"Domi" Thiem macht Überstunden
Im Vergleich zu seinem Auftaktmatch glückt Dominic Thiem beim Grand-Slam-Turnier in Melbourne eine klare Leistungssteigerung. Trotz eines unnötigen Satzverlusts.
von Manuel Wachta
zuletzt bearbeitet:
19.01.2017, 13:30 Uhr
Ohne viel Glanz, aber mit großem Kampfgeist hatte Dominic Thiem seine erste Hürde bei den Australian Open 2017 mit dem 4:6,-6:4,-6:4,-6:3-Sieg über den Deutschen Jan-Lennard Struff (ATP 56) bewältigt. Am Donnerstag ist Österreichs Shootingstar nun aber eine recht markante Leistungssteigerung geglückt, der 23-Jährige hat beim Grand-Slam-Turnier von Melbourne in Runde zwei eine in Summe starke Vorstellung hingelegt. Der achtgelistete Niederösterreicher (ATP 8) schlug in der Night Session der Margaret Court Arena, dem drittgrößten Stadion der Anlage, den 22-jährigen Einheimischen Jordan Thompson (ATP 76) nach knapp 2:45 Stunden Spielzeit glatt mit 6:2, 6:1, 6:7 (5), 6:4, trotz unnötiger Überstunden. Der Lichtenwörther steht damit so wie letztes Jahr in Runde drei, über die er in Down Under noch nie hinausgekommen ist. Um das bei der diesjährigen Ausgabe des Millionen-Events im Melbourne Park zu ändern, braucht es am Samstag einen weiteren Coup über Benoit Paire, gegen den er im Einzel ebenso noch nie gespielt hat. Der Franzose (ATP 47) setzte sich zuvor, im Showdown zweier Tennis-Diven, gegen den Italiener Fabio Fognini (ATP 48) nach epischer, knapp dreieinhalbstündiger Schlacht mit 7:6 (3), 4:6, 6:3, 3:6, 6:3 durch.
Unnötiger Satzverlust nach zeitweiser Galavorstellung
Thompson war bei den ATP-World-Tour-250-Vorbereitungsturnieren der vergangenen beiden Wochen in Brisbane und Sydney nicht nur ein Doppel-Premierentitel auf der Tour bei ersterer Veranstaltung vergönnt gewesen, er hatte zudem im Einzel einen Matcherfolg mehr als Thiem verzeichnet, der jeweils nach einem Freilos und einem Erfolg im Viertelfinale gescheitert war. Doch in Melbourne gab der Schützling von Österreichs Starcoach Günter Bresnik von Beginn den Ton an, diktierte von der Grundlinie das Geschehen, hetzte Thompson vor den Augen der diesen betreuenden australischen Tennislegende Lleyton Hewitt quer über den Platz und holte sich mit aggressiver Spielweise gleich zwei Breaks zum 1:0 und 4:1. Per Doppelfehler musste er ein Rebreak zum 4:2 hinnehmen und hielt nach sechs Games bereits bei 13 unerzwungenen Fehlern. Was freilich auch daran lag, dass Thompson laufstark viele Bälle noch zurückbrachte - und die Statistik nicht die erzwungenen Fehler aufzeigt, zu welchen er von Thiem allerdings oftmalig getrieben wurde, sodass zunächst lediglich zwei Winner des Österreichers auf dessen Habenseite standen. Thiem holte sich sein Doppelbreak jedenfalls sogleich wieder zurück und servierte trotz 0:30 zur 1:0-Satzführung aus.
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Am Anfang des zweiten Durchgangs musste er bei 0:1 einen Breakball abwehren - es war der Startschuss zu seiner klar stärksten Phase. Von 2:1 und 0:15 weg gewann er gar 14 Punkte am Stück bis zu einem 5:1 und 0:30 bei Aufschlag Thompson und schnappte sich das dritte Break zum 2:0 in Sätzen. Nicht mal eine Stunde war zu dem Zeitpunkt gespielt, im Schnelldurchlauf schien es dem Ende zuzugehen. Doch nachdem Thiem anfangs ein 15:40 umdrehte, ließ er bei 2:1 und 0:40 sowie 3:2 und 30:40 vier Chancen zur Vorentscheidung aus. Es kam jedoch noch dicker: Zwar musste er bei 4:4 selbst noch einmal eine Breakmöglichkeit zunichtemachen, ein Matchball bei 6:5 und seine 5:2-Führung mit zwei Minibreaks im Tiebreak sollten ihm danach aber auch nicht zur Entscheidung genügen. Viel zu viele Eigenfehler schlichen sich bei ihm in diesen Augenblicken wieder ein: Es wurden katastrophale 22 im ganzen Abschnitt. Thompson packte bei 4:5 aus seiner Sicht zwei gute Aufschläge aus, verwertete seinen zweiten Satzball - und Thiem fand sich plötzlich komplett unnötigerweise in einem vierten Durchgang. Dort ließ er dafür nichts mehr anbrennen, er gewann sogleich die ersten neun Punkte und konnte es sich leisten, bei 4:2 noch zwei Chancen aufs Doppelbreak zu verspielen.
Thiem: "Die ersten zwei Sätze waren traumhaft von mir"
Thiem fiel wiederholt in alte Muster, agierte oftmals zu ungeduldig, wollte zu früh den Punkt, doch verlor bis zum Schluss gerade mal noch zwei Punkte bei eigenem Aufschlag und machte bei diesem zu null den Sack zu. "Die ersten zwei Sätze waren traumhaft von mir, danach ist es noch ein enges Match geworden", befand er beim Siegerinterview auf dem Court und betonte, dass es "sehr taff" war, gegen Thompson zu spielen. "Es ist offensichtlich, dass ich zwei Sätze lang sehr gut gespielt habe. Aber er ist ein Kämpfer und er hat eine große Zukunft vor sich, da gibt's gar keine Zweifel darüber." Viel Gefallen fand Thiem dran, in der Nacht vor solch einer Kulisse antreten zu dürfen: "Das war meine erste Night Session bei den Australian Open. Eine unglaubliche Erfahrung, und ich freu' mich schon auf meine nächste, und ich hoffe, dass mich die Leute mögen und ihnen mein Spiel gefällt", sagte er und bedankte sich für die fantastische Atmosphäre in der Arena. "Sie waren alle für ihn, aber sehr fair, und das hat eine Menge Spaß gemacht, man spielt nicht jeden Tag vor 7500 Leuten", erläuterte er in seiner Pressekonferenz, dass er mit der Heimstimmung keinerlei Probleme gehabt habe. Im Gegenteil. Er sehe für sich außerdem sogar einen kleinen Vorteil in der Margaret Court Arena: "Ich finde, dass es in dem Stadion um einiges langsamer ist, was mir doch sehr entgegenkommt, es waren richtig schöne Bedingungen, um zu spielen, windstill."
Doch Thiem wäre nicht Thiem, wenn er sich nicht auch selbstkritisch geäußert hätte. Wozu er einen Grund sah. "Das Einzige, was ich bekritteln kann: Ich hätte vielleicht 45 Minuten kürzer auf dem Platz stehen können - ich habe im dritten Satz ja sehr viele Chancen gehabt, aber das kann halt passieren." Besonders der vergebene Matchball sei "natürlich bitter gewesen, es war doch ein Ball, den man vorbeispielen kann", im Tiebreak habe Thompson in der Entscheidung dann auch einige gute Punkte gespielt. "Dann ein, zwei dumme Fehler von mir - und schon ist der Satz weg." Positiv hob er freilich auch hervor: "Ich habe das dann doch gut abgehakt. Und dann bin ich wieder gut in den vierten Satz gestartet. Ich habe gewusst, dass ich, wenn ich die Intensität im vierten hochhalte, sehr gute Chancen habe. Natürlich hat's mir sehr in die Karten gespielt, dass ich ihn gleich im ersten Spiel gebreakt habe. Wenn ich das nicht geschafft hätte, könnte es vielleicht enger werden. Doch ich habe das dann sehr gut nach Hause gespielt." Auf seiner offiziellen facebook-Fanseite äußerte sich Thiem im Wesentlichen genauso hocherfreut - vor allem über die erste Hälfte des Spiels: "Die ersten beiden Sätze waren richtig gut, so gut habe ich sicherlich schon lange nicht mehr gespielt in einem Match."
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Hier die Ergebnisse der Australian Open: Einzel, Doppel, Einzel-Qualifikation.