Federer-Bespanner Ron Yu: "Unsere Einnahmen sind quasi bei Null"
Ron Yu ist 23 Grand-Slam-Siege schwer - bei so vielen Major-Siegen seiner Schützlinge hat er die Schläger präpariert. Aktuell ist Yu, wie viele andere im Tennisbereich, aufgrund des Coronavirus größtenteils außer Gefecht gesetzt.
von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet:
20.05.2020, 14:26 Uhr
Andre Agassi, Lleyton Hewitt, Stan Wawrinka und Roger Federer - Ron Yu hatte bei 23. Grand-Slam-Siegen dieser Profis seine Hände im Spiel. Oder besser gesagt: vorm Spiel. Nämlich an den Rackets. Yu ist in den USA bei der Firma "Priority One" angestellt, einst von Nate Ferguson gegründet, dem Racket-Techniker von Pete Sampras.
Wie viele in der Coronakrise ist auch Yu mit weniger Arbeit bedacht als üblich, "unsere Verträge mit den Spielern sehen so aus, dass sie uns bezahlen fürs Bespannen und Tunen, wenn sie spielen. Und auf Turnieren", sagte Yu in einem Gespräch mit der New York Times. "Aktuell sind unsere Einnahmen quasi bei Null." Yu bespannt anstatt der üblichen 25 bis 30 Rackets pro Tag (auf Turnieren) nur noch einen oder zwei für Hobbyspieler. Und hat einen anderen Teilzeitjob angenommen, "der mir gezeigt hat, wie sehr ich Tennis immer noch liebe".
Auch viele befreundete Besaiter hätten rund 80 bis 90 Prozent ihres Einkommens verloren. "Selbst in normalen Zeiten wird man mit diesem Job nicht reich. Man kann vielleicht ein nettes, entspanntes Mittelklasseleben führen. Aber aktuell ist es hart für die Tennisgemeinschaft, für Bespanner oder Geschäfte."
"Fast immer volles Tempo"
Dass die Saiten-Revolution das Tennis verändert hat, das bestätigt auch Yu. "In den alten Zeiten, wenn die meisten Jungs mit Naturdarm gespielt haben, konnte man nicht die ganze Zeit so schnell durchziehen, wie man wollte. Weil man nach fünf oder sechs Schlägen die Kontrolle verloren hat. Darmsaiten sind meist sehr lebendig." Heutzutage müssten die Spieler etwas mehr Topspin in den Schlag legen, "aber sie schlagen dafür fast immer volles Tempo. Selbst wenn es ein enger Punkt ist, unter enormem Druck, returnieren sie und schlagen sie so hart sie wollen." Oder wenn jemand ans Netz komme und der Gegner aus vollem Lauf und voller Streckung einen Crosscourt-Winner hinzimmere. In solchen Fällen denke er: "Diesen Schlag hätte es vor 25 Jahren nicht gegeben."
Dass er einst sein Studium aufgegeben habe, um Bespanner zu werden, habe seiner Familie zwar nicht gepasst. Mittlerweile sei dieser Schmerz fast vergessen. "Meine Mutter mag die Tatsache, dass sie ihren Freunden in Korea sagen kann: 'Mein Sohn ist mit Roger Federer befreundet und arbeitet mit ihm.' Das hat den Schmerz etwas gelindert."