Wimbledon: Wunderkind Cori Gauff - "Die Beste aller Zeiten werden"
Der erste Matchsieg bei einem Grand-Slam-Turnier war für die 15-jährige Cori Gauff ein ganz besonderer: Sie schlug am Montag in Wimbledon die fünffache Turniersiegerin Venus Williams glatt in zwei Sätzen.
von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet:
02.07.2019, 23:05 Uhr
Von Jörg Allmeroth aus London
Vor zwei Wochen waren Cori Gauff und ihr Vater Corey auf dem Weg nach Südfrankreich, in die Tennisakademie von Patrick Mouratoglu, als sie ein Anruf aus Wimbledon erreichte. Ob Cori eine Wild Card für den Qualifikationswettbewerb annehmen wolle, lautete die Frage an das amerikanische Vater-Tochter-Gespann? Die Antwort lautete natürlich „Ja“, und nun muss man sich ernsthaft die Frage stellen, welche Konsequenzen dieser Anruf noch haben wird für die Offenen Englischen Meisterschaften des Jahres 2019.
Streame alle Wimbledon-Partien live mit Sky Ticket. Sichere dir gleich das Angebot für nur € 9,99.
Denn Cori Gauff, diese höchst erfrischende, gerade 15-jährige Teenagerin, feierte am Montagabend ein so imponierendes Debüt auf der größten Tennisbühne des Planeten, dass sie nicht nur wie ein goldenes Versprechen auf die Zukunft erscheint. Sondern auch noch für alle möglichen und unmöglichen Sensationen im Hier und Jetzt des Rasenspektakels gut sein könnte. Das erste dicke Ausrufezeichen setzte die Youngsterin jedenfalls gleich am Eröffnungs-Montag in einem Spiel, dessen dramaturgischer Stoff aus der Traumfabrik Hollywood hätte entstammen können.
Cori Gauff mühelos durch die Qualifikation
Denn nach drei mühelos überstandenen Qualifikationsrunden brachte Gauff das Auslosungs-Schicksal ausgerechnet mit ihrem Kindheitsidol Venus Williams zusammen, und im Match der jüngsten gegen die älteste Turnierstarterin (39) strahlte erstmals der Stern des neuesten Wunderkinds des Wanderzirkus so richtig auf, mit einem makellosen 6:4, 6:4-Sieg. „Ich stehe hier und kann es nicht fassen“, sagte Gauff nach ihrem allerersten Grand-Slam-Match überhaupt kopfschüttelnd. Seit Jennifer Capriati 1991 hatte keine Spielerin mehr im grünen Tennistempel gewonnen, die so jung ist. „Ein Star ist geboren“, titelte der „Daily Express da. Und der „Telegraph“ unkte, dass die Williams-Schwestern nun offenbar eine „würdige Nachfolgerin“ gefunden hätten.
Tatsächlich waren Venus und Schwester Serena die große Inspiration für den Shootingstar. Statt sich für eine Basketball- oder Leichtathletik-Karriere zu entscheiden und damit in die Fußstapfen der Eltern zu treten, entschied sich Cori mit sieben Jahren fürs Tennis – ganz einfach, weil sie die berühmten Schwestern bei ihren Siegeszügen im Fernsehen sah. „Ich wollte das schaffen, was sie schafften“, sagt die junge Amerikanerin, deren Selbstbewusstsein ähnlich ausgeprägt ist wie das ihrer prominenten farbigen Vorbilder. Schon mit Zwölf verkündete Gauff in einem ESPN-Interview auch, „die Größte aller Zeiten“ werden zu wollen: „Man muss groß denken, um Großes zu erreichen.“
John McEnroe sieht eine kommende Nummer eins
Ihr Auftritt ist von wenig Zweifel oder Angst getrübt. Gauff spielt mit jugendlicher Unbekümmertheit und Frische, mit verblüffender Power und Präzision. Als sie mit Venus Williams auf Court 1 einmarschierte, zu diesem denkwürdigen Rendezvous, wirkte es, als kämen Mutter und Tochter zum Duell. Gauff ließ sich nie einschüchtern oder überwältigen von der Szenerie, auch nicht von drei vergebenen Matchbällen in der dramatischen Schlussphase. „Ich bin nicht rausgegangen, um möglichst viel Punkte zu machen“, sagte Gauff später, „ich wollte gewinnen.“
Gauff, die bei der Agentur Team8 von Federer-Manager Tony Godsick unter Vertrag steht, wird nach dem Eindruck prominenter Szenebeobachter schon bald eine dominierende Rolle in der Tenniswelt spielen. „Sie ist jemand, der auf Größe programmiert ist“, sagt Tracy Austin, selbst einmal die Nummer eins und gefeiertes Wunderkind, „dies hier war erst der Anfang.“ Und John McEnroe orakelte sogar: „Wenn Cori mit 20 Jahren nicht auf Platz eins der Rangliste steht, wäre ich absolut geschockt.“