Porsche Tennis Grand Prix: „Das ist unsere DNA!“ - Turnierchef Markus Günthardt im Gespräch
Markus Günthardt, der Turnierdirektor des Porsche Tennis Grand Prix, im Gespräch über starke Teilnehmerfelder, das Streben nach Neuerungen und den Tennisclub der Zukunft.
von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet:
04.04.2023, 11:31 Uhr
Herr Günthardt, in knapp zwei Wochen geht’s los mit dem Porsche Tennis Grand Prix 2023. Das Feld ist bestellt – wie sieht Ihre Arbeit in den kommenden Tagen aus?
Die Teilnehmerinnen stehen ja mittlerweile fest, wir haben wieder die besten Spielerinnen der Welt bei uns in Stuttgart. Die große Hoffnung ist jetzt, dass sich keine mehr verletzt. Aktuell sind wir an den Hotelbuchungen dran. Aber die Konzeptionierung ist abgeschlossen, es geht um die Feinjustierung. Ich sage immer: Mein Stresslevel ist in dieser Phase am niedrigsten, denn ich habe ein super Team – und das beginnt aktuell mit dem Aufbau in der Porsche Arena. Ich werde bei Problemen hinzugezogen, ansonsten läuft das.
Was hat sich durch die „ungewöhnlichen“ drei Corona-Jahre beim Porsche Tennis Grand Prix verändert?
Wir haben surreale Jahre hinter uns. 2020 ist das Turnier ausgefallen, 2021 fand es ohne Zuschauer statt, 2022 in eingeschränkter Form. In diesem Jahr sind wir endlich wieder ein richtiger Porsche Tennis Grand Prix! Wir haben diese Zeit auch zur Weiterentwicklung genutzt, alle Bereiche neu gestaltet. Speziell die Nebenevents, die Mitmach-Aktionen. Das gibt allerdings auch zusätzlichen Druck. Im Vergleich zu einem Autobauer, der sein neues Modell zigtausend Kilometer testet, bevor er es auf die Öffentlichkeit loslässt, geht’s bei uns direkt los: Wenn die Türen aufgehen, muss alles passen. Dann sehen wir, ob wir uns getäuscht oder alles richtig gemacht haben. Aber ich bin zuversichtlich. Es ist auch der Teil, der großen Spaß bereitet. Immer das Gleiche zu machen, ist langweilig. Letztlich ist solch ein Turnier vergleichbar mit einem Porsche 911. Jedes Mal, wenn ich ihn fahren darf, denke ich: Der ist perfekt, das geht nicht besser! Aber es geht doch. Genauso müssen wir unseren Porsche Tennis Grand Prix immer besser machen, konstant weiterentwickeln. Ein Event ist nie perfekt – das ist unsere Philosophie.
Sie haben in diesem Jahr neun Spielerinnen aus den Top 10 der Weltrangliste beim Porsche Tennis Grand Prix versammelt – wieder mal ein enorm starkes Feld!
Das ist unsere DNA! Unsere Hauptbühne ist der Center Court. Wir haben immer großen Wert darauf gelegt, die besten Spielerinnen nach Stuttgart zu holen. In diesem Jahr haben wir neun aus zehn - und siebzehn der besten zwanzig Spielerinnen! Die Nummer zehn der Welt ist bei uns nicht gesetzt, das gibt es nirgendwo! Wir werden oft mit Grand-Slam-Turnieren verglichen, aber wenn man uns mit einem Grand Slam vergleichen will, dann mit der zweiten Woche.
Bei einem Grand-Slam-Turnier oder einem der 1000er-Kategorie kommen ohnehin alle Spielerinnen. Bei 250ern oder 500ern ist das nicht so, man muss um sie werben, Antrittsgelder zahlen. Sie sind offiziell ein 500er-Event, dennoch hat man das Gefühl, es kommen alle...
Wir müssen uns schon um die Spielerinnen bemühen. Das ist in erster Linie die Aufgabe von Anke Huber als Sportliche Leiterin. Sie hat als ehemalige Spielerin leichten Zugang zu diesen Spielerinnen. Aber wir profitieren natürlich von unserem guten Ruf. Junge Spielerinnen, die zu uns kommen, haben schon von uns gehört, sie wollen bei uns spielen. Der Grund ist das Gesamtpaket, angefangen beim Siegerfahrzeug: Wir haben den schönsten und schnellsten Pokal auf der Tour (lacht)! Die Spielerinnen, die den Porsche gewinnen, könnten ihn sich zwar ohnehin leisten. Es geht ihnen aber gar nicht um den Wert, es ist eher ein Pokal, eine zusätzliche Motivation. Dazu versuchen wir, die besten Rahmenbedingungen zu bieten, damit alle ihre Topleistung abrufen. Wir sind zudem das Turnier der kurzen Wege, wie früher schon in Filderstadt. Das Hotel ist direkt an der Porsche Arena, die Spielbedingungen sind perfekt und wir haben ein überragendes Publikum. Die Stimmung in der Halle ist gigantisch – nicht nur, wenn deutsche Spielerinnen antreten. Dieses Adrenalin zu spüren, wenn das Publikum hinter einem steht, ist großartig.
An deutschen Spielerinnen sind in diesem Jahr Tatjana Maria und Jule Niemeier per Wildcard am Start. Wie schwierig war die Entscheidung zwischen den beiden und Laura Siegemund, die den Porsche Tennis Grand Prix 2017 gewonnen hat? Aufgrund des Billie Jean King Cups am Wochenende kann sie nicht mal die Qualifikation spielen.
Wir haben darüber lange diskutiert. Wobei ich mich am Ende herausgehalten habe, das war in erster Linie die Aufgabe von Anke. Sie hat sich für Tatjana Maria und Jule Niemeier entschieden. Die beiden sind die bestklassierten deutschen Spielerinnen, und vor allem: Beide haben im vergangenen Jahr in Wimbledon großartig gespielt, Jule hat das Viertelfinale, Tatjana das Halbfinale erreicht. Hätte es dafür Punkte gegeben, würden beide wesentlich weiter vorne im Ranking stehen. Das rechtfertigt die Entscheidung. Aber Laura wird hoffentlich bei uns Doppel spielen und dort das Publikum zum Kochen bringen.
Hat es Auswirkungen für Sie, dass am Qualifikationswochenende parallel der Billie Jean King Cup in der Porsche Arena stattfindet?
Als vor vielen Jahren erstmals der Fed Cup bei uns in Stuttgart stattfand, haben wir die Qualifikation fürs Turnier komplett in der Schleyer-Halle gespielt – anstatt wie zuvor teils auf dem Center Court. Wir haben gemerkt, dass dies das richtige Konzept ist. Das haben wir also beibehalten. Die Porsche Arena wäre somit ohnehin frei gewesen. Letztlich ist es eine Win-Win-Win-Situation: Für uns ist der Billie Jean King Cup ein Highlight, mit dem wir ins Turnier starten können. Für den DTB ist das in Sachen Infrastruktur super. Und für die deutschen Spielerinnen ist es eine perfekte Vorbereitung auf den Porsche Tennis Grand Prix. Sie haben sich dann schon an den Center Court gewöhnt, und wenn sie gut spielen, starten sie voller Selbstvertrauen ins Turnier. Als Jule Görges in 2011 völlig überraschend den Porsche Tennis Grand Prix gewonnen hat, war das im Zuge des Fed Cups.
Haben die Zuschauer mit einem Ticket für den Billie Jean King Cup wieder freien Zutritt zur Qualifikation am Samstag – wie es früher der Fall war?
Ja, das wird wieder so sein. Mit dem Ticket für den Center Court kann man auch rüber in die Schleyer-Halle zur Qualifikation des Porsche Tennis Grand Prix.
In der Schleyer-Halle bieten Sie in diesem Jahr auch die „Racket Sports World“ an. Die Zuschauer können sich hier an tennisverwandten Sportarten wie Tischtennis, Badminton, Padel und Touchtennis versuchen.
Hier kann jeder mitmachen, wir haben für alle Sportarten verschiedene Felder aufgebaut. Zudem finden Show-Trainings und Wettkämpfe statt – es ist ein Mitmach-Event unter dem Dach des Porsche Tennis Grand Prix. Man hat Zutritt mit dem regulären Ticket, aber es gibt auch günstige Extra-Tickets für die „Racket Sports World“, mit denen man wiederum auch auf Court 1 und den Trainingsplatz kommen kann. Bis zum Freitag werden auf Court 1 ja noch offizielle Matches gespielt, und bei unserem starken Teilnehmerfeld kann da auch mal eine Top-10-Spielerin antreten. Es ist eine Art „Ground Pass“, wie man ihn von Grand-Slam-Turnieren kennt. Außerdem findet ein Länderkampf im Badminton zwischen Deutschland und der Ukraine statt. Hinzu kommen die ersten Deutschen Meisterschaften im Touchtennis. Mit Yonex veranstalten wir außerdem den „Yonex One Tennis-Point Grand Prix“, bei dem nur ein Punkt gespielt wird. Die Sieger spielen am Sonntag vorm Finale des Porsche Tennis Grand Prix auf dem Center Court den Gewinner aus. Bei uns findet auch der Launch von „Tennis is us“ statt, der „Club der Zukunft“ mit einem großen Trainerkongress. Die „Racket Sports World“ geht etwas in die Richtung „Club der Zukunft“, also hin zum Multi-Sport mit Tennis, Padel oder Touchtennis, damit das Clubleben wieder verstärkt aktiviert wird.
Sportarten wie Padel und Touchtennis haben im Vergleich zum Tennis den großen Vorteil, dass sie leichter zu lernen und für Anfänger damit einfacher sind.
Das ist wirklich das Handicap von Tennis, das es technisch sehr anspruchsvoll ist. Das ist bei Padel, Touchtennis oder auch Pickleball anders. Da steht auch die soziale Komponente, der Spaß im Vordergrund. Wenn Tennisclubs ihre Angebote erweitern, ist das eine Riesenchance! In Spanien werden mittlerweile mehr Padel- als Tennisschläger verkauft!
In solch einer vollen Turnierwoche: Können Sie da überhaupt in Ruhe mal ein Match schauen, „Ihr“ Turnier auch genießen?
Ein komplettes Match schaue ich vielleicht am Finalwochenende. Aber ich laufe immer wieder in den Publikumsbereich, um zu spüren, wie das Turnier angenommen wird. Vielleicht merken wir, dass etwas nicht funktioniert wie gedacht. Dann müssen wir reagieren, im nächsten Jahr anders ansetzen. Die Dinge sollen nicht nur neu sein, sie sollen besser werden. Auf dem Papier sieht vieles schön aus, am Ende muss man es jedoch erleben. Aber wenn es am Finalwochenende knallvoll ist, freue ich mich, das zu sehen. Am Ende des Tages ist es das, wofür man arbeitet: eine volle Halle, tolle Stimmung. Wenn das der Fall ist, hat man vieles richtig gemacht.
Herr Günthardt, vielen Dank für das Gespräch und auf einen tollen Porsche Tennis Grand Prix 2023!