Matches verloren - im Einzel und im Doppel.
Soweit die Bilanz in nackten Zahlen. Wer Cori Gauff aber des öfteren live spielen gesehen hat, könnte folgenden Schluss ziehen: Athletisch bewegt sich die US-Amerikanerin als einzige Spielerin in derselben Liga wie Iga Swiatek. Spielerisch aber hat Gauff an normalen Tagen in der Offensive zu wenig zu bieten: Ihr Aufschlag ist in Ordnung, aber keine Waffe, auf die sie sich in Drucksituationen verlassen kann. Dasselbe gilt für die Vorhand, die oft viel Höhe, noch öfter aber zu wenig Tempo hat. Da hilft die beste Defensive nichts: Hier und da sollte auch Cori Gauff in der Lage sein, aus dem Ballwechsel heraus einen Punkt zu schießen. Ein bisschen Variation im Spiel würde auch nicht schaden.
Zwei Sachen sprechen indes für Gauff: Sie scheint ihrer Zeit weit voraus zu sein, hat längst durchschaut, dass der Tennissport nicht das wichtigste Element in ihrem Leben ist. Und gerade in den vergangenen Jahren hat es ja auch Grand-Slam-Siegerinnen gegeben, die grundsätzlich weniger Möglichkeiten als Gauff zur Verfügung haben. Frag nach bei Sofia Kenin.
Der Ausblick auf 2023 ist dennoch positiv. Denn mit ihrer überragenden Physis genießt Cori Gauff gegen die allermeisten Gegnerinnen einen Startvorteil. Mit zunehmender Erfahrung wird sie diesen auch zu nutzen wissen.
Alles in allem aber die Note für das Jahr 2022: Zwei minus