Vier Matchbälle reichten nicht - aber diesmal ging Serena als gute Verliererin

Williams vergab im Viertelfinale der Australian Open gegen Karolina Pliskova (4:6, 6:4, 5:7) die große Chance, ihrem Traum vom 24. Grand-Slam-Sieg wieder sehr nah zu kommen.

Im Gegensatz zu den US Open 2018 hatte der Abschied des US-Superstars diesmal aber Klasse.   

von Ulrike Weinrich aus Melbourne
zuletzt bearbeitet: 23.01.2019, 09:13 Uhr

Serena Williams verließ diesmal als faire Verliererin die Bühne
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Serena Williams verließ diesmal als faire Verliererin die Bühne

Serena hob die linke Hand, winkte mit gefasster Miene ins Publikum und drehte sich danach bei ihrem Abgang vom Centre Court noch einmal kurz rum. Dann verschluckte sie der dunkle Spielertunnel, den die illuminierten Bilder der Sieger und Siegerinnen der vergangenen Australian Open zieren.

 Es ist ein quälend langer Weg, der vom Platz in der Rod Laver Arena bis hin zu den Umkleiden der Profis führt. Gleich siebenmal hätte die 37-Jährige die Gelegenheit gehabt, Porträts von sich an den Wänden zu erspähen.

Doch Williams hatte wohl ganz andere Sorgen. Zum Beispiel: Wie erkläre ich den Leuten diese Viertelfinal-Niederlage, ohne nicht wieder als schlechte Verliererin dazustehen? 

Man muss wissen: Serena Williams ist diesbezüglich ein gebranntes Kind - was sie sich allerdings zum größten Teil selbst zuzuschreiben hat. Der Ruf der Ikone hat in letzter Zeit gelitten, keine Frage.

Erinnert sei an das letztjährige US-Open-Finale gegen Noami Osaka, in dem sie sich mit Stuhlschiedsrichter Carlos Ramos anlegte, drei Verwarnungen inklusive Spielabzug kassierte - und der jungen Japanerin ihren bis dato größten Coup auf der schillerndsten aller Bühnen im Tennis-Universum mächtig verdarb.

„Ich war gedanklich schon halb in der Umkleidekabine“ Karolina Pliskova zu ihrer Situation beim ersten Matchball von Serena Williams

Noch heute denkt Osaka mit gemischten Gefühlen an den Triumph von New York zurück. Soviel zum Thema: Die Zeit heilt alle Wunden. 

Pikanterweise wäre es auch in Melbourne wieder zu diesem reizvollen Generationenduell gekommen. Wenn, ja wenn Serena ihr Viertelfinale gegen Pliskova gewonnen hätte.

5:1 lag die an Position 16 gesetzte Amerikanerin im dritten Satz gegen "Ace Queen" Pliskova vorn, als sich der erste Matchball zum Malheur entwickelte. 

Umgeknickt: Williams-Malheur beim ersten Matchball

Beim ersten Aufschlag unterlief ihr ein Fußfehler, wenig später knickte Williams bei einem Richtungswechsel mit dem linken Fuß um - und die Tschechin machte den Punkt. „Ich war gedanklich schon halb in der Umkleidekabine“, gab Pliskova danach zu.

Beim nächsten Seitenwechsel ließ Williams allerdings nicht den Physio kommen. "Ich hatte nicht das Gefühl, dass das zu diesem Zeitpunkt nötig war", sagte die ehemalige Nummer eins später. Doch offensichtlich war, dass sich die 23-malige Major-Championesse sich nach dem Fehltritt nicht mehr so gut bewegte.

"Ich verkrafte Niederlagen einfach nicht gut" Serena Williams

Ihre beiden folgenden Servicegames gab die Mutter einer einjährigen Tochter zu Null ab, zwischendurch hatte sie beim Stand von 5:4 und Aufschlag Pliskova drei weitere Matchbälle.

"Doch ich kann mir nichts vorwerfen. Karolina hat in diesen Momenten im wahrsten Sinne die Lichter ausgeschossen", meinte Williams. Will heißen: Immer wenn die Nummer sieben der Welt nur noch einen Punkt vom K.o. war, spielte sie "ihr bestes Tennis", wie es ihre Gegnerin beschrieb.

Es sprach für Williams, dass sie nach dieser bitteren Niederlage Pliskova lobte, keine Entschuldigungen suchte - und ihrer eigenen Verletzung kaum Beachtung schenkte. "Mein Knöchel", betonte sie, "scheint okay zu sein."

Serena wollte diesmal keine schlechte Verliererin sein

Serena wirkte relativ gefasst, als sie rund eine Stunde nach ihrem Ausscheiden im pinkfarbenen Jersey und in knapper Shorts vor der Weltpresse saß. Sie war nicht so kurz angebunden wie schon nach anderen Rückschlägen.

Man spürte: Williams wollte keinesfalls erneut die schlechte Verliererin geben, denn auch der Sympathie-Kredit von Superstars ist irgendwann aufgebraucht.

Natürlich kam in der Pressekonferenz die Sprache wieder auf diesen besonderen 24. Major-Titel, dem sie seit ihrem letzten Grand-Slam-Triumph 2017 in Melbourne (bislang vergeblich) hinterherjagt. Williams glaubt noch immer daran, dass sie ihn holen kann und zur australischen  Rekordhalterin Margaret Court aufschließen kann.

Doch die 37-Jährige weiß auch, dass sie selbst ihre größte Gegnerin ist. Schon direkt bei ihrem Comeback nach der Geburt ihrer Tochter Alexis Olympia hatte sie geglaubt, dass "ich gleich wieder gewinne, was eigentlich gar nicht machbar war."

Dass das Aus beim "Happy Slam" sie hart treffe, daraus machte Serena keinen Hehl. Daran ändert auch die veränderte Familiensituation und ihre Rolle als Mutter und Ehefrau keineswegs etwas. "Es ist nicht besser geworden. Ich verkrafte Niederlagen einfach nicht gut", erklärte sie.

Eine gute Verliererin war sie an einem denkwürdigen Mittwoch trotzdem - irgendwie.

    

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von Ulrike Weinrich aus Melbourne

Mittwoch
23.01.2019, 10:30 Uhr
zuletzt bearbeitet: 23.01.2019, 09:13 Uhr

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