ATP Hamburg: Alexander Zverev - "Wir halten immer zusammen"

Nach seiner Halbfinal-Niederlage gegen Nikoloz Basilashvili beim ATP-Tour-500-Turnier in Hamburg schwört Alexander Zverev umso mehr auf familiäre Bande.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 28.07.2019, 11:27 Uhr

Alexander Zverev sr. und jr. - ein eingespieltes Paar
© Getty Images
Alexander Zverev sr. und jr. - ein eingespieltes Paar

Alexander Zverev war schon fast draußen aus der Spielerlounge an diesem späten Samstagnachmittag, da traf er zufällig noch auf einen alten Hamburger Bekannten. Doch auch dem Freund aus vergangenen Zeiten hatte Zverev vor allem nur ein Wort zu sagen. mit wiederholtem Kopfschütteln: „Unglaublich.“ Und es stimmte ja auch. Es war unglaublich, was Zverev in seinem letzten Stündlein, in den allerletzten Spielminuten am Rothenbaum passiert war. Es war unglaublich dramatisch. Aber mehr noch: Es war unglaublich bitter. Den Sieg, den Finaleinzug vor Augen, verlor er nach einer 5:2-Führung im Tiebreak des dritten, entscheidenden Satzes noch mit 4:6, 6:4 und 6.7 (5) gegen Titelverteidiger Nikoloz Basilaschwili. Zwei Matchbälle hatte er vorher schon vergeben, bei einer 5:3-Führung im letzten Akt. Ein Tag zum Vergessen, nicht einfach so abzuhaken: „Es tut schon sehr weh jetzt. Ich habe hier, in meiner Heimatstadt, jahrelang nicht gespielt, habe alle Chancen der Welt“, so Zverev, „und jetzt stehe ich mit leeren Händen da.“

Allerdings: Aus dem Nichts kam dieser Alptraum der verpassten Möglichkeiten keineswegs. Zverev hat es wieder und wieder erlebt in dieser turbulenten Saison – sein Dilemma, die wirklich finalen Punkte mit Nervenstärke und Souveränität zu spielen, mit einer Mischung aus Power und Präzision. Der Tiebreak am Samstag, auf dem Hamburger Heimterrain, war nur der traurige Höhepunkt einer Serie von wichtigen Matches, die der 22-jährige ATP-Weltmeister noch nach Siegpunkten aus der Hand gab. Oder in denen er es noch einmal unnötig spannend machte. Allein bei den French Open vergab Zverev in zwei Partien einen komfortablen 2:0-Satzvorsprung, musste Überstunden einlegen, um schließlich viel zu aufwändig eingefahrene Siege zu verbuchen. Auch in der Zweitrundenpartie der Australian Open gegen den Franzosen Jeremy Chardy nahm Zverev nach 2:0-Führung einen ähnlich kostspieligen Umweg. Nun sogar die ausgelassenen Hamburger Matchbälle, mit zu passivem, unentschlossenem Vorgehen: „Das ist jetzt schon ein paar Mal passiert. Ich muss meine Chancen einfach besser nutzen“, sagte Zverev, „ich hoffe, dass sich das bald ändert.“ Es wäre auch Zeit, dass sich da etwas dreht für Zverev – bevor sich dieses Zittern und Zögern vor dem Zielstrich noch zu einer schwereren Blockade ausweitet.

Unfreundliche Intervention von Ivan Lendl

Zverev hätte die Geschichte vom erfolgreich zurückgekehrten Hamburger Jung´ gerne bis zum Ende erzählt, bis zu einem strahlenden Siegermoment am Finalsonntag. Doch nach dem völlig unnötigen Ausrutscher in der Vorschlussrunde nagten nun eher Frust und Traurigkeit am deutschen Spitzenmann. Der Neubeginn in turbulenten Zeiten war irgendwie verhagelt durch eine Niederlage, die Zverev „besonders bitter“ erschien, die sogar einer der bittersten Fehlschläge überhaupt in seiner noch jungen Karriere war. „Es ist kein schönes Gefühl gerade“, sagte Zverev, und es klang eher nach einer ziemlichen Untertreibung. Nach der unfreundlichen Intervention seines ehemaligen Coachs Ivan Lendl, der in der Nacht zum Freitag die kühle Scheidungsbotschaft unabgesprochen übermittelte, hätte Zverev sicher auch gern mit einem süßen Sieg auf dem Centre Court geantwortet. Ganz nebenbei: Ein Pokalcoup daheim hätte auch seine Chancen verbessert, den WM-Titel im November in London verteidigen zu können. Gegenwärtig liegt Zverev auf Platz neun, nur die ersten Acht der Jahresrangliste nehmen allerdings am Saisonfinale teil.

Zverevs Motto für den Rest der 2019er-Serie im Wanderzirkus lautet nun: Zurück in die Zukunft. Der 22-jährige sieht keinen akuten Handlungsbedarf, wieder einen neuen, externen Berater an seine Seite zu holen. Mit Vater Alexander, der den Matchkampf mit Lendl gewann, will Zverev die kommenden Herausforderungen in altvertrauter Aufstellung stemmen – und auch die Lage im hauseigenen Tennis-Unternehmen glätten. „Es herrschte zuletzt zu viel Unruhe. Jetzt denke ich, es ist am Besten, zum Vertrauten zurückzukehren.“ Das Vertraute, der Vertraute: Es ist Daddy Zverev, auf den der Sohn schwört. „Er ist der Beste, den ich mir vorstellen kann als Coach.“ Viele hatten Zverev in den sportlichen Krisen dieses Jahres empfohlen, sich mehr von der Familie abzunabeln, eigene Wege zu gehen. Es ist aber kein Thema für ihn, nicht jetzt, vielleicht sogar nie. „Wir halten immer zusammen“, sagt Zverev. Mit Betonung auf Immer.

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Sonntag
28.07.2019, 11:25 Uhr
zuletzt bearbeitet: 28.07.2019, 11:27 Uhr

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