Joel Schwärzler im Interview: "Ossi war der Starspieler!"

Joel Schwärzler gilt als größtes Tennistalent Österreichs. Die ehemalige Nummer 1 der Juniorenweltrangliste versucht sich nun seit dieser Saison auf der Herrentour zu etablieren. Bei den Macedonian Open in Skopje konnte der 18-jährige seinen ersten Turniersieg auf der ATP-Challenger-Tour verzeichnen.

von Florian Heer
zuletzt bearbeitet: 16.07.2024, 13:50 Uhr

Joel Schwärzler beim Challenger in Salzburg
© Florian Heer
Joel Schwärzler beim Challenger in Salzburg

In der vergangenen Woche war Schwärzler bei den Salzburg Open am Start. Gegen den Schweizer Marc-Andrea Huesler unterlag der Teenager in der ersten Runde im Einzelwettbewerb, ist an der Seite von Philipp Oswald allerdings bis ins Halbfinale der Doppelkonkurrenz eingezogen.

Wir haben uns mit ihm während des Turniers zum Interview verabredet.

Tennisnet: Welchen Stellenwert hat das Doppelspiel für dich und wie fühlt es sich an mit einem so erfahrenen Partner an der Seite ein Turnier bestreiten zu können?

Joel Schwärzler: Natürlich bin ich ein Einzelspieler, aber ich würde auch gerne im Doppel weiter nach vorne kommen und die großen Turniere mitspielen. Es ist richtig cool mit Ossi zu spielen. Ich bin an der gleichen Academy wie er aufgewachsen. Er war der Starspieler dort. Es macht großen Spaß mit ihm noch Turniere bestreiten zu können.

Du konntest auch den Doppeltitel beim Juniorenturnier der French Open gewinnen. Was sind die größten Herausforderungen während des Übergangs zum Herrentennis?

Viele Matches zu gewinnen. Die Top-Junioren sind mindestens auf dem gleichen Niveau wie Futures- und Challenger-Spieler und können an einem guten Tag eigentlich jeden schlagen. Die große Herausforderung ist es jedoch jeden Tag diese Leistung zu bringen. Das ist mir bisher einmal gelungen und konnte in Skopje meinen ersten Challenger-Turniersieg erringen. Allerdings war das Event nicht so gut besetzt. Es ist schwierig konstant sein Level zu finden. 

Wie würdest du die Saison bisher einordnen?

Ich bin nicht gut in das Jahr gestartet. Ich hatte auf der Futures-Tour drei schlechte Wochen, wo ich auch mental nicht bei der Sache war. Mit dem Wechsel auf Sand ist es dann aufwärts gegangen. Ich konnte mehrere Matches gewinnen und ein Finale in Antalya spielen. Dann bin ich nach Amerika geflogen und habe meine ersten Siege auf der Challenger-Tour eingefahren. Insgesamt war mein Niveau bei diesen Turnieren dort sehr gut. Dies hat mich weitergebracht und hat mein Level erhöht. Beim Challenger in Mauthausen habe ich dann das Viertelfinale erreicht und schließlich kam der Turniersieg in Nordmazedonien. Allerdings bin ich von meinem Ziel noch viele Turniere, auch auf der ATP-Tour, zu gewinnen weit entfernt. Ich bin noch nicht dort, wo ich sein möchte.

Was sind deine Ziele?

Die Top 30 zu erreichen.

In welchem Zeithorizont?

Ich gebe mein Bestes, um so früh wie möglich das Ziel zu erreichen, auch um noch weiter nach vorne kommen zu können. Wenn man mir allerdings am Ende meiner Karriere sagt, dass ich ein konstanter Top 50 bzw. Top 30 Spieler war, dann kann sich das schon sehen lassen. 

In Tallahassee hast du dein erstes Viertelfinale auf der Challenger-Tour erreicht. Wie war deine Erfahrung während des Sandplatzswings in den USA?

Es war super, da es drei Wochen am Stück waren. Mir liegt es auf dem grünen Sand zu spielen und ich genieße die Atmosphäre bei den Turnieren. Ich mag das Land und fühle mich in den USA sehr wohl. Alles fühlt sich dort sehr entspannt an und ich hoffe nächstes Jahr wieder dort antreten zu können.

Du bist in Südafrika geboren und aufgewachsen. Inwieweit hat dich dies geprägt?

Meine gesamte Familie mütterlicherseits wohnt noch dort. Ich habe dort sieben Jahre gelebt, bin dort in die Schule gegangen und spreche die Sprache. Tennistechnisch hat es mich nicht beeinflusst, da ich erst in Österreich wirklich begonnen habe zu spielen. Ich bin allerdings halb Südafrikaner, da ich fast die Hälfte meines bisherigen Lebens dort verbracht habe. Ich komme aus einer sportlichen Familie, was mir sehr wichtig ist. Tennis ist nicht die Hauptsportart in Südafrika. Es geht mehr um Rugby und Cricket, wo sie auch richtig erfolgreich sind. Nachdem Kevin Anderson seinen Rücktritt erklärt hat, gibt es mit der Ausnahme von Lloyd Harris nicht mehr viele Spitzenspieler. Ich hoffe natürlich, dass noch mehrere Spieler aus Südafrika den Sprung nach oben schaffen und der Sport dort auch wieder größer wird. 

Deine erste Teilnahme bei den österreichischen Staatsmeisterschaften verlief leider nicht optimal, da du in deinem ersten Match aufgeben musstest. Kannst du kurz erklären, wie es dir dort ging?

Ich hatte mich bereits am Vortag meines Matches nicht gut gefühlt. Ich konnte aber trainieren und hatte mich vorbereitet und dachte, dass es funktionieren würde. Rausziehen wollte ich nicht. Während des Einspielens habe ich allerdings gespürt, wie der Puls immer weiter hoch ging und habe mich schließlich dazu entschieden die Partie abzubrechen, eine Pause einzulegen und mich dann auf Salzburg vorzubereiten. 

Bei den Salzburg Open hast du im Einzel gegen Marc-Andrea Hüsler in der ersten Runde verloren. Warst du noch gesundheitlich angeschlagen?

Ich habe gemerkt, dass mir die langen Ballwechsel nicht gutgetan haben. Ich habe mein Bestes versucht, leider hat es nicht sein sollen. Dafür ist es im Doppel besser gelaufen und abgesehen von ein wenig Schnupfen ist auch alles wieder in Ordnung.

Dein Coach Jürgen Melzer ist hier in Salzburg vor Ort. Wie verläuft eure Zusammenarbeit?

Wie haben eine ähnliche Spielweise, was natürlich hilft. Er hat den ganzen Weg schon bestritten. Für uns beide ist allerdings wichtig, dass er nicht nur mein Trainer, sondern auch mein Freund ist. Es macht mir sehr viel Spaß mit ihm zu arbeiten. Natürlich gibt es auch mal schlechte Tage (lacht). Insgesamt passt es aber sehr gut. Es gibt noch einiges zu verbessern, insbesondere am Service und an der Rückhand. Wir arbeiten jedoch an allen Elementen. Wichtig ist es eine gute Mischung zu finden. 

Wie würdest du deine Spielweise beschreiben?

Variantenreich und aggressiv.

Ihr seid viel auf der Tour viel am Reisen. Wie kommst du mit dieser Situation zurecht und inwiefern ist es hilfreich jemanden an der Seite zu wissen?

Ohne einen Traveling-Coach würde es die Sache wesentlich schwerer machen. Ich bin glücklich beim ÖTV trainieren zu können und sie mir einen Trainer zur Verfügung stellen.  Zudem geht es mir finanziell dank der Sponsoren zurzeit sehr gut und habe nicht den Druck, den viele andere Spieler auf dieser Ebene haben. Sollte ich allerdings nicht nach vorne kommen, könnte es mir ähnlich ergehen.

Bist du jemand, der auch gerne die Städte besucht, in denen die Turniere stattfinden?

Generell schaue ich mir schon gerne die Städte an, ohne allerdings jetzt stundenlanges Sightseeing zu betreiben. Ich hasse Spazierengehen. Es gibt nichts Schlimmeres für mich. In Mailand sind wir aber beispielsweise abends gerne in die Stadt zum Essen gegangen. Es ist mir wichtig auch etwas abseits des Tennisplatzes mitzunehmen. 

Was sind deine Hobbies?

Ich spiele gerne Golf und Fußball, genieße es aber natürlich auch mal einen Nachmittag auf der Couch verbringen zu können und eine Serie zu schauen oder sich mit Familie und Freunden zu treffen. 

Hast du die Fußball-EM verfolgt?

Ich bin generell sportinteressiert. Ossi und ich haben die letzten Tage gemeinsam geschaut. Österreich hatte auch gute Chancen gehabt weiterzukommen. Leider ist es sich nicht ausgegangen. Es war insgesamt aber ein gutes Turnier. 

Du warst auch beim Formel 1-Rennen in Spielberg dabei.

Es war mein erstes Mal vor Ort und eine tolle Erfahrung zu sehen wie viele Teammitglieder hinter den Fahrern stecken und welche Arbeit sie leisten. Ich bin großer Formel 1-Fan und schaue, dass ich meine Tickets für nächstes Jahr baldmöglichst reserviere. 

Bist du auch jemand, der selbst gerne schnelle Autos fährt?

Ich bin an Autos interessiert und wenn ich einmal in der finanziellen Lage sein sollte, werde ich mir sicher auch ein schönes Auto leisten.

Du hast den Druck vorher angesprochen. Dieser mag sich aktuell vielleicht nicht finanziell auswirken. Wie gehst du aber mit den Erwartungen um, die mit deiner Person – auch vielleicht nach dem Karriereende von Dominic Thiem – aufkommen?

Das ist ein extremer Druck. Der Fokus richtet sich gerade auf mich, obwohl es beispielsweise mit Lukas Neumayer oder Nico Hipfl noch weitere gute, junge Österreicher gibt. Wir haben einen sehr guten Kontakt und ich hoffe, dass die beiden auch weiter ihren Weg gehen werden. 

Beeinträchtigt dies in irgendeiner Weise negativ?

Neben dem Druck von außen erwarte ich auch von mir selbst sehr viel. Hätte ich keinen Druck und keine Leute, die an mich glauben, wäre dies auch nicht optimal. Es ist auch wichtig und jeder Spieler verspürt so etwas. 

Wie sieht der Fahrplan für die nächsten Wochen aus? 

Es beginnt die Vorbereitung für Kitzbühel und dann werde ich ein Challenger in Liberec bestreiten. 

Vielen Dank und weiterhin viel Erfolg.

von Florian Heer

Dienstag
16.07.2024, 13:52 Uhr
zuletzt bearbeitet: 16.07.2024, 13:50 Uhr