tennisnet.com WTA › Grand Slam › Wimbledon

Wimbledon: Tatjana Maria gegen Jule Niemeier - Ein unerwartetes Duell auf großer Bühne

Jule Niemeier und Tatjana Maria: Größer könnten die Unterschiede zwischen den Wimbledon-Überraschungen kaum sein. Sie einen der Respekt und das Ziel Halbfinale.

von SID
zuletzt bearbeitet: 04.07.2022, 19:07 Uhr

Tatjana Maria
Tatjana Maria

Novak Djokovic war schuld daran, dass sich Jule Niemeier und Tatjana Maria am Nachmittag vor dem deutschen Wimbledon-Fest ganz nah kamen. Der Serbe hielt sich nicht an den Trainingsplan und besetzte dreist den Court, den Coach Christopher Kas gebucht hatte. Niemeier wich ohne zu murren aus - und traf nach einer Stunde auf Maria.

Kein Problem für die Überraschungs-Viertelfinalistinnen, sie mögen sich, sie kennen sich aus der Tennis-Bundesliga. "Wie spät ist es?", fragte Niemeier. "Ihr habt noch Zeit", antwortete Maria. Mehr Austausch war nicht, dann gingen beide wieder ihren Routinen nach.

So wird es auch am Dienstag sein, bevor sie auf Court 1 (ab 14.00 Uhr MESZ/Sky) aufeinandertreffen. Maria wird früh aufstehen. So ist das mit zwei Kindern - irgendwer muss Tochter Charlotte zur Tennisstunde begleiten. Niemeier wird morgens womöglich bei Instagram die Nachrichten checken, aber auf keinen Fall in die Zeitungen schauen.

Jule Niemeier: "Keinen einzigen Artikel durchgelesen"

"Ich versuche, das komplett auszublenden", sagte sie nach dem Sieg über die Britin Heather Watson: "Ich habe mir noch keinen einzigen Artikel durchgelesen." Auch wenn die Worte zumeist überaus positiv klingen: "Am Ende kann ich mir davon ja auch nichts kaufen."

Und nicht immer stehen so freundliche Zeilen geschrieben wie über Maria, die "Story des Turniers" (Daily Mail). Ab und an drückt sich in einem Lob auch die Verwunderung über den Lauf der Newcomerin aus - und das wenig schmeichelhaft. Niemeier, so schrieb der Telegraph, sei eine "unfassbare Spielerin, von der man sich irgendwie vorstellen kann, dass sie auf dem Münchner Oktoberfest einen Bierkrug hält".

Der Schmerz über das Aus der Lokalheldin, die Niemeier an einem britischen Feiertag schnöde vom 100 Jahre alten Centre Court geschossen hatte, mag dabei eine Rolle gespielt haben. Doch sie sollten sich im Londoner Südwesten an Niemeier gewöhnen, denn wie der Guardian feststellte, passt das Spiel der 22-Jährigen perfekt zum schnellen Rasen. So wie Marias ekliger Unterschnitt. Und doch hätte dieses Viertelfinale "niemand erwartet", sagte die 34-Jährige.

Niemeier ist eine Wimbledon-Debütantin, und Maria war bislang nie über die dritte Runde eines der weltweit größten Tennisturniere hinausgekommen, hat im April 2021 ihre zweite Tochter Cecilia zur Welt gebracht und setzt die Prioritäten längst anders. Die tägliche Tennisstunde der achtjährigen Charlotte um 8.30 Uhr in der Trainingshalle von Wimbledon gehört dazu. Erst danach starten Marias Tag und die Vorbereitung auf das (bislang) wichtigste Match ihres Lebens.

Tatjana Maria schätzt Erfolge jetzt noch mehr"

"Daran wird sich nichts ändern", sagte Maria, nachdem sie gegen die Lettin Jelena Ostapenko zwei Matchbälle abgewehrt und das nächste Kapitel ihres märchenhaften Abenteuers in Wimbledon geschrieben hatte. Sie könne den erstaunlichen Triumphzug jetzt "vielleicht sogar mehr wertschätzen, weil ich wichtigere Dinge in meinem Leben habe als Tennis."

Verbissen und vom Erfolg besessen sind sie beide nicht: Die erfahrene Taktikerin aus Bad Saulgau, die mit ihrer Familie längst in Florida wohnt, in direkter Nachbarschaft zu den Williams-Schwestern. Und auch nicht die junge Dortmunderin, die es nach Regensburg verschlagen hat, deren Herz aber noch in der Heimat ist - vor allem bei ihrem BVB.

Der gratuliert regelmäßig, und auch für die Fußballstars der Schwarz-Gelben ist Niemeier mittlerweile ein Begriff. "Ich habe tatsächlich eine Nachricht von Nico Schlotterbeck erhalten", erzählte Niemeier - und Mats Hummels habe sie in einer Insta-Story erwähnt. Das schmeichelt dann selbst ihr.

von SID

Montag
04.07.2022, 19:01 Uhr
zuletzt bearbeitet: 04.07.2022, 19:07 Uhr