Der Mann an ihrer Seite, der Mann hinter Kerbers Erfolg

Benjamin Ebrahimzadeh trimmt die deutsche Frontfrau auf Weltklasse-Kurs und macht sie zur Garantin für stabil gute Ergebnisse.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 17.01.2014, 17:51 Uhr

Wer in diesen Grand-Slam-Tagen von Melbourne die Matches von Angelique Kerber verfolgt, der bekommt auch ihn früher oder später zu Gesicht. Und zu Gehör. Und so schnell wird man ihn dann auch nicht vergessen, ihn, Benjamin Ebrahimzadeh, den 34-jährigen Coach, der seine tüchtige Arbeitgeberin so leidenschaftlich begleitet und unterstützt, mal mit eindringlichen Worten der Beruhigung, mal mit sanfter, aber bestimmter Anfeuerungs-Rhetorik. Und oft genug auch mit feurigen Motivationsgesten und einpeitschenden Rufen. Einen „tollen Job" mache Ebrahimzadeh bei Kerber, der besten Deutschen im Wanderzirkus der Profis, sagt Fed-Cup-Chefin Barbara Rittner.

Sie ist gerade bei den Australian Open Augenzeugin der letzten Erfolgsstation dieser gedeihlichen Allianz: Dort nämlich, im hitzegeplagten Melbourne, erweist sich Kerber als Muster für Solidität und Berechenbarkeit auf großer Tennisbühne. Am Ende der ersten Woche, die Deutschlands Frontfrau mit einem 6:3,-6:4-Sieg gegen die US-Amerikanerin Alison Riske und dem Einzug ins Achtelfinale abschloss, bestätigte sich auch der Langzeittrend im deutschen Lager - inmitten vieler launischer Kantonistinnen ist die Kielerin der stabile Kern der Truppe, die zentrale Figur, die mit der größten Professionalität und Effizienz durch die Tenniswelt zieht. Typisch für Kerber, dass sie an diesem Samstag, ihrem 26. Geburtstag, gleich eine Extraschicht Training für sich ansetzte, zur Bereinigung der Aufschlagdefizite, die sie bei sich während der keinesfalls leichten Grand-Slam-Drittrundenpartie festgestellt hatte. „Ich will die Dinge immer so perfekt wie möglich machen. Ich arbeite auch gerne an mir selbst", sagt Kerber, die im Achtelfinale nun auf die Italienerin Flavia Pennetta trifft, eine Spielerin, die sie bei ihrem ersten großen Siegeslauf, bei den US Open 2011, auf dem Weg ins Halbfinale besiegte.

Rittner: „Er hat ganz schnell neue Impulse gesetzt"

Und damit wäre man dann auch wieder bei dem gebürtigen Saarbrücker Ebrahimzadeh, den Kerber vor diesem New Yorker Coup in der Offenbacher Tennisakademie von Alexander Waske und Rainer Schüttler kennengelernt hatte. „Wir haben ganz schnell auf einer Wellenlänge gefunkt. Das ist wichtig", sagt Kerber, „gut zusammenarbeiten kann man nur, wenn man sich auch gut versteht." Kerbers Aufenthalt in der University vor knapp zweieinhalb Jahren war jedenfalls die tatsächliche Initialzündung ihrer nun immer verheißungsvolleren Karriere, die sie schon einmal bis auf Platz fünf der Weltrangliste geführt hat.

Ebrahimzadeh teilte sich die Traineraufgaben bei Kerber lange Zeit mit dem Schleswig-Holsteiner Torben Beltz, auch weil er für die Akademie andere Jobs zu erledigen hatte - etwa, den Schwaben Cedrik-Marcel Stebe zu betreuen oder in Offenbach jugendliche Spieler auszubilden und zu formen. Im letzten Sommer freilich, als Kerber in eine Krise rutschte, ganz einfach, weil der äußere und innere Erwartungsdruck ihr über den Kopf gewachsen waren, rückte Ebrahimzadeh als Feuerwehrmann an ihre Seite - in einer Red-Adair-Hilfsmission. „Benni ist ein Mann, der für Veränderung steht beim Coaching", sagt Beobachterin Rittner, „er hat dann auch ganz schnell neue Impulse gesetzt und das Ego von Angie gestärkt."

Muss Ebrahimzadeh bald fliegen?

Schon bald waren die Veränderungen unübersehbar. Kerber spielte mit größerer Lust an der Attacke, war schlicht mehr drauf aus, die Punkte selbst zu erzielen und nicht bloß auf Fehlleistungen ihrer Rivalinnen zu warten. „Ich hatte ihr auch gesagt: Du hast keinen Grund, Trübsal zu blasen. Zieh' dich nicht dauernd runter. Du bist immer noch eine der Besten der Welt." Die Besinnung auf alte und neue Stärken führte zu einem famosen Endspurt, bei dem Kerber auch dank Ebrahimzadehs souveräner Trainertätigkeit noch den letzten direkten Qualifikationsplatz für die WM belegte - und so mit einem mehr als versöhnlichen Gefühl die Saison 2013 beendete. „Da habe ich auch den entscheidenden Rückenwind für 2014 genommen", sagt Kerber und schickt ein dickes Lob für Ebrahimzadeh hinterher, der inzwischen als alleiniger Vollzeittrainer amtiert: „Er hat mich wieder so aufgestellt, dass ich diese Topleistungen bringen konnte."

Leicht hat sich Ebrahimzadeh, Familienvater von zwei Kindern, die Entscheidung für den Fulltime-Job nicht gemacht - ganz einfach, weil er immer bemüht war, eine gesunde Balance zwischen Arbeits- und Privatleben zu halten. Doch die Chance, an der Seite einer Top-Ten-Spielerin mit Perspektive zu arbeiten, wollte sich der Tennislehrer auch nicht einfach so entgehen lassen. Nun ist er also ganz an Bord bei Kerber, und das birgt auch mal gewisse Risiken. Die wettfreudige Kielerin hat per Handschlag mit Ebrahimzadeh vereinbart, dass der bei Erreichen des Australian-Open-Halbfinales zum gemeinsamen Hubschrauber-Rundflug anzutreten hat - für den von Flugangst geplagten Deutsch-Iraner eine ordentliche Bringschuld. „Ich hasse den Gedanken an diesen Flug", sagt Ebrahimzadeh, „aber ich liebe den Gedanken ans Halbfinale."

von tennisnet.com

Freitag
17.01.2014, 17:51 Uhr