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"Die Götter wollten ihren Sieg"

"Miss 100.000 Volt" kam, sah - und siegte: Jelena Ostapenko hat völlig überraschend die French Open gewonnen und ist der neue Stern am Tennis-Himmel. Die 20-jährige Lettin avancierte zur Hoffnungsträgerin für eine ganze Branche.

von SID
zuletzt bearbeitet: 11.06.2017, 19:43 Uhr

Beim offiziellen Fototermin am Sonntag: Jelena Ostapenko

Der neue Stern am Tennis-Himmel hatte auch nach einer langen Partynacht nichts an Strahlkraft verloren. Jelena Ostapenko posierte beim offiziellen Fototermin im Stade Roland Garros ganz schick im kurzen Schwarzen und in High Heels.

Ihre Trophäe blickte die Überraschungssiegerin der French Open dabei ein wenig verdutzt an. "Ich kann es immer noch nicht glauben, ein Traum ist wahr geworden", sagte Ostapenko und schwebte auch 18 Stunden nach ihrem 4:6, 6:4, 6:3-Finalcoup gegen Simona Halep (Rumänien/Nr. 3) auf Wolke sieben.

Erst mal shoppen in Paris

Ein paar Luxusprobleme hatte die erste ungesetzte Siegerin von Roland Garros seit 1933 dann aber doch. "Was ich mit dem Preisgeld mache? Bestimmt keinen Fernseher kaufen. Lieber schön Shoppen gehen hier in Paris - aber da fehlt mir ja eigentlich die Zeit", sagte die 20-jährige Ostapenko - und grinste keck.

Die 2,1 Millionen Euro an Prämie waren das eine, die Bedeutung ihres Siegeszuges an der Seine das andere. "Die Götter wollten, dass Ostapenko gewinnt. Sie ist der neue Star der Damenszene, die nach einem neuen Gesicht gesucht hat", schwärmte Eurosport-Experte Boris Becker von Spielstärke und Charisma der manchmal noch so kindlich wirkenden Lettin.

OstaPENGko begeisterte nicht nur die kritischen Franzosen mit ihrer erfrischenden Hau-Drauf-Mentalität. "Süchtig nach Risiko" beschrieb die "New York Times" ihre Spielweise. Messungen haben ergeben, dass die ehemalige Turniertänzerin ("Samba ist mein Favorit") die Vorhand im Durchschnitt härter geschlagen hat als der britische Weltranglistenerste Andy Murray (122,3 km/h:117,5 km/h).

"Ich spiele eben so, wie ich charakterlich auch bin", meinte Ostapenko dazu. Zahlen gefällig? 54 direkten Gewinnschlägen standen im Endspiel 54 sogenannte unerzwungene Fehler gegenüber. "Ich habe mich manchmal wie ein Zuschauer auf dem Platz gefühlt", sagte Halep, die nach dem Gewinn des ersten Satzes auch im zweiten Durchgang mit 3:0 geführt hatte.

"Ein Star wurde geboren"

Doch Ostapenko schlug im wahrsten Sinne des Wortes zurück. "Ich habe mir einfach gesagt: 'Hab Spaß und kämpfe bis zum letzten Punkt.'" Symptomatisch, dass die Tochter eines Profifußballers den ersten Matchball nach knapp zwei Stunden mit einem krachenden Return-Winner verwandelte.

"Ich war eigentlich nicht nervös und habe die Nacht vorher super geschlafen", berichtete "Penko", deren erster Turniersieg gleich der Coup bei den French Open war. So wie bei Publikumsliebling Gustavo Kuerten (Brasilien) am 8. Juni 1997: Genau an diesem Tag wurde Ostapenko geboren.

Und die jüngste Paris-Gewinnerin seit 20 Jahren hat große Ziele. "Ich würde gerne noch andere Grand Slams gewinnen", sagte Ostapenko, die bereits seit sieben Jahren einen Manager hat: "Und wenn ich einen guten Tag habe, dann ist alles möglich."

In der Weltrangliste verbesserte sie sich von Platz 47 auf zwölf. Halep verpasste es indes, Angelique Kerber (Kiel) an der Spitze des WTA-Rankings abzulösen.

"Ein Star wurde geboren. Ich erwarte aufregende Zeiten mit Jelena", meinte US-Ikone Chris Evert. Auch Staatspräsident Raimonds Vejonis gratulierte dem ersten lettischen Major-Champion am Handy. Regierungschef Maris Kucinskis twitterte: "Lettland kann sich jetzt auch Tennisgroßmacht nennen."

Bei ihren Kolleginnen ist die eigenwillige Powerspielerin allerdings nicht durchweg beliebt. Die L'Equipe nannte sie nicht voller Ehrfurcht nur "Miss 100.000 Volt", sondern auch "Pest". Im vergangenen Jahr hatte Ostapenko in Auckland den Schläger durch die Gegend gefeuert, der dann einen Balljungen traf. Vergessen. "A Star is born."

Jelena Ostapenko im Steckbrief

von SID

Sonntag
11.06.2017, 19:43 Uhr