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Wimbledon 3000: Der Ausbau, die Gegner, die Zukunft

Wimbledon hat große Pläne, sein Areal zu vergrößern. Das freut nicht alle. Eine Lagebericht aus London.

von Florian Goosmann aus Wimbledon
zuletzt bearbeitet: 14.07.2024, 13:54 Uhr

© Getty Images

Der Ausbau

Okay, sagen wir, wie's ist. Wimbledon ist ein Traum in Grün. Der Blick über die Anlage, die gnadenlose Perfektion… selbst eine eingegangene Blume sucht man vergebens (bei angeblich rund 40.000 Pflanzen hier). Aber: Wimbledon ist eng geworden, vor allem, wenn 42.000 Zuschauer am Tag (aktuelles Limit) herumlaufen und die kleineren Courts aufsuchen.

Und so plant man das Wimbledon Park Project: Der All England Lawn Tennis Club (AELTC) hat im gegenüberliegenden Wimbledon Park den Pachtvertrag des Golfplatzes aufgekauft und will damit die eigene Fläche (aktuell 17 Hektar) verdreifachen. Ein neues überdachtes Station soll her, dazu weitere 38 Rasenplätze, um auch die Qualifikation aus Roehampton auf die eigene Anlage zu bringen. Und die Trainingsmöglichkeiten zu erweitern. Ebenso das Fan-Erlebnis, die Zuschauer sollen mehr Platz bekommen und näher an den Stars sein. 

“Die Spieler sollen auch genug Zeit haben, nicht 45 Minuten zu viert auf einem Trainingsplatz verbringen müssen”, sagt uns Dominic Foster, Corporate Affairs Manager beim AELTC. Außerdem wolle man einen neuen Park im Park anlegen, für die Bevölkerung, in einem Teil des früheren Golfclubs. 

So weit, so gut. 

Die Gegner

Ein Teil der Anwohner ist nicht begeistert von den Plänen. Zu gigantisch, zu unnötig. Drei Mal so groß werden für 8.000 Zuschauer mehr? Dazu die achtjährige Bauphase. "Das führt zu einer extremen Luftverschmutzung in einer Stadt, in der die Luft schon auf einem unakzeptablen Stand ist und in der viele Kinder an Lungenerkrankungen leiden", sagt Sophia Browning von der Initiative “Save Wimbledon Park"

Im Wimbledon Park nämlich liegt der Golfplatz, dort soll die neue Tennisanlage entstehen. 

Tennisplätze seien ja okay, es wurde ja auch Golf gespielt, schränkt Browning ein. Aber müssen es 38 Courts sein? Dazu eine neue Arena in der Größe der Royal Albert Hall? Zumal die Errichtung von neuen Gebäuden auf dem Gelände untersagt sei, das habe der AELTC beim Kauf des Geländes in 1993 auch akzeptiert. Nun plädiere man mit “sehr besonderen Umständen”, damit, dass der Benefit größer sei als der Schaden. 

Und der neue Park im Park? Gehöre dann nach wie vor dem Tennisclub, der ihn zwar der Allgemeinheit öffnen wolle, diese Erlaubnis aber jederzeit zurückziehen könne, falls ein weiterer Ausbau geplant sei. Das müsse bitteschön anders geregelt werden.

Der AELTC

Der Wimbledon-Tennisclub wirbt natürlich mit der Aussicht auf die vergrößerte Anlage. “Die meisten Leute waren begeistert von unseren Plänen”, sagt Foster. 

Andy Wayro, Senior Landscape and Environment Manager des AELTC und Entwicklungsleiter für das Projekt, erklärt uns, wie man auf eigene Kosten den See entschlacken will, neue Spielplätze und Wege bauen möchte. Mit möglichst wenig Aufwand. So soll beispielsweise bei der Glättung des unebenen Geländes (Golfplatz!) der vorhandene Sand und die vorhandene Erde genutzt werden. Außerdem wolle man sich um eine größere Biodiversität im Park bemühen.

Die vielen Tennisplätze brauche man, weil sich Rasen eben abnutze. Aber: Sieben Courts sollen der Allgemeinheit zur Verfügung stehen nach dem Turnier, und jeder solle sie buchen können. 

Der Buchhändler

Richard Jones ist eine Legende in Wimbledon. Er ist Eigentümer der Wimbledon Tennis Gallery, einem kleinen Buchladen zum Wühlen und Verweilen, zudem Buchautor und Herausgeber des Magazins The Tennis Historian

Jones versucht sich vermittelnd. Es sei doch möglich, Tennisplätze im Park zu bauen, ohne alles komplett umzuwühlen. Aber er weiß: “Wimbledon war nie daran interessiert, mit anderen zu diskutieren. Sie überlassen es lieber den Gerichten. Und das ist schlimm.”

Was Wimbledon seiner Ansicht nach nicht verstehe: Es gehe ja nicht um die Größe, sondern die Qualität. “Sie wollen überall die Besten sein. Das gelingt nicht immer, aber man versucht es. Darin liegt der Erfolg. Dinge besser zu machen als andere Turniere.”

Jones sagt über die Ausbaupläne des Clubs: “Ich will gerne von ihnen überzeugt werden. Aber das haben sie noch nicht geschafft.”

Die Gerichte

Der Wandsworth Council, verantwortlich für den Nordbereich des Wimbledon Parks, hat bislang gegen die Wimbledon-Pläne votiert. Der Merton Council, verantwortlich für den Süden, hat sie befürwortet. 

Nun muss der Mayor of London ran. Eine Entscheidung wird für den Herbst erwartet. 

Und nun zurück zum Tennis.

von Florian Goosmann aus Wimbledon

Sonntag
14.07.2024, 13:30 Uhr
zuletzt bearbeitet: 14.07.2024, 13:54 Uhr