Cedrik-Marcel Stebe: „Noch einmal in die Top 100 wäre schön“
Nach zweijähriger Verletzungspause gibt Cedrik-Marcel Stebe diese Woche auf der ITF World Tennis Tour bei den mit 15.000 US-Dollar dotierten Cadolzburg Open sein Comeback. Im exklusiven tennisnet-Interview spricht der 34-jährige u.a. über seine Leidenszeit, den Weg zurück und seine Ziele.
von Dietmar Kaspar
zuletzt bearbeitet:
13.01.2025, 14:50 Uhr
In seiner Karriere durfte Cedrik-Marcel Stebe aus Mühlacker seine Tenniskünste bereits auf den weltweit größten Bühnen präsentieren. Insgesamt 29 Teilnahmen bei Grand-Slam-Turnieren stehen für den 34-jährigen zu Buche. Besonders in Erinnerung sind die großen Taten des Linkshänders im Davis-Cup, als er unter anderem 2012 am Hamburger Rothenbaum gegen Australien mit dem Sieg im entscheidenden Einzel gegen den ehemaligen Weltranglistenersten Lleyton Hewitt den Klassenerhalt für das deutsche Team in der Weltgruppe 1 fixierte. Leider steht den zahlreichen Erfolgen auch eine Vielzahl an Verletzungen gegenüber, die ihn oft auf dem Weg in die absolute Spitze stoppten. Im Rahmen seines ersten Turnierstarts nach zweijähriger Verletzungspause stellte sich der ehemalige Weltranglisten-71. in Cadolzburg im ausführlichen tennisnet-Interview zur Verfügung.
tennisnet: Wie ist das Gefühl, endlich wieder bei einem Turnier antreten zu können?
Cedrik-Marcel Stebe: Es ist schon ein etwas komisches Gefühl, da das letzte Mal bereits zwei Jahre her ist. Natürlich ist eine gewisse Aufgeregtheit da, weil man nicht weiß, wo man aktuell so steht. Aber ich fühle mich körperlich gut und kann auf meine Erfahrungen zurückgreifen, da ich das schon einige Male in meiner Karriere hatte.
tennisnet: Du startest diese Woche bei den Cadolzburg Open in der Einstiegskategorie auf der ITF World Tennis Tour. Wie hat sich das ergeben?
CMS: Ich hatte bei Turnierdirektor Christoph Poehlmann nach einer Wildcard für die TennisBase Open im Februar angefragt und ihm mitgeteilt, dass ich wieder fit und turnierbereit bin. Daraufhin hat er mir kurzfristig eine für das Turnier in Cadolzburg angeboten, die ich natürlich gerne angenommen habe, da die Turniere vom Bayerischen Tennis-Verband immer top organisiert sind.
Erst Covid, dann die Schulter
tennisnet: Insgesamt zwei Jahre vermisste man dich in den Turnier-Draws. Wie kam es dazu?
CMS: In Roland-Garros hatte ich mich 2022 mit Corona infiziert, wo es mich mit starkem Fieber erwischt hatte. Auch in der Folge hatte ich durch Long Covid noch mehrere Monate mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Als es mir diesbezüglich besser ging, tauchten erste Probleme an der Schulter auf. Gegen Ende des Jahres hatte es den Anschein, dass ich diese Probleme im Griff hätte und bin nach Australien zum Grand-Slam-Turnier gereist, wo es richtig schlimm wurde und mich dann für längere Zeit rausgenommen hat.
tennisnet: Im privaten Bereich hat sich in den letzten Jahren einiges bei dir getan und dich hat es ins Nachbarland verschlagen?
CMS: Im Jahr 2020 habe ich geheiratet und seitdem wohnen wir in Österreich am Bodensee. Dort fühlen wir uns sehr wohl und haben meine turnierfreie Zeit dazu genutzt, um dort viel zum Wandern zu gehen und die Seen dort zu genießen. Auch den ein oder anderen Kurztrip nach Italien haben wir von dort aus bereits unternommen.
tennisnet: Wieviel Tennis hast du in dieser Zeit als Privatier im TV angeschaut?
CMS: Anfangs habe ich noch wesentlich mehr angeschaut, da ich davon ausgegangen bin, dass ich bald wieder auf die Tour zurückkehre. Als es dann aufgrund der Schulter immer länger wurde, hat es einen schon runtergezogen dabei zuzusehen, wie die anderen Spieler Erfolge feiern während man selber nicht eingreifen kann. Da wurde es dann schon deutlich weniger.
Karriereende war noch keine Option
tennisnet: War ein Karriereende schon eine ernsthafte Option für dich?
CMS: Es war eine unglaublich schwierige Zeit, in der ich zusammen mit den Ärzten und Physios alles mögliche versucht habe. Bis heute weiß immer noch keiner richtig, was das genaue Thema mit der Schulter war. Aber irgendwie hat die Zeit jetzt alle Wunden geheilt. Natürlich macht man sich da Gedanken, ob es noch Sinn macht. Aber ich hatte ja noch ein Protected Ranking und deshalb hatte ich immer im Kopf, dass ich noch einmal zurückkehren möchte.
tennisnet: Hattest du die Planungen schon vorangetrieben, in welchem Bereich du nach deiner aktiven Tenniszeit tätig werden möchtest?
CMS: Ich habe die freie Zeit genutzt, um in der TennisBase Oberhaching den Trainerschein zu machen und mich in anderen Bereichen ein bisschen umzuschauen. Aber mein absoluter Fokus gilt nach wie vor noch der Karriere als aktiver Tennisspieler. Wenn ich gesund bleibe, kann ich bestimmt noch vier bis fünf Jahre spielen.
tennisnet: Eine Rückkehr auf die Tour nach so langer Zeit ist ein beschwerlicher Weg. Wie ist deine Situation bzgl. Protected Ranking, etc.?
CMS: Ich habe jetzt 12 Monate Zeit, für 12 Turniere mein protected Ranking um Platz 300 einzusetzen. Wie ich mitbekommen habe, wurde da ein bisschen was geändert. Früher reichte es, wenn man sein erstes Turnier innerhalb der drei Jahre nach dem letzten Match mit dem Protected Ranking bestritt, um dann das Folgejahr dafür zu starten. Inzwischen hat man genau die drei Jahre nach dem letzten Match Zeit, um die Protected Rankings abzuspielen.
Schon mehrfach erfolgreiches Comeback
tennisnet: Als wie wichtig stufst du bei deinem Comeback den Faktor Erfahrung ein, gerade unter dem Aspekt, dass du bereits in den Top 100 gestanden bist und auch erlebt hast, wie schnell es im Tennis sowohl nach unten als auch nach oben gehen kann?
CMS: Ich kann vielleicht etwas ruhiger bzw. gelassener rangehen, da ich diese Situation schon mehrfach gemeistert hatte. Aber es bleibt ein steiniger Weg, den man sich nicht schönreden kann. Auf der Tour kommen immer jüngere Spieler nach, während man selber natürlich immer älter wird. Ich weiß aber, dass ich dieses Niveau habe, wenn ich gesund bleibe und gut spiele. Ich hatte einen Trainingsmonat bei IMG in Florida eingebaut, wo ich mit starken Spielern wie Korda, Nishikori und Galan trainieren konnte. Das hat mir doch einiges an Selbstvertrauen gegeben.
tennisnet: Welche Ziele setzt du dir kurzfristig und welche Erwartungen hast du noch an deine restliche Karriere?
CMS: Das ist natürlich kein einfaches Thema. Bis zum Ende des Jahres mit den Protected Rankings wäre es gut, eine Platzierung so um die 300 bis 400 zu haben. Mit ein oder zwei richtig starken Turnieren kann es ja auch schnell nach oben gehen. Aber ich werde die Sache realistisch angehen. Perspektivisch ist die Teilnahme bei den Grand-Slam-Qualis schon obligatorisch, damit eine längere Karriere noch Sinn macht. Es wäre natürlich schön, wenn es noch einmal in Richtung Top 100 gehen würde.
tennisnet: Hier in Cadolzburg wird auf Teppich-Belag gespielt, auf dem deine Erfolge bislang noch eher überschaubar waren. Hast du diesbezüglich noch eine kleine Rechnung offen?
CMS: Es wäre auf jeden Fall schön, hier ein paar Matches zu gewinnen. Ich habe generell nicht viele Turniere auf Teppich gespielt und konnte auf diesem Belag auch noch keinen Sieg einfahren. Das letzte Mal habe ich in 2020 Ismaning darauf gespielt. Aber ich bin richtig heiß darauf, dass es diesmal mit mindestens einem Erfolg hier klappt.
Vielen Dank für das Interview und alles Gute für das Comeback.