Wimbledon: Die ungebrochene Dominanz der Großen Drei
Rafael Nadal, Novak Djokovic und Roger Federer dominieren die Grand Slams seit einem Jahrzehnt. Eine Wachablösung dieses Spitzen-Trios ist nicht in Sicht.
von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet:
09.07.2019, 10:06 Uhr
London. Am Ende seiner persönlichen Tennis-Katastrophe schlich Matteo Berrettini mit hängenden Schultern zum Netz. Er gab Roger Federer gequält die Hand. Und dann bedankte sich der stolze Italiener in einer Demutsgeste noch wortwörtlich für die „kostenlose Lektion“, die er von Federer auf dem berühmtesten aller Tennisplätze erhalten habe, auf dem Centre von Wimbledon. Es war der denkwürdige Schlussmoment des sogenannten "Manic Monday" an der Church Road – doch verrückt war nichts an diesem Montag, überhaupt nichts. Im Gegenteil: Die ehrenwerten Gentlemen, die als "Big Three" (Die Großen Drei) schon seit mehr als einer Dekade das Herrentennis souverän beherrschen und dirigieren, zogen ihren ohnehin eisernen Griff noch ein Stückchen fester an.
6:2, 6:2, 6:2 (105 Minuten) – 6:3, 6:2, 6:3 (102 Minuten) – 6:1, 6:2, 6:2 (73 Minuten): So sahen die nüchternen Zahlen und Fakten zu den Auftritten von Rafael Nadal, Novak Djokovic und Roger Federer am berühmt-berüchtigten Achtelfinaltag im Rasentempel auf. Bekannt für Turbulenz, Dramatik und Spannung, verstärkte der siebte, eher lahme Wettbewerbstag nun aber nur das Gefühl, dass sich an der eingespielten Hackordnung in der Männerkonkurrenz auch 2019 nichts ändern wird – und womöglich noch einige Zeit darüber hinaus. "Erst kommen Djokovic, Federer und Nadal. Und dann lange Zeit nichts", sagte Ex-Superstar John McEnroe, "sie sind die Herren der Welt."
Und zwar auch noch jenseits der Dreißiger-Grenze: Federer wird bald 38 Jahre alt, Anfang August. Nadal ist 33 Jahre alt, Djokovic 32. Aber die Grand Slam-Titel räumen sie mit einer Selbstverständlichkeit ab, als hätte der Zahn der Zeit, die Auszehrung auf der knüppelharten Tour, sie schlicht verschont. Die letzten zehn Grand Slam-Titel gingen, es ist nicht schwer zu erraten, ausnahmslos an das gnadenlos gute Trio, zusammen bringen sie es nun schon auf 53 Major-Pokale.
Am Montag wähnte sich der "ewige Gärtner Federer" (Daily Mail) in seinem Rasenreich Wimbledon sogar wie im Rausch: "Es war einer der Tage, wo alles wie in Rosa getaucht ist. Du weißt von Anfang an, dass alles funktionieren wird. Du schlägst immer wieder Siegschläge." Den ersten Satz gegen Stuttgart-Champion und Halle-Halbfinalist Berrettini holte er sich in 17 Minuten. Gefragt, wie er die Auftritte von Djokovic, Federer und Nadal einschätze, sagte der US-Hüne Sam Querrey ("Uncle Sam"): "Sie zeigen schlicht, dass sie immer noch besser sind als die anderen." Querrey bekommt es am Mittwoch in der Runde der letzten Acht mit Nadal zu tun, der in vernichtend starker Form ist, offenbar beflügelt durch seinen zwölften Roland Garros-Coup.
Wie Unberührbare wirken die drei Machthaber, die sich den Grand Slam-Kosmos untereinander aufgeteilt haben – nichts ist zu sehen und zu spüren von einer Wachablösung, von einer Zeitenwende. "Irgendwann werden neue Gesichter vorne stehen", sagte Titelverteidiger Djokovic, die Nummer eins, auch der Nummer eins-Favorit auf den Titel in Wimbledon. Aber es könnte sein, dass sich dieser Wechsel an der Spitze erst vollzieht, wenn sie allesamt im Ruhestand sind, Djokovic, Federer und Nadal. "Gegen ihre Klasse und Erfahrung kommt auf den großen Bühnen noch niemand an", sagte Mats Wilander, der ehemalige Weltranglisten-Erste aus Schweden.
Frappierend schnell hatten sich die möglichen Rivalen des Top-Trios aus den Festlichkeiten in Wimbledon verabschiedet – allen voran Deutschlands Hoffnung Alexander Zverev, der griechische Jüngling Stefanos Tsitsipas oder der Österreicher Dominic Thiem. Wimbledon, es wurde wieder einmal deutlich, ist kein Platz mehr für jugendliche Himmelsstürmer: Im Viertelfinale spielt nämlich nicht nur bei der Führungstruppe Routine eine entscheidende Rolle, sondern auch bei den Herausforderern. Der Jüngste in der Runde der letzten Acht ist schon 28 Jahre alt – David Goffin (Belgien), der nun das zweifelhafte Vergnügen hat, Djokovic zu begegnen.
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