Porsche Tennis Grand Prix: Anzeigetafel hilft Osaka beim Comeback-Sieg
Die Weltranglisten-Erste Naomi Osaka steht erstmals seit den Australian Open wieder in einem Halbfinale - in ihrem ersten auf Sand überhaupt. Das verloren geglaubte Match gegen Donna Vekic riss Osaka vor allem mit logischem Denken noch rum - und mit technischer Hilfe.
von Florian Goosmann aus Stuttgart
zuletzt bearbeitet:
26.04.2019, 22:25 Uhr
Das laute „Come ooooooooooon!“, es kam erst ganz zum Schluss. Oder: Fast ganz zum Schluss. Naomi Osaka hatte sich gerade den Punkt zum 6:3 im Tiebreak des dritten Satzes erkämpft, als sie ihre Emotionen raus ließ. Zwei Punkte später hatte sie das Match offiziell gewonnen und ein "ziemlich gutes Comeback“ hingelegt, wie sie Sekunden später wieder recht nüchtern feststellte.
Denn die Australian-Open-Siegerin war schon so gut wie draußen. 3:6, 6:4, 5:1 und 30:0 hatte Vekic bereits geführt, Osaka hatte beim letzten Punkt einen Vorhandreturn uninspiriert und mit Tempo 300 weit neben das Feld geschossen – was das Stuttgarter Publikum mit einem leichtem Grummeln bestrafte.
Osaka riss sich dann noch mal zusammen, schaffte den Anschluss und nahm das Heft des Matches wieder in die Hand. "Ich wollte mir nichts vorwerfen. Ich bin das dritte Mal hier, und die letzten beiden Male habe ich in der ersten Runde verloren. Ich wollte gute Erinnerungen haben."
Dabei hatte Osaka bis zum Ende des zweiten Satzes ohnehin alles im Griff gehabt. Beide Spielerinnen hatten bis dahin recht souverän ihre Aufschlagspiele durchgebracht, Osaka mit ihrem ersten Breakball in Satz eins die Entscheidung geholt, und auch wenn es danach objektiv ausgeglichen ausgesehen hatte, schien es nur eine Frage der Zeit, bis die Japanerin über die Ziellinie kommen würde. Vor allem ihre Vorhand cross, kurz und flach geschlagen, die saß – bis sie dann auf einmal nicht mehr saß.
Osaka: "Keine Energie verschwenden"
Der plötzliche Satzverlust, er kam wohl auch für Osaka überraschend, die von Jetzt auf Nachher völlig neben sich stand, während Vekic die Kontrolle über das Spiel übernahm. "Es ist so schnell gegangen. Sie hat 3:0 geführt, dann stand es plötzlich 5:1", grübelte Osaka in der Pressekonferenz. Anstatt frei draufloszuspielen, wie nach einem solchen Rückstand vielleicht üblich, habe sie versucht, "konstanter zu werden". Panisch sei sie aber nicht geworden nach dem Rückstand, "das mache ich nicht mehr, das kostet zu viel Energie, und so viel Energie habe ich nicht zum Verschwenden." Sie habe vielmehr versucht, "logisch zu denken und zu schauen, wie ich das Problem lösen kann."
Eine Hilfe beim Problemlösen stellte die Anzeigetafel in der Stuttgarter Porsche Arena dar. "Ich habe hochgeschaut und gesehen, dass meine Erste-Aufschlag-Quote sehr schlecht war. Ich habe dann versucht, ihn mehr zu platzieren", erklärte Osaka, die dafür etwas Tempo rausnahm - mit Erfolg. "In diesem Sinne: Danke für die Tafel!" Denn obwohl sie dann recht langsam serviert habe, habe Vekic nichts beim Return unternommen. "Damit bin ich also durchgekommen."
Auf die Anzeigetafel schaue sie im Übrigen nur, wenn sie am Verlieren sei. "Um mir bewusst zu machen, dass es gleich vorbei sein kann, wenn ich kein Mittel finde."
Osaka will Spaß auf dem Platz - keinen Druck
Für Osaka ist das Halbfinale in Stuttgart das erste seit ihrem Triumph in Melbourne - warum ihr manche Leute jedoch eine schlechte Saison andichten wollen, versteht sie nicht. "Ich habe die Australian Open gewonnen, oder? Im vergangenen Jahr habe ich das nicht. Okay, ich habe diesmal nicht in Indian Wells gesiegt, aber finde, dass ich mich dort und in Miami gut geschlagen habe. Und dann höre ich dennoch Leute, die sagen: Naomi strauchelt..."
Was sie dann beschäftige. "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es mich nicht stören würde. Ich verinnerliche sowas dann, das baut sich auf. Man sieht mir das auch an, ich werde hibbelig auf dem Platz." Sie spiele am besten, wenn sie Spaß am Tennisspielen habe und jeden Morgen mit einer neuen Herausforderung aufwache.
"Aber in den letzten Wochen bin ich mit dem Gefühl aufgewacht, gewinnen zu müssen", erklärte sie. "Und das ist keine gute Mischung."