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Djokovics Comeback-Geheimnis? "Ich war in Frankreich wandern"

Novak Djokovic erklärte nach seinem Sieg in New York seine wiedergewonnene Stärke - und warum er nun doch froh ist, in einer Ära mit Federer und Nadal zu spielen.

von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet: 12.09.2018, 10:05 Uhr

Novak Djokovic fühlt sich bei den US Open pudelwohl

Er hat es geschafft, seine Karriere um 180 Grad zu drehen: Noch im Frühjahr wurden Fragen laut, ob Novak Djokovic noch mal in der Spitze mitspielen würde, speziell nach seinem direkten Aus in Indian Wells gegen den recht unbekannten Taro Daniels.

Und natürlich kommen sie jetzt ebenfalls immer wieder, die Fragen nach dem Gefühl der neuen Stärke und des neuen Erfolgs - und einem Vergleich mit dem Novak Djokovic aus den Spielzeiten 2014 und 2015. Doch der Djoker hat, wie so oft, einen ganz anderen Ansatz, sich selbst zu betrachten. "Mein Denkweise ist, mich nicht mit mir in einem anderen Jahr zu messen, weil mein Leben komplett anders ist als damals. Es sind so viele Dinge passiert: Ich bin zweifacher Vater, war sechs Monate verletzt draußen, hatte eine Operation...", grübelte er in der Abschluss-Pressekonferenz in New York.

Wenn man ihm im Februar nach seiner Operation erzählt hätte, dass er Wimbledon und die US Open und Cincinnati gewinnen würde, wäre das schwer zu glauben gewesen. Auf der anderen Seite hat ein anderer Teil von mir sich das immer vorgestellt." Er habe im gesamten Prozess viel über sich selbst gelernt: geduldig zu sein, zum Beispiel, "was nie eine meiner stärkeren Seiten war". Das Leben habe ihm gezeigt, dass es Zeit brauche, dass sich gute Dinge ergeben, dass sie geschehen und man wieder seine innere Mitte finde. Sein Level konkret vergleichen wolle er aber nicht, "weil ich finde, dass ich auf einem ganz neuen Level bin - das ist mein Denkansatz."

Djokovic will bald wieder wandern gehen

Der entscheidende Moment für den Karriere-Dreh scheint in Paris geschehen zu sein. Djokovic hatte hier, trotz gutem Tennis in den ersten Runden, im Viertelfinale gegen den stark aufspielenden Italiener Marco Cecchinato verloren. "Ich fühlte, dass ich so nah am ersehnten Level war - und dann habe ich das Match nicht gut gespielt."

Im Anschluss habe er dringend abschalten müssen. "Also war ich mit meiner Frau fünf Tage in den französischen Bergen wandern. Wir haben uns von allem isoliert und die Dinge aus einer anderen Perspektive betrachtet." Man sei dort gesessen und habe die neue Inspiration und Motivation quasi eingeatmet - seither sei alles anders. "Was die Ergebnisse anbelangt, habe ich das Finale in Queen's gespielt und Wimbledon, Cincinnati und die US Open gewonnen. Ich denke, dass ich bald wieder wandern gehe", scherzte er.

Konkret sei er im auf dem Mount Victoire (Montagne Sainte-Victoire, ein Gebirge in Südfrankreich, Anm. d. Red.) unterwegs gewesen, eine Gegend, die auch Inspiration für viele Maler der Renaissance gewesen sei. "Ich rate sehr dazu, dort mal hochzuklettern. Großartige Dinge werden in deinem Leben passieren", riet er einem nachfragenden Journalisten.

Nur so stark dank Federer und Nadal

Mit seinem Sieg in Flushing Meadows hat Djokovic auch Pete Sampras eingeholt, der ebenfalls bei 14 Major-Siegen steht - nur Rafael Nadal (17) und Roger Federer (20) liegen noch vor ihm.

Auch hier pflegt Djokovic einen anderen Denkansatz als vor zehn Jahren. "Damals hätte ich wohl gesagt, dass ich nicht so froh drum bin, in einer Ära mit Federer und Nadal zu spielen. Heute schon: Ich spüre, dass diese Jungs, die Rivalität und Matches mit ihnen, mich zu einem besseren Spieler gemacht hat - zu dem Spieler, der ich heute bin." Man habe sich gegenseitig angetrieben, "und für mich war es immer die ultimative Herausforderung, gegen Federer oder Nadal zu spielen."

Zu Beginn seiner Karriere habe er die großen Matches gegen Federer und Nadal bei Grand-Slam-Turnieren meist verloren und habe herausfinden müssen, wie er sich verbessern könne, um sie herauszufordern und zu gewinnen, wenn es wirklich drauf ankomme. Dies sei mit das Wichtigste in seinem Leben, seiner Tenniskarriere und seiner Entwicklung gewesen. "Das verdanke ich den beiden."

von Florian Goosmann

Mittwoch
12.09.2018, 10:05 Uhr