Federer setzt Ausrufezeichen in Serie
Keine Fragezeichen mehr - nur noch Ausrufezeichen! Roger Federer holt bei den Miami Open 2017 das "Sunshine Double" und den 14. Sieg gegen Rafael Nadal, den dritten in dieser Saison.
von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet:
02.04.2017, 21:23 Uhr
Als er in das neue Tennisjahr startete, war sein Comeback ein einziges Fragezeichen. Doch die ungewisse Mission nach einem halben Jahr quälender Verletzungspause hat sich inzwischen zum denkwürdigsten Triumphzug in der Karriere von Roger Federer verwandelt. Fragezeichen? Nein, der Rückkehrer setzt Ausrufezeichen in Serie, bei den großen und größten Turnieren der Welt, und noch dazu gegen alle Gegner von Rang und Namen. Gegen seinen ältesten und bedeutendsten Rivalen holte er sich am Sonntagabend auch den dritten Hauptpreis der jungen Saison, 6:3 und 6:4 schlug der beinahe unantastbare Federer den spanischen Granden Rafael Nadal in Miami. Ihn, den bulligen Fighter und einstigen Angstgegner, besiegte er schon zum dritten Mal in 2017, in Melbourne, in Indian Wells und nun auch beim ATP-Masters-1000-Event auf Key Biscayne, vor den Toren der Millionenmetropole im Süden Floridas. "Es ist einfach unglaublich, was in dieser Saison passiert", sagte der 35-jährige Champion, der im 37. Duell mit Nadal seinen 14. Sieg feierte.
Nadal scheitert auf im fünften Miami-Finale
Was kann dem Herrentennis besseres passieren als die wiederauflebende Rivalität der beiden Meisterspieler - nach Jahren, in denen sie mit Formschwächen und Verletzungsproblemen zu kämpfen hatten. Und in denen Zweifel wuchsen, ob sie noch einmal zu größter Stärke zurückfinden würden. Federer vor allem, aber Nadal ganz gewiss auch sind die beherrschenden Figuren dieses erstaunlichen Tennisjahres. Und längst sind sie auch schwarz auf weiß wieder ein Machtfaktor in der Hierarchie des Herrentennis - Federer grüßt nach seinem Erfolg in Miami wieder von Platz vier der Weltrangliste, Nadal rückt auf Platz fünf vor. Noch zu Jahresbeginn sah das ganz anders aus, da war Federer die Nummer 16 und Nadal die Nummer neun. In Australien genau so wie in Nordamerika zeigten die alten, neuen Titanen ihre alterslose Klasse, beide sind auch in der Bestenwertung mit der Top-Matchbilanz vorne, Federer jetzt mit 19:1-Siegen und Nadal mit 19:5-Siegen.
Dass Nadal auch im fünften Anlauf zum ersten Miami-Titel scheiterte, war einem für dieses Jahr gewohnten Erscheinungsmuster zu verdanken - einer geradezu unheimlichen Aggressivität und Risikolust von Maestro Roger Federer. Von der ersten Sekunde an setzte der Eidgenosse seinen ewigen Weggefährten mit aller Entschlossenheit unter Druck, ließ ihm kaum Zeit und Raum, um eigene Strategien erfolgreich umzusetzen. Und Federer spielte aufs Neue in diesem Wunderjahr 2017 mit Konsequenz und Präzision, traf ein ums andere Mal bei seinem mitreißenden Wagnis-Tennis die Linien. Was ihn schon immer auszeichnete auf den großen Bühnen, war ebenfalls in diesem 37. Vergleich der alten Meister zu sehen: Die Qualität, in den umkämpften, brenzligen Momenten zuzulegen, Tempo und Takt zu bestimmen und die entscheidenden Vorteile herauszuholen. Big Time Tennis nennt man das. Man könnte es aber 2017 auch einfach Federer-Tennis nennen.
Bislang nur ein Match verloren
Im ersten Satz wehrte Federer zunächst eine Reihe von Breakbällen des gut gestarteten Nadals ab, ehe er dem Spanier zum 5:3 den Aufschlag abnahm und im folgenden Servicespiel den ersten Akt souverän für sich entschied. Nadal versuchte auch im zweiten Satz alles, war besser im Spiel als zuletzt bei einer deutlichen Niederlage in Indian Wells, doch es nützte ihm letztlich nichts. In der Endphase des Satzes war Federer hellwach, hatte auch bei einem Netzroller zum Breakball zum 5:4 ein wenig Fortüne. Aber an seinem verdienten Triumph nach genau 94 Minuten gab es nichts zu deuteln. Alle wichtigen, alle großen Turniere hat Federer bisher gewonnen in dieser Saison, nur ein Match in Dubai verloren. Das erste Quartal 2017 - es war zum Einrahmen schön für den Maestro. Jetzt wird Federer sich ordentlich Zeit zum Regenerieren nehmen, nach dem Sieg kündigte er an, auf alle Sandplatzturniere mit Ausnahme der French Open verzichten zu wollen.