United-Cup-Sieger Kai Wehnelt zwischen den Welten

Im DTB-Team um Alexander Zverev und Angelique Kerber triumphierte Kai Wehnelt beim United Cup. Am Rande des ITF-Turniers in Cadolzburg spricht der gebürtige Berliner über seine Erfahrungen in Australien und seinen aktuellen Tour-Alltag abseits des großen Rampenlichts.

von Dietmar Kaspar
zuletzt bearbeitet: 23.01.2024, 19:32 Uhr

Kai Wehnelt zieht aus dem United Cup große Motivation für die Tour.
© Jürgen Hasenkopf
Kai Wehnelt zieht aus dem United Cup große Motivation für die Tour.

tennisnet: Kai, du konntest mit dem DTB-Team den United Cup holen und warst somit beim ersten internationalen Mannschaftstitel eines deutschen Teams seit dem Hopman-Cup-Triumph 1995 von Boris Becker und Anke Huber beteiligt. Was kommt dir angesichts des Erfolgs in den Sinn?

Kai Wehnelt: Auch wenn ich dort nicht zum Einsatz gekommen bin, war es natürlich trotzdem das Highlight meiner bisherigen Karriere. Es war ein super Event und mit dem tollen Team hat es unheimlich viel Spaß gemacht. Hoffentlich kommt so etwas für mich wieder.

Wie lief es genau ab, dass du beim United Cup dabei warst?

Das lief alles ziemlich spontan. Ich hatte mich am Flughafen in der Players-Zone eingeloggt und bei den Turnieren durchgeklickt. Dann bin ich beim United Cup gelandet und habe mir das durchgelesen und festgestellt, dass man das selber melden muss. Ich dachte ursprünglich, dass das ganz normal wie beim Davis Cup läuft, dass Teamchef Michael Kohlmann die Spieler nominiert. Nachdem ich die Liste der bisher gemeldeten Spieler gesehen hatte, habe ich mir mit meinem Doppel-Ranking um 150 Chancen ausgerechnet, dass ich da reinkomme. Deshalb habe ich mal auf gut Glück gemeldet und es hat dann tatsächlich geklappt.

Im Team standen unter anderem mit Alexander Zverev und Angelique Kerber Spieler:innen von absolutem Weltklasseformat. Geht man da eher ehrfürchtig an die Aufgabe heran oder wie lief die Integration ins Team?

Ich kenne den Sascha schon sehr lange und habe mit ihm bei TE-Turnieren im Alter von 11, 12 Jahren zusammen Doppel gespielt. Auch die Angie kenne ich schon seit Ewigkeiten, als wir zur gleichen Zeit bei Alexander Waske trainiert haben. Es waren alle im Team supernett und gaben mir von Beginn an das Gefühl, dass da alle an einem Strang ziehen und keiner ausgegrenzt wird.

Wenn man solche Spieler bei der täglichen Trainingsarbeit so hautnah erlebt, kann man da etwas für sich abschauen?

Eigentlich gibt es da keine so riesigen Unterschiede, auch wenn das Niveau bei den Top-Leuten natürlich schon etwas höher ist. Jeder Trainer hat eine etwas unterschiedliche Herangehensweise auf dem Platz und im Gym. Ein paar Dinge, die mir aufgefallen sind, werde in Absprache mit meinem Trainer schon mal versuchen.

Du bist dann von Australien nach Asien gereist und hast dort zwei Challenger-Turniere bestritten. Wie schwierig war es dort für dich, nachdem du in Australien nur trainiert und somit keine Matches bestritten hattest?

Ich hatte in Australien überwiegend Einzel trainiert und möchte mich auch in nächster Zeit mehr darauf fokussieren, obwohl mein Doppel-Ranking aktuell deutlich besser ist. Wegen unseres Finaleinzugs beim United Cup konnte ich mich in Thailand nicht mehr für das Einzel einschreiben und somit nur Doppel spielen. Das war auch mein erstes Match seit Dezember, deshalb war es natürlich anfangs etwas ungewohnt. Zudem hatte ich mit meinem Partner das erste Mal zusammengespielt und unsere Gegner hatten in der Vorwoche einen Titel gewonnen.

Mit deinem Doppelranking bist du schon nah dran, bei den großen Events zu spielen. Wie groß ist die Versuchung, doch komplett auf das Doppel umzusatteln?

Es ist natürlich schon verlockend, immer die größeren Events im Doppel zu spielen. Auch die Challenger-Turniere sind ja schon ein großer Sprung gegenüber den Futures. Ich merke aber, dass ich im Einzel noch nicht mein ganzes Potenzial ausgeschöpft habe, deshalb muss ich weiterhin Future-Events zwischendurch spielen. Das nächste Ziel ist es, ca. ein Jahr komplett auf der Challenger-Tour sowohl im Einzel als auch im Doppel durchzuspielen. Wenn sich dann meine Platzierung im Einzel nicht klar verbessert, wird es schon Richtung Spezialisierung im Doppel gehen.

Seit kurzem arbeitest du wieder bei Alexander Waske in der neuen Boris-Becker-Akademie zusammen. Was hat dich dazu bewegt?

Ich war jetzt knapp zwei Jahre komplett ohne Trainer unterwegs und bin einfach von Turnier zu Turnier gereist. Es war zwar nicht komplett unerfolgreich, aber auch kein richtiger Schritt nach vorne. Andere Spieler, die unter professionelleren Bedingungen trainiert haben, sind in der Zeit an mir vorbeigezogen. Mir ist es wichtig, dass es eine klare Struktur mit Trainingsblöcken zwischen den Turnieren gibt, wie ich das früher beim hessischen Tennisverband hatte.

Wie sind die Möglichkeiten in der Boris-Becker-Akademie im Vergleich zu den Voraussetzungen damals beim hessischen Tennisverband?

Ich war unheimlich froh, dass ich damals die Möglichkeit bekam, beim HTV in Offenbach zu trainieren. Allerding war das Platzangebot mit den vier Hallenplätzen knapp und ich musste mein Training um die Verfügbarkeiten herum planen. In der Becker-Akademie in Hochheim gibt es ausreichend Plätze und man kann nach seinen Bedürfnissen planen. Auch das Gym ist dort viel größer und mit mehr Trainingsgeräten ausgestattet.

Wie sieht es dort mit guten Trainingspartnern aus?

Aktuell trainiere ich dort viel mit dem ehemaligen Top100-Spieler Prajnesh Gunneswaran, der nach einer langen Verletzung wieder zurückkommt. Zudem sind auch Tim Handel und der Serbe Stefan Popovic dort, mit denen ich aufgrund des Rankings auch gemeinsam auf Turniere fahren kann um einen Coach zu teilen.

Wie ist das Training an so einer renommierten Akademie samt Tour-Coach finanziell für dich stemmbar?

Ich habe die letzten beiden Jahre bei den Ausgaben einiges gespart, da ich überwiegend auf den Turnierreisen unterwegs war und somit keine eigene Wohnung hatte. Zwischendurch bin ich meist bei meinen Eltern in Berlin untergekommen. Durch die Antrittsgage beim United Cup und den Einnahmen aus den Mannschaftsspielen habe ich dieses Jahr einen größeren Spielraum, öfters mal einen Coach auf die Turniere mitzunehmen.

Hat sich durch den Erfolg beim United Cup etwas in der öffentlichen Wahrnehmung deiner Person verändert?

Durch die Teilnahme beim United Cup haben sich einige Leute wieder bei mir gemeldet, von denen ich lange nichts mehr gehört hatte. Es gab aber auch via Social Media einige Kommentare wie: „absolut unverdient einen Haufen Geld gemacht“, etc. Am Ende waren wir aber ein Team, das zusammen gewonnen hat und das war einfach nur superschön.

von Dietmar Kaspar

Dienstag
23.01.2024, 18:31 Uhr
zuletzt bearbeitet: 23.01.2024, 19:32 Uhr