Schiavone neue Sandplatz-Königin
Francesca Schiavone gewinnt überraschend die French Open. Die 29-Jährige ist die erste Grand-Slam-Siegerin aus Italien.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
05.06.2010, 17:06 Uhr

Die "Löwin" hat sich durchgebissen: Mit fast 30 Jahren hat Francesca Schiavone die French Open und damit den ersten Grand-Slam-Titel für Italien gewonnen. Die Mailänderin setzte sich in ihrem ersten großen Endspiel am Samstag in Paris mit 6:4, 7:6 (2) gegen die Australierin Samantha Stosur durch, die mit 20 gewonnenen Matches bis dato als beste Sandplatzspielerin der Saison galt. Älter als Schiavone, die am 23. Juni 30 Jahre alt wird, war bei ihrem ersten Major-Titel nur die Britin Ann Jones, die mit 30 Jahren und acht Monaten 1969 in Wimbledon gewann.
Schiavone küsst den roten Sand
Schiavone warf sich nach dem Matchball auf den Boden und schlug die Hände vors Gesicht. Danach küsste sie wie schon bei ihren vorangegangenen zwei Siegen den roten Sand. Als erstmals bei einem Grand-Slam-Turnier die italienische Hymne für eine Spielerin erklang, sang sie voller Inbrunst mit und genoss jeden Moment.
"Ich habe gar nichts vorbereitet, denn ich hätte nie geglaubt, dass das passiert", sagte sie nach der Siegerehrung, "aber ich habe jedes Finale hier gesehen und weiß genau, was die Sieger sagen. Jetzt fühle ich mich wirklich wie ein Champion." Ein dickes Lob kam auch von ihrer Gegnerin. "Sie hat nicht nur heute super gespielt", sagte Samantha Stosur, "sondern über das gnaze Turnier."
Dicker Siegerscheck: 1,06 Millionen Euro
Neben dem "Coupe Suzanne Lenglen", den ihr die frühere French-Open-Siegerin Mary Pierce überreichte, nahm die Siegerin einen Scheck über 1,06 Millionen Euro entgegen. Stosur durfte sich nach ihrem ersten Grand-Slam-Endspiel mit 530 000 Euro Preisgeld trösten. Schiavone wird am Montag auf Rang 6 in der Weltrangliste klettern - besser platziert war sie noch nie.
Fast 30 Grad und kaum Wind - die Bedingungen hätten aus Sicht von Stosur nicht besser sein können. Und die Powerfrau aus Brisbane mit dem schwarzen Dress und der coolen Sonnenbrille begann auch wie die Feuerwehr: Mit ihrem gefährlichen Kickaufschlag punktete sie mühelos, ihre ersten beiden Aufschlagspiele gewann sie jeweils zu null.
Die erfahrene Schiavone, die wie die Australierin mit extremem Topspin spielt, ließ sich davon nicht beeindrucken. Sie nutzte den erstbesten Moment, um am Netz zu punkten. Im fünften Spiel des ersten Satzes brachte sie Stosur in Bedrängnis, für eine Breakchance reichte es noch nicht.
Schiavone-Fans: "Nichts ist unmöglich!"
Die Italienerin musste mehr Aufwand betreiben, um ihr Service durchzubringen. Doch die Dauerläuferin gehört - wie auch Stosur - zu den fittesten Spielerinnen auf der Tour. Fast jeden hart erkämpften Punkt feierte sie mit geballter Faust. Der Rest Motivation kam von der Tribüne: Ihre Fans hatten schwarze T-Shirts an mit der englischen Aufschrift: "Nichts ist unmöglich!"
Die Botschaft kam an: Beim Stand von 4:4 boten sich Schiavone plötzlich drei Breakchancen. Stosur wehrte die ersten beiden mit Glück und Hilfe der Netzkante ab, doch dann zitterte ihr der Arm, und ihr erster Doppelfehler im Match brachte das Break für die Italienerin. Als sie zum Satzgewinn servierte, lag sie 0:30 zurück, machte dann aber drei Punkte nacheinander. Stosur wehrte den ersten Satzball ab, beim zweiten setzte sie eine Rückhand ins Netz, und Schiavone führte nach 40 Minuten mit 1:0 nach Sätzen.
Im zweiten Durchgang ließ Schiavone ihre zwei Breakchancen zum 2:1 liegen. Und Stosur, die auf dem Weg ins Finale in Justine Henin, Serena Williams und Jelena Jankovic drei ehemalige Weltranglistenerste geschlagen hatte, sah ihre Zeit gekommen. Bei ihrer zweiten Breakchance zum 4:1 spielte sie eine hohe Rückhand dicht an die Grundlinie - zu schwierig für Schiavone.
Doch statt den Vorteil zum schnellen Satzausgleich zu nutzen, zeigte Stosur Nerven. Mit dem Break zum 3:4 kam Schiavone wieder heran und trieb Stosur in den Tiebreak, in dem sie so kühl blieb, als hätte sie schon zig wichtige Finals gespielt.