Lucas Pouille - Mit den Waffen einer Frau ins Halbfinale der Herren
Ende 2018 hat sich Lucas Pouille einen neuen Coach gesucht. Mit dem Einzug in sein erstes Halbfinale bei einem Grand-Slam-Turnier hat der Franzose gezeigt: Amélie Mauresmo war die absolut richtige Wahl.
von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet:
24.01.2019, 13:55 Uhr
Es ist schon eine ironische Fußnote, dass sich Lucas Pouille ausgerechnet bei seinem Lieblingsfeind im Tennis-Universum bedanken müsste. Pouille ist einer der schärfsten Kritiker des neuen Davis Cup-Modus, er hat den Präsidenten des Weltverbandes, den Amerikaner David Haggerty, gern, ausdauernd und scharf attackiert für dessen „Zerstörung der großen Traditionen.“
Aber Haggerty, der vielgescholtene Oberhäuptling, machte indirekt auch den Weg frei für eine neue Karriereperspektive des couragierten, streitlustigen Franzosen. Weil Amelie Mauresmo, die frühere Weltklassespielerin und Weltranglisten-Erste, dem „Neuen Davis Cup“ nichts abgewinnen konnte, verzichtete sie auf ihre Berufung zur Teamchefin der Franzosen. Mauresmo war frei für andere Aufgaben, Pouille ergriff die Chance – und zusammen bilden sie nun in Melbourne „ein Traumpaar“, wie die Sportbibel „L `Equipe“ freudig notierte.
Pouille von Mauresmo beeindruckt
Gleich auf den ersten Metern der neuen Allianz stieß Pouille in bisher unentdecktes Terrain vor, als stolzer Halbfinalist der Grand-Slam-Festspiele von Melbourne, am Freitag trifft er ab 9:30 Uhr auf den Weltranglisten-Spitzenreiter Novak Djokovic. „Es ist beeindruckend, wie Amelie arbeitet. Es ist genau die Inspiration, die ich gesucht habe“, sagte Pouille. Dass er immer wieder nach seiner vermeintlich ungewöhnllichen Personalentscheidung gefragt wurde, rang dem 24-jährigen Gallier nur ein müdes Lächeln ab: „Mann oder Frau, das ist doch egal. Es geht um Kompetenz und Klasse. Und da ist Amelie ganz vorne.“
Mauresmo, die auch schon einmal an der Seite von Britanniens Star Andy Murray gewirkt hatte, scheint Pouille vor allem den (verloren gegangenen) Spaß am Tennis zurückgegeben haben. In der vergangenen Saison hatte der wuselige Grundlinienspezialist früh die magische Grenze zum Revier der Top Ten überschritten. Doch danach ging es abwärts – und zwar unaufhörlich. Als zum Spielzeit-Ultimo abgerechnet wurde, fand sich Pouille auf Rang 32 wieder, mit negativer Jahresbilanz. „Ich hatte die Lust an meiner Arbeit verloren, es war eine große Frustration damals“, sagt Pouille.
Überraschungs-Coup gegen Milos Raonic
Mauresmo kam in der Not wie gerufen. Die zweimalige Grand Slam-Siegerin ist bekannt für ihre akribische Arbeit, auch für ein herausforderndes Trainingsprogramm. „Ich nahm schnell ein paar Kilos ab, wurde drahtiger, wieder beweglicher“, sagt Pouille, „aber das Wichtigste war: Ich fühlte mich besser. Und ich genoß wieder, was ich tat.“ So ackerte und rackerte er sich auch durch schwere Startrunden in Melbourne durch, erspielte sich mit dem Viertelfinal-Überraschungscoup gegen den Aufschlagkanonier Milos Raonic (den Zverev-Bezwinger) das Rendezvous mit Djokovic. Kann er dem Djoker den Spaß verderben, ihn stoppen auf dem Weg zum siebten Titel? „Ich gehe mit Schwung und Überzeugung rein in dieses Spiel“, so Pouille, „es ist alles möglich.“