Laver Cup: Ist das ernst – oder kann das weg?
Ist der Laver Cup das genialste Tennis-Event überhaupt, wie viele finden? Oder ist alles nur Show, eine Veranstaltung mit fehlendem sportlichen Wert und künstlich erzeugter Spannung - wie Kritiker behaupten? Ein Kommentar von Florian Goosmann.
von Florian Goosmann aus Genf
zuletzt bearbeitet:
23.09.2019, 09:11 Uhr
Glückwunsch, Team Europe - und Glückwunsch, Roger Federer und Tony Godsick. Auch bei der dritten Auflage des Laver Cups wurde wieder mal fast alles richtig gemacht. Der Laver Cup hat erneut die sozialen Medien gerockt, Tennis war am Wochenende wieder großes Gesprächsthema - auch bei Leuten, die sonst eher beiläufig zuschauen.
Natürlich kann man einige Dinge infrage stellen, wie bei allem übrigens. Wenn man jedoch die Zuschauer in Genf erlebt, kann nicht so vieles falsch sein. Die Stimmung in der Palexpo-Arena jedenfalls war grandios. Der Laver Cup? Ein riesiges Spektakel mit tollem Tennis!
Was den sportlichen Wert angeht, ist es natürlich schwierig, bereits bei der dritten Auflage einen Vergleich mit langjährigen Turnieren aufzustellen. Ein möglicher Punkt für die Kritik: Team World war, ranglistenmäßig, klarer Außenseiter – die Topstars kamen mit Roger Federer, Rafael Nadal oder Alexander Zverev aus Team Europe. Was der Spannung in diesem Jahr keinen Abbruch getan hat. Verrückt: Ausgerechnet Jack Sock, nur noch die Nummer 210 der Einzel-Welt, ist mit 16 Punkten in drei Jahren einer der erfolgreichsten Akteure dieser Veranstaltung.
Sampras, Agassi, Becker, Edberg... Laver-Cup-Gedanken in den 1990ern
Interessant in diesem Sinne eine Frage, die Europe-Co-Captain Thomas Enqvist am Freitag gestellt wurde. Ob denn solch ein Wettbewerb auch zu seiner Zeit funktioniert hätte? Ja, das hätte er. Vielleicht wäre der aktuell kritisierte sportliche Wert in den 1980ern und 1990ern sogar höher gewesen – schließlich wären auch auf Team-World-Seite die großen Superstars aufgelaufen: John McEnroe, Andre Agassi, Pete Sampras, Patrick Rafter… und auf der Gegenseite Boris Becker, Stefan Edberg oder Goran Ivanisevic. Es hätte hier die ganz großen Duelle gegeben, während aktuell das Highlight doch das Zusammenspiel von Federer und Nadal ist.
In der Zukunft könnte sich das drehen. Die Kanadier um Felix Auger-Aliassime und Denis Shapovalov oder Alex de Minaur aus Australien könnten den diesen Wert für Team World künftig steigern. Auch wenn man sich in absehbarer Zeit natürlich auch ein Tennisleben – und eine Mannschaft aus Europa – ohne Federer und Nadal vorstellen muss.
Eine Kritik: Vielleicht ist es etwas viel „Social Media“, vielleicht sind es zu viele Selfies rund um den Laver Cup, auch von Seiten der ATP. Wirklich begeistert wird man bei den Parallel-Turnieren in Metz und St. Petersburg, die im gesamten Trubel fast untergegangen sind, jedenfalls nicht gewesen sein.
Geld und Showkämpfe: Alles schon da
Bei allen „Teamgedanken“: Natürlich fließt auch in Genf das Geld. Eine Siegprämie von 250.000 Euro soll es für das Gewinnerteam (pro Spieler) gegeben haben; die geheimen Antrittsprämien, nach Ranglistenposition ausgelobt, waren wohl in ähnlichen Bereichen angesiedelt. Stan Wawrinka, dreifacher Major-Champ, hatte angeblich wegen zu wenig Geld im Vorfeld abgesagt (oder, so kann man es auch sehen, sich daraus ergebender mangelnder Wertschätzung). Letztlich geht es mittlerweile überall ums große Geld, wenn die Topstars auflaufen - den entscheidenden Grund für ein Ja oder Nein werden diese Summen nicht spielen.
Und Exhibition oder nicht: Der Showkampf hat einen oft übersehenen geschichtlichen Wert. Vor 1968, bevor alle Turniere offen für Profis wurden, tingelten diese meist für Showkämpfe um die Welt. Bei den (Show-)Matches von Spielern wie Pancho Gonzales, einem der besten Akteure der 1950er und 1960er, ging es hierbei nicht um Leben und Tod. Es ging um mehr.
Roger Federer hat's gesagt
Dass der Teamgeist künstlich erzeugt wird? Auch eine Kritik, die man gerne las in den letzten Tagen. Nun ja. Hat man Rafael Nadal in den letzten 15 Jahren auch nur ein klein bisschen verfolgt, weiß man eigentlich: Der wäre auch bei einer Partie Schnick-Schnack-Schnuck bis in die Haarspitzen motiviert.
Auf dem Platz ist doch ohnehin alles klar. Roger Federer hat das gut gesagt: Wenn man als Sportler vor knapp 20.000 Zuschauern aufläuft, will man alles geben. Gewinnen will ohnehin jeder. Und wenn dann noch Rod Laver im Publikum sitzt, Björn Borg und John McEnroe auf den Bänken und Federer oder Nadal einem zujubeln...
Was den sportlichen Wert angeht, sei allen Kritikern gesagt: Gebt dem Laver Cup die Zeit, um etwas Tradition zu bekommen. Lasst uns in 10, 15 oder 20 Jahren doch noch mal drüber reden.