US Open: Vamos, Rafa - Nadal gewinnt nach Drama 19. Grand-Slam-Titel in fünf Sätzen!
Rafael Nadal hat die US Open 2019 gewonnen. Der spanische Weltranglisten-Zweite besiegte Daniil Medvedev in fünf großartigen Sätzen und holte damit seinen 19. Major-Titel. Auf den Rekord von Roger Federer fehlt Nadal damit nur noch ein Erfolg bei einem Grand-Slam-Turnier.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
09.09.2019, 03:34 Uhr
Von Jens Huiber aus New York City
Wenn Rafael Nadal gereizt wird, dann wird er unerbitterlich. Wenn er gleich doppelt gereizt wird, dann Gnade allen Beteiligten. Und also hat es wohl nur dem nunmehr 19-maligen Grand-Slam-Champion geholfen, dass Schiedsrichter Ali Nili ihm gleich im allerersten Aufschlagspiel eine Verwarnung wegen Zeitspiels aufbrummte. Den nächsten Reizpunkt setzte dann Daniil Medvedev mit dem Break zum 2:1. Es sollte das letzte des Russen bis Mitte des drittes Satzes bleiben.
Denn Rafael Nadal krönte sich zwei Jahre nach seinem letzten Triumph in Flushing Meadows und etwas mehr als zwölf Monate, nachdem er 2018 im Halbfinale der US Open gegen Juan Martin del Potro verletzungsbedingt aufgeben musste, wieder zum Champion von New York. Nadal gewann in einem großartigen Match mit 7:5, 6:3, 5:7, 4:6 und 6:4 und rückte damit in der ewigen Bestenliste Roger Federer dicht auf den Pelz. Nadal hält nun bei 19 Major-Titeln, der Schweizer hat lediglich einen mehr in seiner Erfolgsbilanz vermerkt. Exakt 4:51 Stunden hatten die beiden Kämpfer im Arthur Ashe Stadium gerungen.
Nadal mit vielen Variationen
Das Team des Spaniers hatte sich offenbar etwas überlegt vor dem Match, Nadal eine etwas andere Taktik mit auf den Weg gegeben. Normalerweise macht der 33-Jährige aus Manacor seine Gegner mit einer Orgie an druckvollen Topspin-Bällen mürbe, gerade in der Anfangsphase des Endspiels bot Nadal aber auch erstaunlich viele Slice-Varianten an, streute als Kontrast Schläge ein, die im Tennis-Sprachgebrauch gerne als Mondbälle charakterisiert werden. Mit dem Zusatz, dass der Nadal´sche Mondball vielen Profis als solider Grundschlag reichen würde.
Bei seinem letzten Sieg in New York hatte sich Nadal im Finale ebenfalls mit einem Novizen in diesem Turnierstadium auseinandersetzen dürfen, Kevin Anderson blieb 2017 ähnlich chancenlos wie Daniil Medvedev im aktuellen Match. Der Russe war mit einer Siegesserie von zwölf Matches in das Finale gestartet, Nadal hatte zehn Matches en suite gewonnen.
Medvedev versucht es mit Stoppbällen
Die Spielidee Medvedevs passt theoretisch nicht schlecht zu jener Nadals, der Russe kann lange, flache Bälle in die Vorhand des Spaniers spielen. Aber eben nicht oft genug, um auf konstanter Basis die Punkte zu machen. Stoppversuche sind gegen Rafael Nadal ein legitimes Mittel, aber auch in diesem Punkt hatte Daniil Medvedev weniger Erfolg als etwa Matteo Berrettini im Halbfinale.
Nadal klopfte im achten Spiel des ersten Satzes schon mal vehement beim Aufschläger Medvedev an, der Russe wehrte den ersten Breakball mit einer feinen Aufschlag-Volleystopp-Variante ab, den zweiten mit einer Rückhand auf die Linie. Gut, schlug Nadal halt zum 7:5 zu, 62 Minuten dauerte der erste Satz. Den zweiten Akt entschied Nadal mit dem Break zum 4:2 für sich, 48 Minuten nahm dieser Durchgang in Anspruch.
Kurzes Nachlassen bei Nadal - und der Ausgleich
Wie so oft wurde der Spanier im Verlaufe eines Matches immer stärker, während sein Gegner körperlich langsam abbaute. Kein Wunder: Medvedev hatte mit den Starts in Washington, wo er das Finale erreicht hatte, und Cincinnati, das er als Sieger verließ, zwei lange Turniere mehr auf dem Buckel als sein Gegner. Das zwangsläufige Break im dritten Satz holte sich Nadal zum 3:2, Medvedev wusste auf einen Slice auf die Rückhand keine Antwort. Hatte anschließend aber einigermaßen überraschend zwei Chancen zum Comeback, die Nadal beide mittels Rückhand-Volley abwehrte. Die dritte Möglichkeit schenkte Nadal seinem Gegner mit einem Vorhand-Volley ins Aus, und siehe da: diesmal landete der Mondball des Spaniers hinter der Grundlinie. Ausgleich.
Der Außenseiter hatte nun plötzlich wieder Lust auf mehr, wehrte bei 4:4 zwei Breakbälle mit unglaublichem Kampfgeist ab. Fast schon beiläufig servierte sich Medvedev theoretisch ins Tiebreak, damit hatte Nadal nicht unbedingt gerechnet. Folgerichtig verweigerte sich der Spanier einer Kurzentscheidung, gab lieber sein Aufschlagspiel zum 5:7 ab. Konnte Daniil jetzt den Fabio machen? Signore Fognini hatte 2015 Nadal in Flushing Meadows nach 0:2-Satzrückstand noch besiegt, ein Unikum in der Tennisvita des Spaniers.
Satz vier hätte für Medvedev vielversprechend beginnen können, ein Breakball blieb indes ungenutzt. Aber auch Nadal ließ Chancen zur Führung aus, Medvedev spielte komplett angstbefreit auf. Was auch das Publikum nach und nach mehr goutierte, zu Beginn durfte der dreimalige Champion Nadal auf einen soliden Sympathie-Überschuss von den Rängen bauen. Im zehnten Spiel führte Nadal bei eigenem Service mit 40:15 - und ließ vier Punkte in Folge zu, der letzte, ein Rückhand-Passierball von Daniil Medvedev, besiegelte den Ausgleich.
Kein Sieger aus den 1990ern
Also musste der US-Open-Champion 2019 in einem fünften Satz gekürt werden, Daniil Medvedev hatte in seiner Karriere noch keinen gewonnen. Der Russe konnte im zweiten Spiel drei Breakbälle nicht nutzen, Nadal kassierte derweil seine zweite Zeit-Verwarnung. Bei 2:2 vergeigte Medvedev ein 40:0, wehrte einen Breakball mit einem Ass ab. Chance Nummer zwei holte sich der Linkshänder mit einem Rückhand-Cross-Ball. Das Publikum zeigte sich nun wieder sehr explizit im Lager Nadals, mit starker Tendenz zur Unfairness. Medvedev verlor auch seinen Aufschlag zum 2:5, ein Smash landete weit im Aus. Das war´s? Nein. Nadal nahm noch einmal eine Verwarnung mit, schlug den zweiten Aufschlag ins Aus.
Wenige Augenblicke später aber: erster Matchball für Nadal, Medvedev wehrt mit Rückhand-Schuss ab. Die zweite mit einem riskanten zweiten Aufschlag nach außen. Nach dem Punkt zum 4:5 zeigte Daniil Medvedev erstmals eine Reaktion, forderte das Publikum zum Jubel auf. Mit Recht. Den zweiten Versuch, das Match auszuservieren, ließ sich der Spanier aber nicht mehr entgehen. Auch wenn Medvedev noch einmal einen Breakball zur Verfügung hatte. Den dritten Matchball holte sich Nadal mit einem Vorhandstopp, das Championat nach einem Return-Fehler von Daniil Medvedev.
Rafael Nadal beschließt damit das Grand-Slam-Jahr 2019 mit zwei Titeln (Roland Garros, US Open), einer Final-Teilnahme (Australian Open) und einem Halbfinale in Wimbledon. 19 Majors stehen insgesamt auf der Habenseite des Mallorquiners, wer möchte daran zweifeln, dass spätestens in Paris Nummer 20 folgen wird? Mit seinen 33 Jahren avancierte Nadal jedenfalls zum zweitältesten Champion bei den US Open in der Profi-Ära. Lediglich Ken Rosewall war bei seinem Triumph 1970 noch zwei Jahre älter gewesen.
Daniil Medvedev, ab Montag mit einem Karrierehoch von vier in der ATP-Weltrangliste notiert, schaffte es dagegen nicht, Geschichte zu schreiben: Bei einem Erfolg wäre der Russe der erste männliche Grand-Slam-Champion geworden, der in den 1990er-Jahren geboren wurde.