Elias Ymer siegt im Nirgendwo
Mit Robin Söderling an seiner Seite gewinnt die schwedische Tennishoffnung seinen ersten Saisontitel beim mit €64.000 Preisgeld-dotiertem ATP-Challenger-Turnier im italienischen Cordenons.
von Florian Heer
zuletzt bearbeitet:
21.08.2017, 13:32 Uhr
Ein letzter Kreisverkehr und es ist geschafft. Nach zahlreichen Maisfeldern rechts und links des Straßenrandes, sowie zahlreichen vorbeiziehenden, einsam anmutenden Häusern, erscheint fast wie eine Oase im verträumten und teilweise kargem Landschaftsbild der Region Friaul-Julisch-Venetien der riesige Sport- und Freizeitkomplex "Eurosporting" in der Peripherie der Ortschaft Cordenons.
Selbst eingefleischten Italienliebhabern wird die verträumte 18.000-Einwohner zählende Gemeinde in der Provinz Pordenone wohl nicht geläufig sein. Seit dem Jahr 2004 ist die hiesige Sportanlage aber alljährlich Anlaufstelle im August für die Tennisprofis der ATP Challenger Tour, welche hier die fast schon letzten Züge der europäischen Sandplatzsaison mitnehmen möchten. Vier Außenplätze, weitere Tenniscourts in der Halle, ein Fitness-und Wellnesscenter, Padel-und Squashmöglichkeiten sowie ein großer Swimmingpool erwarten die Cracks. Letzterer befindet sich direkt hinter einer der beiden steilen, massiven Betontribünen des über 2.000 Zuschauer-fassenden Center Courts. Der Eintritt auf die weitläufige mit vielen Grünflächen angelegte Anlage ist für die Zuschauer frei.
Während sich das meiste Getümmel in den ersten Tagen der Turnierwoche vorrangig auf den Liegeplätzen am kühlen Nass abspielt - was bei Temperaturen von bis zu 40 Grad Celsius auch allzu verständlich ist - verlagert sich das Interesse der Zuschauer mit fortschreitendem Turnierverlauf auch auf die Tennisseite des Komplexes.
"Eli und Italien eine gute Kombination"
Die Lokalmatadore sind mit elf Spielern im Einzelhauptfeld zwar allseits präsent, jedoch nur einer von ihnen schafft es unter die letzten Vier. Lorenzo Giustino scheitert aber schließlich am schwedischen Jungstar Elias Ymer, der den Italiener im Halbfinale am Samstagabend mit 6-2, 6-1 in knapp über einer Stunde Spielzeit schier überrollte.
Der Lauf des #NextGenATP Spielers aus Stockholm war auch im Finale nicht zu stoppen. Der 21-jährige dominierte den an Nummer Vier-gesetzten Spanier Roberto Carballés-Baena vor gut gefüllten Rängen mit aggressivem Grundlinienspiel fast nach Belieben und feierte schließlich einen souveränen 6-2 und 6-3-Erfolg.
"Wir haben bereits mehrfach gegeneinander gespielt und ich wusste, dass es sehr schwer werden wird, aber das war mein bestes Match gegen ihn bisher", war Ymer anschießend sichtlich zufrieden. Der Schwede mit äthiopischen Wurzeln spielte im Alter von 17 Jahren zum ersten Mal in Cordenons und kam trotz manchmal widriger Umstände auch immer wieder gerne zurück.
"Als ich hier zum ersten Mal angetreten bin, hatte es die ganze Zeit nur geregnet. Ich war mehr im Hotelzimmer als auf dem Platz", lächelte er während der Siegerehrung am Sonntag. "Trotzdem gefällt es mir hier außerordentlich gut. Ich habe nur gute Erinnerungen an das Turnier hier."
Und überhaupt Italien. Alle seiner bisherigen nun drei ATP-Challenger-Titel errang Ymer im Land der Pizza und Pasta. "Eli und Italien ist eine gute Kombination", strahlte der eher sonst introvertiert-wirkende Skandinavier, der sich über €9.200 Preisgeld und 90 ATP-Ranglistenpunkte freuen darf.
Mit Super-Coach zu neuem Selbstvertrauen
Welchen Anteil daran sein neuer Coach Robin Söderling hat, ist schwer zu messen. Beim ATP-Challenger im Juli im schwedischen Bastad verkündeten Ymer und die ehemalige Nummer vier der Welt ihre Partnerschaft auf dem Platz.
"Es ist gerade einmal ein paar Wochen her, dass wir anfingen zusammenzuarbeiten", bremst Ymer die Erwartungen. Der zurzeit auf der ATP World Tour im Trend liegende Effekt "Super-Coach" scheint aber auch bei ihm schon erste Erfolgsspuren zu hinterlassen. Der Titel in Cordenons ist gleichzeitig auch der erste Saisontriumph für den neuen Weltranglisten-211., der im letzten Jahr bereits am Tor der Top-100 kratzte.
"Es ist natürlich fantastisch einen Coach wie Robin in meiner Ecke zu haben. Das gibt mir wieder enormes Selbstvertrauen. Ich habe in letzter Zeit hart gearbeitet, konnte es aber auf dem Platz leider nicht umsetzen. Robin glaubt an mich und versucht jeden Tag einen besseren Spieler aus mir zu machen. Das ist die Hauptsache, an der wir arbeiten."
Die ersten Früchte der neuen Zusammenarbeit konnte Söderling allerdings lediglich aus der Ferne betrachten. Der zehnfache ATP-Titelträger zeigte sich während der Woche im Friaul sehr nah an den Fans, war immer für ein gemeinsames Foto zu haben, reiste allerdings bereits am Samstag mit dem Ziel US Open ab.
"Er musste leider schon weg. Trotzdem viele Grüße und danke", gingen die Siegesworte seines Schützlings Richtung New York. "Ich hoffe, dass unsere Arbeit noch lange weiter geht", sagt Ymer. Ein guter Start war das Turnier in Cordenons allemal.