Mats-Merkel-Serie, Teil 1 - "Als Topspieler muss man sich anpassen"
Mats Merkel ist für Adidas als Scout und Coach unterwegs. Bei den US Open hat sich der 33-jährige Deutsche neben seinen Aktivitäten für adidas auch um den Taiwanesen Chun Hsin Tseng gekümmert. In Teil 1 unserer Serie spricht Merkel über die Notwendigkeit, das Spiel anzupassen.
von tennisnet
zuletzt bearbeitet:
17.09.2018, 15:47 Uhr
tennisnet: Herr Merkel. Oft ist die Rede davon, dass viele Spieler keinen Plan B haben. Was ist wichtiger: Ein funktionstüchtiger Plan B oder ein überragender Plan A?
Mats Merkel: Das kann man generell nicht beantworten. Es gibt Spieler, die können sich sehr gut auf ihre Gegner einstellen. Das bedeutet, diese Spieler sind aufgrund ihrer technischen Fähigkeiten in der Lage, gegen jemanden zu spielen, der die Bälle schnell macht. Aber auch gegen Leute, die Probleme haben mit Winkelbällen in die Rückhand, oder die nicht gerne nach vor kommen.
tennisnet: Die Voraussetzungen dafür sind?
Merkel: Es kommt darauf an, wie gut ein Spieler technisch ausgebildet ist, und wie weit er in der Lage ist, sein Können auch umzusetzen, vor allem im Match. Und erkennt er das auch selbst oder durch den Einfluss der Box, die ihn dann hoffentlich darauf aufmerksam macht, wenn etwas falsch läuft.
"Dann muss ich halt ans Netz gehen"
tennisnet: Worauf kommt es konkret im Match an?
Merkel: Grundsätzlich muss man in der Lage sein, sein Spiel anpassen zu können. Die Topspieler müssen doch in der Lage zu sein, sich auf ihre Gegner einzustellen. Und wenn sie merken, dass ihr A-Game nicht funktioniert, dann muss ich mein B-Game auspacken. Und halt von hinten grinden. Oder wenn mein Gegner zu offensiv spielt, dann muss ich eben selbst ans Netz gehen.
tennisnet: Leichter gesagt,als getan ...
Merkel: Ich glaube, dass das damit zu tun hat, wie trainiert wird. Nämlich oft zu einseitig. Es wird zu wenig variiert. Spieler beschweren sich ja auch über die immer gleichen Übungen: Vorhand cross, Rückhand, Volley, Aufschläge, ein paar Games spielen.
tennisnet: Welche Rolle spielt dabei das Team?
Merkel: Die Aufgabe des Teams ist es, den Spieler geistig frisch zu halten. Ihn oder sie zu fordern und zu fördern. Damit sie dann im Match nicht überfordert sind.
"Novak Djokovic hat den Schalter umgelegt"
tennisnet: Kann ein Spieler auch zu viel können? Die zu viele Optionen haben?
Merkel: Habe ich auch schon erlebt. Die verrennen sich dann, können sich nicht dazu entschließen, was eigentlich ihr Spielplan ist. Weil entweder die Nervosität zu hoch ist, oder zuvor nicht besprochen wurde, was Plan A und Plan B ist. Es ist als Spieler immer wichtig, sich auf seine Stärken zu konzentrieren und diese durchzuziehen. Oder ich konzentriere mich auf die Schwächen meines Gegners.
tennisnet: Welcher Spieler auf der Tour ist in dieser Hinsicht ganz weit vorne?
Merkel: Rafael Nadal etwa. Oder Novak Djokovic. Novak hat bei den US Open gegen Richard Gasquet extrem offensiv gespielt. Das war das beste Beispiel, wie dieser Typ in der Lage ist, den Offensivgang einzuschalten. Das Gleiche übrigens hat man bei Philipp Kohlschreiber gesehen. Er hat gegen Yannick Hanfmann in der ersten Runde von sehr weit hinten gespielt, den Wahnsinnskick von Yannick drei, vier Meter hinter der Grundlinie verteidigt. Gegen Alexander Zverev hat Philipp an der Grundlinie gespielt und teilweise sogar im Feld. Und da muss man sich als Topspieler dann anpassen. Weil das entscheidet darüber, ob man ein Grand-Slam-Turnier gewinnt oder nicht.