Laura Siegemund beim Porsche Tennis Grand Prix: "Den Druck mal etwas beiseite lassen"
Lokalmatadorin Laura Siegemund ist zurück in ihrer Heimat - und auf dem geliebten Sand. Aber wo steht die Sensationssiegerin aus 2017 aktuell überhaupt?
von Florian Goosmann aus Stuttgart
zuletzt bearbeitet:
23.04.2019, 11:49 Uhr
Es ist ja oft die Rede vom „Heimspiel“ unter den deutschen Top-Starterinnen beim Porsche Tennis Grand Prix. So richtig beanspruchen kann den Titel aber dann doch nur eine, Laura Siegemund nämlich, die – wenn auch mit zeitlicher Verzögerung – sogar den Wechsel des Turniers von Filderstadt nach Stuttgart mitgemacht hat.
Siegemund ist in Filderstadt geboren und lebt mittlerweile in Stuttgart, wie der Porsche Tennis Grand Prix quasi auch, und an Siegemund werden hier natürlich mehr Erwartungen gehegt als anderswo. Ein Druck, der belastet? Oder einer, der beflügelt?
„Ein bisschen von beidem“, erklärte die 31-Jährige bei der Auftaktpressekonferenz am Montag. „Klar, man will natürlich besonders gut spielen und macht sich etwas mehr Druck. Man steht mehr im Rampenlicht. Aber ich versuche das in etwas Positives umzuwandeln“, erklärte Siegemund, die 2016 wie aus dem Nichts ins Finale gestürmt war (nach Siegen über drei Top-Ten-Spielerinnen) und 2017 fast ebenso sensationell den Titel geholt hatte (ebenso nach Siegen über drei Top-Ten-Spielerinnen).
Kurz bevor man sich nach ihrem Sensations-Coup 2017 aber so richtig einig werden konnte, ob Siegemund ein „Dark Horse“ für die French Open sein könnte, verletzte sie sich in Nürnberg und fiel mit einem Kreuzbandriss fast ein Jahr lang aus.
Dennoch schaffte es Siegemund auch 2018, nur einen Monat nach ihrem Comeback, beim stets hochkarätig besetzten Turnier in der Porsche Arena ein Match zu gewinnen, gegen Barbora Strycova, bevor sie gegen die spätere Finalistin CoCo Vandeweghe in drei Sätzen verlor.
"Das System aus dem Ruder gebracht"
Von der positiven Kraft, die vom Publikum komme, schwärmte Siegemund weiter, auch vom Dialog mit den Fans, „wo viele Leute sagen: Ich freue mich auf den Porsche Tennis Grand Prix, ich habe schon meine Karten gekauft.“ Es sei etwas „total Schönes, dass die Leute kommen, um mich spielen zu sehen“ - und so versuche sie eben auch selbst, die Stuttgart-Woche als etwas Schönes zu sehen „und den Druck mal ein bisschen beiseite zu lassen“, so Siegemund, die sich in ihrem Psychologie-Studium ausgiebig mit dem menschlichen Geist befasst und eine Bachelor-Arbeit zum Thema „Versagen unter Druck“ aufs Papier gebracht hatte.
Aktuell steht die zweifache Titelträgerin der WTA-Tour auf Rang 99 der Welt, erstmals seit ihrer schweren Verletzung wieder unter den Top 100, wenn auch noch einige Plätze vom High-Ranking 27 entfernt.
2019 lief bislang so lala, von den Ergebnissen her betrachtet: überstandene Qualifikationen in Auckland und Hobart, ein Überraschungserfolg über Victoria Azarenka bei den Australian Open, wiederum eine überstandene Quali in Miami und ein Matchgewinn in Charleston, so die Erfolgserlebnisse des Tennisjahres bislang.
Natürlich habe sie auf mehr Spiele gehofft bei ihrer Amerika-Reise, „die Matches, die ich gespielt habe, waren gut – aber ich habe halt nicht gewonnen“, blickte sie insbesondere auf die Spiele gegen Marketa Vondrousova in Indian Wells und Johanna Konta in Acapulca zurück. Fazit: „Es hätte besser sein können, aber es war in Ordnung."
Siegemund: "Es muss noch klicken"
Nach ihrer Auszeit hätten sich viele Sachen nach vorne entwickelt, "aber ich muss sie noch zusammenbringen, muss mir vielleicht noch etwas Zeit geben. Nach einer solchen Verletzung ist einfach das ganze System aus dem Ruder gebracht und das muss sich wieder finden." Denn auch wenn sie zufrieden gewesen sei mit ihren Matches, auch mit Dingen, die vorher noch nicht dagewesen sind: "Es muss noch klicken, es muss zusammenkommen zu einem Spiel. Und da gehörten Matches dazu, Erfolgserlebnisse, das kann man sich auch nicht im Training holen.“
Vielleicht aber in Stuttgart, wo man naturgemäß nie ein leichtes Los hat, wie Wildcard-Inhaberin Siegemund weiß. Ihr erstes heißt Lesia Tsurenko, aktuell die Nummer 26 der Welt - „durchaus zufrieden" könne sie damit sein, auch wenn sie die Ukrainerin keineswegs auf die leichte Schulter nehmen wolle (das Match ist für Dienstag, 18.30 Uhr angesetzt).
Neben ihrer Rückkehr an die Stätte ihres größten Erfolgs hat Siegemund aber noch einen Vorteil, den sie in der Porsche Arena zu ihren Gunsten nutzen mag: den geliebten Sandplatz, auf dem sie sich zuletzt bereits in Charleston als auch Bogota eingespielt hat. "Das ist einfach mehr mein Belag", weiß Siegemund.
Das doppelt Praktische: Genau das wissen auch ihre Gegnerinnen.