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Als Paradiesvogel Andre Agassi in Wimbledon weiß machte

Andre Agassi wollte nie mehr nach Wimbledon kommen. Am 27. Juni 1991 ist er dennoch wieder dabei – und löst eine Hysterie aus.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 25.06.2016, 15:11 Uhr

WIMBLEDON 1991 ANDRE AGASSI Photo: Simon Bruty

Andre AgassisErfahrung in Wimbledon war bis dato keine gute: 1987 feierte der Vegas-Boy als 17-Jähriger seine Premiere an der Church Road und das ausgerechnet gegen Rasen-Spezialist Henri Leconte. „Ich bin zum ersten Mal an diesem weihevollsten aller Austragungsorte, und vom ersten Moment an fühle ich mich unwohl. Ich bin ein behüteter Teenager aus Las Vegas. Ich lehne alles ab, was mir fremd ist, und London ist mir so fremd wie nur irgendwas. (…) Selbst das Gras riecht anders als das Gras zu Hause“, beschrieb Agassi seine erste Wimbledon-Erfahrung in seiner Autobiografie „Open“.

Agassi beschwerte sich vor allem über seiner Meinung nach willkürlichen Vorschriften der Wimbledon-Organisatoren. Vor allem die, dass er in Weiß zu spielen habe. „Was geht es diese Leute an, was für Klamotten ich trage?“ Leconte siegte 6:2, 6:1, 6:2, und Agassi beschloss, nie mehr nach Wimbledon zurückzukommen. „Eher umarme ich meinen Vater noch mal, als dass ich hierher zurückkehre.“

Weißer als weiß – Agassi verblüfft seine Fans

Vier Jahre später, ausgerechnet nachdem er bei den French Open das Endspiel gegen seinen großen Widersacher Jim Courier verloren hat und eine Existenzkrise durchlebt, will Coach Nick Bollettieri, dass Agassi nach Wimbledon fliegt. „Nick liegt mir in den Ohren, ich soll Wimbledon spielen. Ich lache ihm ins sonnengebräunte Gesicht.“ Aber Agassi lässt sich überreden – und verursacht eine Massenhysterie in London. Die große Frage: Wird er, der in den Jahren zuvor in neonfarbenen Outfits, in Radlerhosen und Jeans und mit Ohrringen bekleidet auf den Tennisplätzen der Welt stand, die Wimbledon-All-White-Regel einhalten – oder für einen Skandal sorgen?

Agassis Kommen wird aufgebauscht wie die Audienz eines Popstars. Der Gefeierte selbst erscheint schließlich am 27. Juni 1991 um 15.45 Uhr mit ErstrundengegnerGrant Connellin einem weißen Trainingsanzug, den er öffentlichkeitswirksam an seiner Bank auszieht. Die Menschheit erblickt: ein weißes Stirnband, weiße Schuhe, weiße Socken, weiße Shorts (mit weißen Radlerhosen) und ein weißes (übergroßes) Shirt, das bei jedem Schlag einen Blick auf den (neuerdings recht rasierten) Bauch- und Brustbereich ermöglichen sollte.

„Wir mussten extra einen Brief nach Wimbledon schicken und um Erlaubnis fragen, dass Andre seine Radlerhosen und ein Shirt tragen durfte, das nicht in der Hose steckt“, sagt Nike-Sprecherin Liz Dolan im Anschluss an das Match, das Agassi aufgrund einer Regenunterbechung erst am folgenden Tag in fünf Sätzen siegreich beendet. Agassi erreicht dank weiteren Siegen gegen Goran Prpic, Richard Krajicek und Jacco Eltingh schließlich das Viertelfinale, wo er gegen David Wheaton mit 2:1-Sätzen und einem Doppelbreak im vierten Durchgang führt, als er sich eine Zerrung des Hüftbeugers zuzieht und in fünf Sätzen verliert.

Erster Grand-Slam-Titel folgt ein Jahr später

Agassis Beziehung zu Wimbledon sollte letztlich jedoch ein positives Ende nehmen. Nachdem er seine drei ersten Grand-Slam-Finals allesamt verloren hatte (French Open 1990 gegen Andres Gomez, US Open 1990 gegen Pete Sampras, French Open 1991 gegen Jim Courier), holte er seinen ersten Major-Titel ausgerechnet auf dem Centre Court von Wimbledon: 1992 besiegte er im Endspiel den Kroaten Goran Ivanisevic mit 6:7 (8), 6:4, 6:4, 1:6, 6:4. Ins Finale kam er sieben Jahre später noch einmal, verlor dann jedoch gegen Pete Sampras in drei Sätzen.

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Samstag
25.06.2016, 15:11 Uhr