Oscar Otte in Stuttgart: „Jetzt nicht auf die faule Haut legen“

Oscar Otte (ATP-Nr. 61) macht beim ATP-Turnier in Stuttgart da weiter, wo er aufgehört hat – und wächst in seine Rolle als Spitzenspieler in Deutschland immer weiter rein. Ein Ende der Fahnenstange sieht er nicht, es soll noch weiter nach oben gehen.

von Florian Goosmann aus Stuttgart
zuletzt bearbeitet: 10.06.2022, 16:45 Uhr

Oscar Otte
© Getty Images
Oscar Otte

Oscar Otte hat es endlich gewonnen, das enge, das knappe Match gegen einen Spitzenspieler. Gegen Denis Shapovalov war es mal wieder knapp – Otte gewann zwei Mal im Tiebreak am Donnerstag. Und knappe Matches auf Rasen sind dann ohnehin noch mal die Spur enger. Ein gut getroffener Return hier, ein Platzfehler dort, es sind die minimalen Unterschiede./

Als einen „wichtigen Schritt in die richtige Richtung“ ordnete Otte seinen Sieg über Shapovalov ein, „das sind die Sachen, die noch fehlen: gegen die Topjungs die Siege nach Hause zu holen.“ Denn es waren viele knappe Spiele für Otte zuletzt, in Indian Wells (gegen Hubert Hurkacz) oder Miami (gegen Gael Monfils), mit dem besseren Ende für die anderen. “Jetzt mal selbst solch eine Partie für mich entschieden zu haben, ist sehr wichtig für mich.“

Oscar Otte und der Handshake mit Andy Murray

Otte hat einen bemerkenswerten Aufstieg hinter sich in den vergangenen Monaten. Bis 2017 rangierte er in Regionen um Platz 500 bis 1000, bis 2021 um Platz 150 bis 200. Seit dem vergangenen Frühjahr aber ärgert er die großen Jungs. Alexander Zverev brauchte in Paris fünf Sätze gegen Otte, Andy Murray in Wimbledon ebenso.

Murray, der große Sportsmann, gab Otte beim Handshake wohlwollende Worte mit: Er solle dranbleiben, so weitermachen, da sei noch mehr drin für ihn! Otte machte weiter, er erreichte bei den US Open aus der Qualifikation das Achtelfinale, siegte bei den Challenger-Turnieren in Ismaning, Ortisei und Bari. Anfang des Jahres zog er erstmals unter die Top 100 der Welt ein, war bei den Australian Open erstmals direkt für ein Grand-Slam-Turnier qualifiziert.

Murrays Worte, sie seien hängengeblieben, verriet Otte in Stuttgart. „Es hat mir sehr viel bedeutet, von solch einer Ikone im Tennissport so etwas zu hören. ‚Dranbleiben, dann kann‘s nach oben gehen!‘ Das habe ich gemacht mit meinem Team. Hatte ich in den letzten Jahren auch schon, aber zum Glück hat‘s letztes Jahr in einigen Bereichen etwas Klick gemacht.“ Es sei ein cooles Gefühl, jetzt quasi oben angekommen zu sein, so Otte. „Aber es noch lange kein Grund abzuheben. Wir arbeiten weiter fokussiert.“

Oscar Otte nach Alexander Zverev die Nummer 2 in Deutschland

Dass er aktuell die deutsche Nummer 2 sei, höre sich „völlig krank an“, befand der Kölner. „Wenn mir vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, hätte ich geantwortet: ‚Alter, was ist mit dir los?‘ Jetzt in dieser Rolle zu sein, ist unglaublich.“ Es pushe ihn noch mehr, so Otte, „ich werde mich jetzt nicht auf die faule Haut legen, sondern in jedem Bereich noch mehr arbeiten, alles noch professioneller angehen. Und hoffentlich noch ganz weit nach oben kommen.“

Denn das sei sein Kindheitstraum, dafür trainiere er seit Jahren. „Ich bin noch in einem ganz guten Alter, werde nächstes Jahr 29, das ist noch lange kein Grund aufzuhören.“ Für Otte, der jahrelang auf der ITF- und Challenger-Tour seine Meriten gesammelt hat, soll es jetzt so richtig losgehen. „Es hat mir auch damals auf den kleineren Turnieren Spaß gemacht, jede Sekunde auf dem Platz zu stehen“, fügte er jedoch hinzu.

Siege wie der gegen Shapovalov, große Matches also, geben einem „mega Selbstbewusstsein“. Es sei nun mal die mentale Ebene. „Wir haben nicht das Rad neu erfunden mit Training oder bei der Ernährung. Das ist professionell, da muss man drauf achten. Aber es ist diese mentale Schiene, dass ich gesehen habe: Du kannst da mitspielen, du gehörst da auch hin. Das hilft einem dann natürlich."

In Stuttgart hat Otte gute Chancen, sich weiter zu beweisen: Viertelfinalgegner am heutigen Freitag (um 11 Uhr) ist der Franzose Benjamin Bonzi, aktuell die Nummer 58 im Ranking und damit nur knapp vor Otte platziert. Tritt er auf wie gegen Shapovalov, mit dem starken Aufschlag, dem Brett beim Return, dem Touch in der Rallye und dem Slice für zwischendurch: Es könnte weitergehen dahin, wo Otte hin will – noch weiter nach oben!

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Zum Einzel-Draw in Stuttgart

von Florian Goosmann aus Stuttgart

Freitag
10.06.2022, 08:05 Uhr
zuletzt bearbeitet: 10.06.2022, 16:45 Uhr