Naomi Osaka - "Ich weiß nicht, was im Moment mit mir geschieht"

Nach ihrem sang- und klanglosen Ausscheiden beim WTA-Premier-5-Turnier in Dubai wirkte die Weltranglisten-Erste Naomi Osaka ratlos. Und ein wenig von der Situation überfordert.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 20.02.2019, 09:47 Uhr

Naomi Osaka wirkte in Dubai etwas überfordert
© Getty Images
Naomi Osaka

Jörg Allmeroth aus Dubai 

Im „Secret Garden“ des Jumeirah Creekside-Hotels wirbelte gerade die Bauchtänzerin „Fernanda“ bei ihrer feurigen Show zwischen den Tischen umher, da marschierte Naomi Osaka still und heimlich am Haupteingang zur Spielerparty vorbei. Osaka war nicht nach Feiern zumute, auch nicht danach, wenigstens noch irgendwie gute Miene zum bösen Spiel zu machen – für Sponsoren oder den Marketingbetrieb ihrer eigenen Tennisgewerkschaft WTA. Einen kurzen Blick warf Osaka hinüber zum Glitzer und Glamour, zu ihren feiernden Kolleginnen, dann schaute sie wieder unglücklich zu Boden und marschierte zwischen breitschultrigen Bodyguards zurück zu ihrem Hotelzimmer. 

Es war das traurige Ende eines traurigen Tages für Osaka. Eines Tages, der zeigte, wie sehr die scheue Japanerin noch mit ihrer Rolle als globale Branchenführerin des Tennisbetriebs fremdelt. Und wie sehr die jähe Trennung von ihrem Erfolgscoach Sascha Bajin noch nachwirkt. „Ich weiß gar nicht, was im Moment mit mir geschieht“, sagte Osaka nach ihrer krachenden 3:6, 3:6-Auftaktniederlage gegen die Französin Kristina Mladenovic beim Millionenspiel am Golf, „ich habe das Gefühl, dass mich die ganze Welt anstarrt – und nicht mit einem guten Gefühl.“ 

Trennung von Sascha Bajin noch frisch

Nur gut eine Stunde hatte Osakas erster Auftritt als neue Nummer eins des Damentennis gedauert, der erste Turnierstart als Spitzenkraft, dann war auch schon wieder alles vorbei. „Es war ein Desaster, eine Katastrophe“, sagte die 21-jährige später, als sie in den Katakomben der Zeltdach-Arena mühsam um Worte und Erklärungen rang. Gefragt, ob das Scheitern mit der Trennung von ihrem deutschen Coach Bajin und den kritischen öffentlichen Reaktionen zusammenhänge, machte die Japanerin aus ihrem Herzen keine Mördergrube: „Dieses Match hier ist das Resultat davon.“ Einmal brach Osaka beim Frage-und-Antwort-Spiel mit dem Pressekorps sogar in Tränen aus, ein Moderator der WTA wollte sie sogar schon nach draußen vor die Tür geleiten, um sich zu sammeln. Doch Osaka lehnte ab: „Es ist okay. Ich muss da durch.“

Kurios genug: Vor einem Jahr, damals in der ersten Runde, hatte Osaka ihre Rivalin Mladenovic, die Lebensgefährtin des österreichischen Stars Dominic Thiem, souverän besiegt. Osaska stand damals auf Platz 48 der Weltrangliste, zwischen ihr und Bajin herrschte noch bestes Einvernehmen, das Duo befand sich auf dem Weg nach oben. Kurze Zeit später gewann Osaka dann das Megaturnier in Indian Wells, setzte das erste Ausrufezeichen wenigstens in den Tennis-Fachkreisen. „Ich hatte da aber immer noch das Gefühl, dass mich niemand beachtet“, sagte Osaka nun, im Rückblick, „ich bin froh und glücklich, wenn ich keine Aufmerksamkeit erzeuge und einfach meine Arbeit machen kann.“

Eine völlig neue Welt für Osaka

Inzwischen ist Osakas Welt eine ganz andere geworden, weil alle Welt sie kennt. Und nichts weniger als die nächste große Geschichte im Damentennis in ihr sieht – in der ersten Asiatin, die Platz eins der Rangliste erklomm und gerade zwei der vier Grand Slam-Titel in den Händen hält. Seit Osaka den Weggefährten Bajin vor die Tür schickte, bald nach dem Australian Open-Coup, steht sie sogar bei vielen ihrer eisernen Fans in der Schußlinie. In den sozialen Netzwerken formierte sich massiver Protest, es gab Unverständnis allenthalben – und auch den zynischen Wunsch, Osaka solle nun erstmal „ein paar Monate lang alles verlieren.“ Es sei gerade „eine wirklich schwere Zeit“, sagte Osaka am Dienstagabend, „es ist hart, im Moment etwas Positives zu finden für mich.“

Warum Osaka sich von Bajin trennte, bleibt bisher ein Rätsel. Die Japanerin schwieg beharrlich, auch in der Branche kann niemand zur Aufklärung beitragen. „Es ist die größte Überraschung auf dem Tennisplaneten gewesen. So etwas habe ich auch noch nicht erlebt, eine Trennung nach solchen Erfolgen“, sagte Osaka-Bezwingerin Mladenovic kopfschüttelnd. Nummer eins zu werden sei halt einfacher als Nummer eins zu sein, merkte Rainer Schüttler an, der Coach von Angelique Kerber: „Auf so eine Situation kann einen niemand so richtig vorbereiten.“ Osaka sucht derweil einen neuen Mann an ihrer Seite, denn auch im Training lief zuletzt nichts mehr zusammen: „Ich war es gewohnt, dass mir jemand sagt, was ich tun muss. Aber meine Aushilfstrainer warteten jetzt immer, dass ich die Ansagen mache. Das war furchtbar.“ 

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Mittwoch
20.02.2019, 09:55 Uhr
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