Jürgen Melzer: Trennung mit Turniersieg
Der Triumph beim ATP-Challenger in Wroclaw am Wochenende war der letzte Auftritt von Jürgen Melzer unter seinem niederländischen Langzeit-Betreuer Jan Velthuis.
von Manuel Wachta
zuletzt bearbeitet:
06.03.2017, 22:40 Uhr
Durch ein 6:4, 6:3 gegen den polnischen Hausherren Michal Przysiezny hat Jürgen Melzer am Sonntag in Wroclaw den fünften ATP-Challenger-Erfolg seiner Karriere gefeiert, den zweiten in dieser Saison nach Budapest vor genau drei Wochen. Es ist ein Coup, den Österreichs lange Zeit bester Spieler auf der Herren-Tour wohl stets mit einem lachenden und einem weinenden Auge in Erinnerung behalten wird, denn der frühere Weltranglisten-Achte beendet mit diesem beeindruckenden Turniersieg ohne Satzverlust die langjährige Arbeit mit seinem Trainer, dem erfahrenen Niederländer Jan Velthuis - der ihn bekanntlich über weite Strecken seiner äußerst erfolgreichen Profilaufbahn begleitet hatte. Das gab Melzer noch am späten Sonntagabend auf seiner offiziellen facebook-Fanseite bekannt.
"Auch wenn ich schon seit einer sehr langen Zeit wusste, dass das die letzte Woche sein wird, in der Jan und ich zusammenarbeiten, macht es mich immer noch traurig. Doch was könnte es für einen besseren Weg geben, als mit einem Titel aufzuhören? Ich hätte mir gar kein besseres Ende unserer Zusammenarbeit wünschen können!", schrieb der 35 Jahre alte Routinier, ehe er sich direkt an Velthuis richtete: "Über die letzten zehn Jahre hinweg (mit einer kleinen Pause) haben wir Höhen und Tiefen durchgemacht. Du bist mehr als nur ein Trainer für mich, du bist so etwas wie ein zweiter Vater geworden, hast stets auf mich aufgepasst und mich beschützt", so Melzer. "Ich weiß, dass ich dich weiterhin sehen werde, das ist also lediglich ein DANKE, eine Würdigung deiner Arbeit. Alles Beste in deinem neuen Job. Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass dich dein neuer Arbeitgeber mit all dem Respekt behandelt, den du verdienst."
Der Deutsche Tennis Bund will Velthuis
Auch auf Nachfrage von tennisnet.com bestätigte Melzer die Trennung und dass er bereits "in den nächsten paar Tagen" seinen neuen Betreuer bekanntgeben werde. Der Niederösterreicher hatte auch Zeit, sich darüber Gedanken zu machen: "Es ist jetzt keine plötzliche Entscheidung (seine Trennung von Velthuis; Anmerkung), wir haben gewusst, dass das so ist. Ich wusste das schon seit November - dementsprechend habe ich auch meine Vorkehrungen getroffen." Über den Grund fürs jetzige Ende ihrer Erfolgspartnerschaft ging Velthuis gegenüber tennisnet.com etwas mehr ins Detail: "Der Grund dafür ist, dass ich seit 19 Jahren reise, 40 Wochen im Jahr. Und ich 55 werde. Und so langsam merke ich, dass die Tour vielleicht ein bisschen zu viel für mich wird." Der 54-Jährige will zukünftig also weniger durch die Weltgeschichte flitzen. Und hat ein dahingehend passendes, interessantes Offert vorliegen: vom Deutschen Tennis Bund.
"Ich habe ein Angebot des DTB, als Bundestrainer zu arbeiten", schilderte Velthuis. "Ich weiß es seit einigen Monaten. Ich werde wahrscheinlich im April anfangen. Ich muss eigentlich nur noch unterschreiben." Einzig ein paar vertragliche Details seien noch zu klären, doch "es passt in meinem Alter und es ist ein guter Job. Ich muss mich noch ein bisschen einarbeiten, aber es sieht so aus, dass ich das machen werde." Wo und mit wem er in Zukunft arbeiten werde? "Es gibt in Deutschland zwei Trainingsstützpunkte des Verbands so wie die Südstadt in Österreich - nämlich in Oberhaching bei München und in Hannover", erläuterte Velthuis. "Ich gehe nach Hannover. Ich werde dort mit Jungs unter 18 arbeiten, mich um den Aufbau deutscher Talente kümmern." Sein Vertrag sei zunächst für zwei Jahre anberaumt. "Es wird bisschen ein anderer Abschnitt in meiner Tennisarbeit" - mit dann wohl nur noch ca. 15 bis 20 Wochen auf Reisen, etwa auch zu den Jugend-Grand-Slams, und vor allem auch mehr Zeit für die Familie.
Trennung von Melzer "schon emotional", aber...
Auch Velthuis freute sich über den perfekten Schlusspunkt der Zusammenarbeit mit Melzer in Wroclaw: "Es war geiles Tennis", strahlte er. "Als wir angekommen sind und er auf dem Platz trainiert hat, mit einem so schnellen Belag, so glatt wie ein Küchenboden, dachten wir uns nur 'Oh Gott, oh Gott, oh Gott'. Aber er hat gut hineingefunden, und am Ende ist der Tennisspieler Jürgen Melzer herausgekommen. Er hat unglaublich returniert und wollte das Ding unbedingt gewinnen." Für ihn, seinen fast "zweiten Vater"? "Wir haben uns beide gesagt: 'Wie geil wäre es, so abzuschließen?'. Unser Leben ändert sich dadurch jetzt nicht. Doch das waren vielleicht diese paar Prozent extra, die letztlich den Unterschied ausgemacht haben."
Über das Angebot des DTB hatte Velthuis Melzer bereits Ende letzten Jahres unterrichtet. "Er hat mir gesagt: 'Da halte ich dich nicht davon ab' - und hat Verständnis dafür gehabt." Freilich sei lediglich die berufliche Beziehung nun vorbei, "wir sind und bleiben sehr eng miteinander. In zwei Wochen bin ich schon wieder in Wien und besuche ihn. Unser Verhältnis geht normal weiter." Trotzdem sei diese Trennung "schon emotional. Aber das ist der Sport. Wir haben die guten und die schlechten Zeiten miteinander erlebt. Als wir miteinander zu arbeiten begonnen haben (mit Velthuis zumeist als Fitnesstrainer; Anmerkung), war er um 100 in der Welt - paar Jahre darauf war er die Nummer acht. Es waren zehn lange, super und perfekte Jahre", blickte Velthuis zurück. Auch Spieler wie Andrei Pavel, Dusan Lajovic und Ex-French-Open-Finalist Martin Verkerk habe er betreut - "aber das waren keine Melzers. Jürgen hat es weit nach oben geschafft. Nicht nur, weil er sehr viel Talent hat, sondern weil er ein absoluter Profi ist, immer für den Sport gelebt hat."