Federer: "Niemand kann das vorhersehen"

Nach seinem epischen Triumph bei den Australian Open spricht Roger Federer auf der anschließenden Pressekonferenz über den Umschwung im fünften Satz, die Bedeutung des 18. "Majors" und Spekulationen, eventuell nicht mehr nach Melbourne zurückzukehren.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 29.01.2017, 19:52 Uhr

Zum Anbeißen - Roger Federer freut sich diebisch über seinen fünften Melbourne-Titel

Herr Federer, wie haben Sie diesen späten Umschwung im fünften Finalsatz geschafft?

Roger Federer: Ich habe mir gesagt: "Spiel' frei drauflos. Suche deine Chance, denk' nicht dran, was dein Gegner macht." Es ist halt so, dass der Tapfere belohnt wird, derjenige, der Wagnisse eingeht. Du kannst in einer solchen Situation zweierlei machen. Den Ball im Spiel halten, vorsichtig sein. Oder selbst etwas unternehmen. Ich habe was riskiert, und ich bin dafür belohnt worden. Ich kämpfte weiter, ich glaubte an mich. Das beste Tennis kam zum Schluss, es war fantastisch.

Wie wichtig ist es, mit 18 Titeln Distanz zu Nadal geschaffen zu haben, er hat weiter 14 Grand-Slam-Siege auf seinem Konto?

Federer: Das ist das Unwichtigste jetzt. Mir bedeutet dieses Comeback, dieses epische Finale am meisten. Und dann so ein Erfolg in Australien, wo eigentlich alles begann für mich als Grand-Slam-Spieler. Dort, wo mein großes Idol Rod Laver herkommt. Dort, wo meine früheren Trainer Peter Carter und Tony Roche herstammen.

Titel Nummer 18, diesen besonderen Titel in Ihrer Karriere, gewannen Sie nun gegen Nadal. Gegen den Spieler, der Sie so lange begleitet hat, vielleicht der größte Rivale war.

Federer: Die Rivalität mit Rafael ist besonders, ich denke, wir haben uns gegenseitig zu immer besseren Leistungen angetrieben. Zu besseren Spielern gemacht. Es ist natürlich ein süßer Sieg für mich, weil ich lange auf einen vergleichbaren Erfolgsmoment gegen ihn warten musste. Wir kamen beide ohne Titelerwartungen nach Melbourne, haben uns übertroffen in diesem Turnier. Ich kann auch ehrlich sagen: Gegen keinen hätte ich hier lieber verloren als gegen ihn, gegen Rafa. Die Dimension, der Charakter des Sieges ist nur vergleichbar mit dem French-Open-Erfolg 2009. Auch darauf habe ich so endlos lange hingearbeitet, habe es immer wieder versucht, bin gescheitert. Bis es dann klappte. Nun fühlt es sich sehr ähnlich an, es ist ein Augenblick der großen Genugtuung.

Es war ein wundervolles Turnier, mit Ihnen, mit Nadal und den Williams-Schwestern in den Finals. Millionen Menschen in aller Welt sahen auch etwas, das Ihnen ein gutes Gefühl gab, etwas Schönes in unsicheren Zeiten.

Federer: Am Ende des Tages ist es Sport. Aber Sport kann große Macht entwickeln. Er macht Menschen glücklich, vertreibt manche Sorgen - zumindest zeitweilig. Es waren große Festtage des Tennis, ganz sicher, wie ein Super Bowl.

Sie haben bei Ihrer Siegeransprache auf dem Centre Court für Spekulationen gesorgt, es hörte sich so an, als sei Ihre Rückkehr nach Melbourne unklar.

Federer: Man weiß nie, wie viel Tennis noch in einem drin steckt. Man weiß nie, ob man sich noch mal verletzt. Niemand kann das vorhersehen - und so habe ich das auch gemeint. Es gibt keinen Plan, nicht 2017 nach Melbourne zu reisen. Ich wünsche mir diese Rückkehr, ich hoffe auf diese Rückkehr. Das ist der Stand der Dinge.

(Übersetzung/Bearbeitung: Jörg Allmeroth)

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von Jörg Allmeroth

Sonntag
29.01.2017, 19:52 Uhr