Muss Tennis dem Beispiel Golf folgen?
Die Zahl jener, die als Tennisprofis ihren Lebensunterhalt bestreiten können, ist für eine global betriebene Sportart wie Tennis erstaunlich gering. Wie man dies aber ändern können - dazu gibt es bislang keine zwingenden Vorschläge.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
20.03.2024, 21:42 Uhr
Novak Djokovic hat die Zahl jener Spieler und Spielerinnen, die vom Tennissport als Profis leben können, also mit etwa 400 taxiert. Nimmt man all jene sehr, sehr guten Spieler dazu, die sich in den diversen Bundesligen in Europa mehr als ein ordentliches Taschengeld verdienen, liegt die Zahl wahrscheinlich ein wenig höher. Aber wohl nicht im vierstelligen Bereich. Ist das nun ein Armutszeugnis für eine Disziplin, die im Grunde genommen weltweit betrieben werden kann? Und vor allem: Wie sieht die Lösung aus?
Dazu ein kleiner Exkurs: In einer Dokumentation über Billie Jean King, die aktuell bei Sky zu sehen ist, wird King gefragt, ob sie enttäuscht gewesen sei, dass sie bei ihrem Kampf um gleiche Bezahlung für die weiblichen Tennisprofis keine Unterstützung von Arthur Ashe bekommen habe. Ashe sagt in der Doku dann Folgendes: Wie viel man im Tennissport verdient, das werde vom „Box Office“ bestimmt. Also von der Anzahl der Leute, die bereit sind, für das Zusehen Geld auszugeben.
Medvedev und Rublev im halbleeren Stadion
Und damit zurück zu den 400 von Novak Djokovic. Wer in den vergangenen Wochen gut aufgepasst hat, dem werden die schütter besetzten Tribünen beim ATP-Tour-500-Turnier in Dubai aufgefallen sein. Auch in den späteren Runden. Das war zu Zeiten, da Djokovic selbst oder auch Roger Federer am Start gewesen sind, nicht so. Wenn aber Top-Ten-Spieler wie Daniil Medvedev und Andrey Rublev am Halbfinal-Tag bei ihren Matches gegen Udo Humbert und Alexander Bublik das Stadion nicht vollkriegen - wie groß ist dann das Interesse und damit die Zahlungsbereitschaft der Fans für ein Duell zweier Spieler, deren Ranking jeweils dreistellig ist?
Die Chance, dass Roger Federer und das gesamte Laver-Cup-Team auf Spieler aus der zweiten Reihe zurückgreifen, nur um neue Einkommensmöglichkeiten zu schaffen, ist auch sehr klein. Die Fans und die TV-Stationen wollen am Ende halt nur die größten Stars sehen.
Umverteilung nach unten
Eine Möglichkeit, mehr Arbeitsplätze zu schaffen, wäre ein komplett neues System mit mehreren Touren. Wie auch immer diese dann auch heißen sollte. Im Golf haben wir diese Situation ja bereits. Allerdings wird das Renommee der mit saudischem Geld geschaffenen LIV-Tour nicht so schnell (eher: nie) das Prestige der PGA-Tour (und das der Majors) erreichen. Und wenn nun eine neue Tour im Tennis die Superstars der ATP-Tour abwerben sollte wie das LIV mit Jon Rahm und vielen anderen gemacht hat - wie genau wäre das im Sinne des Tennissports?
Immerhin: Bei den großen Turnieren hat zuletzt eine Umverteilung von oben nach unten eingesetzt, das Preisgeld in den ersten Runden ist um einiges attraktiver geworden. Das heißt, dass die Top 100 bei Frauen und Männern im Einzel und zum Großteil auch im Doppel gut von ihrem Job leben können. Wie man diese Zahl aber signifikant erhöhen kann, dazu ist auch Novak Djokovic bislang Antworten schuldig geblieben. Allerdings gesteht auch der Weltranglisten-Erste gerne zu, dass es dem Profitennis im Moment eigentlich sehr gut geht.