Novak Djokovic - Die Dominanz des "Mr. Australia"

Novak Djokovic hat mit einem Drei-Satz-Erfolg gegen einen angeschlagenen Roger Federer das Endspiel der Australian Open 2020 erreicht. Am Sonntag spielt der Serbe um seinen achten Titel Down Under.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 30.01.2020, 14:03 Uhr

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Ein Sieg noch - dann sind es acht Melbourne-Titel für Novak Djokovic
© Getty Images
Ein Sieg noch - dann sind es acht Melbourne-Titel für Novak Djokovic

Wenn Novak Djokovic an den allerletzten Australian-Open-Tagen noch immer im National Tennis Center zu Melbourne gesichtet wird, ist Gefahr für seine Gegner im Verzug. Oder besser: Aussichtslosigkeit. Denn seit der „Djoker“ sich mit seinem überhaupt ersten Grand-Slam-Sieg 2008 Down Under als kommende Größe im Welttennis ankündigte, hat er die schließlich entscheidenden Matches auch nie mehr verloren. Sieben Mal erreichte Djokovic bis zum 2020er Turnier insgesamt das Halbfinale, sieben Mal stand er danach im Endspiel – und stets reckte er auch den Gewinnerpokal in der Rod Laver Arena in die Höhe. 

Djokovic wurde zum Rekordchampion des Auftakt-Majors am anderen Ende der Welt, und am kommenden Sonntag kann der Serbe seinen Nimbus als „Mister Australia“ (The Age) und seine Bestwerte noch weiter ausbauen: Gegen einen sichtlich angeschlagenen Roger Federer zeigte sich Djokovic in der Nachtshow des Donnerstags nach enormen Startproblemen mit 7:6 (7:1), 6:4 und 6:3 souverän und ist damit drauf und dran, seine makellose Serie auf der Zielgeraden in Melbourne zu verlängern. Den achten Triumph können ihm jetzt nur noch Alexander Zverev oder Dominic Thiem verwehren – die Duellanten des zweiten Halbfinales am Freitag (ab 9.30 Uhr/Eurosport, in Österreich bei ServusTV und in unerem Liveticker). „Ich bin glücklich über diesen Sieg, sehr erleichtert“, sagte Djokovic und sprach seinem geschlagenen Kontrahenten sofort Anerkennung aus: „Respekt, dass Roger heute auf den Platz gegangen ist. Er war verletzt, aber er hat gespielt und toll gefightet.“ 

Drei-Prozent-Siegchance für Federer

Schön sei es „nicht gerade“ gewesen da draußen auf dem Platz, erklärte der am Oberschenkel gehandicappte Federer: „Ich hatte das Gefühl, dass ich nur eine Drei-Prozent-Siegchance besaß.“ Im Laufe des Tages waren mehrfach Spekulationen aufgekommen, Federer müsse sich erstmals während eines Grand-Slam-Wettbewerbs von den Ausscheidungsspielen zurückziehen. Wann er nach der Adduktorenblessur wieder auf die Tennistour zurückkehren werde, ließ Federer später offen, sein nächster geplanter Start ist Ende Februar in Dubai, seiner Zweitheimat am Golf.

Natürlich erhob sich nach dem 50. Match der beiden Tennisgiganten die übliche Spekulationswelle. Es ging allerdings nicht primär darum, ob Federers bitterer Schlussauftritt bei diesen Australischen Meisterschaften des Jahres 2020 womöglich auch sein letztes Gastspiel gewesen sein könnte. Sondern darum, was gewesen wäre, wenn der 38 Jahre alte Schweizer eine satte 4:1, 40:0-Führung – mit drei Breakbällen gegen den Djokovic-Aufschlag – auch zum Gewinn des ersten Satzes genutzt hätte. Wäre Djokovic dann noch nervöser und fahriger als bis zu diesem Zeitpunkt geworden, hätte sich Federers Alles-Egal-Stil, sein wildes Hurra-und-Vorwärts-Tennis auch länger durchgesetzt, bis zum Überraschungscoup gegen Djokovic? Vermutlich nicht, Djokovic ist auch und besonders gegen Federer der Mann für den langen Atem, einer, der Rückschläge wegstecken kann. In der realen Welt auf dem Tenniscourt, abseits aller Wenns und Abers und Eventualitäten, stellte der Serbe die erwarteten Machtverhältnisse schnell wieder her. Vom 2:5-Defizit an startete er seine persönliche Comeback-Tour, glich zum 5:5 aus, war dann die dominierende Erscheinung beim 7:1 im Tiebreak.

Thiem und Zverev kommen näher

Federer marschierte nach dem verschenkten Satz frustriert in die Umkleidekabinen, er wurde dort, wie auch schon in der Partie gegen den Amerikaner Sandgren, am Oberschenkel behandelt. Das Match ging weiter, Federer gab an diesem Tag genau so wenig auf wie zuvor in über 20 Karrierejahren und 1512 Matches. Aber eine reelle Chance auf eine Umkehr, auf einen Sieg hatte er nicht mehr, Djokovic punktete in den entscheidenden Momenten, mit dem Break zum 6:4-Erfolg in Satz 2 und dann noch einmal mit dem Break zum 4:2 im dritten und dann auch letzten Akt. Und dann blickte Djokovic voraus, zum Finale, zur Herausforderung gegen einen der Spitzenleute der nächsten Generationen, gegen Zverev oder Thiem: „Sie kommen uns immer näher, Roger, Rafa und mir“, so der 32-jährige Serbe, „aber wir wollen unsere Dominanz gerne noch ein bisschen verlängern.“ Zunächst die eigene Dominanz. Die Dominanz in Melbourne. Die Dominanz von „Mister Australia.“

Hier das Einzel-Tableau in Melbourne

von Jörg Allmeroth

Donnerstag
30.01.2020, 21:02 Uhr
zuletzt bearbeitet: 30.01.2020, 14:03 Uhr