Lucas Pouille: „Das Halbfinale in Australien war wie in einem anderen Leben“
Mit einem hart umkämpften Dreisatz-Erfolg ist der ehemalige Top-10-Spieler Lucas Pouille in das ATP-100er-Turnier in Mauthausen gestartet. Im Anschluss an die Begegnung zeigte sich der 30-jährige im tennisnet-Interview gut gelaunt.
von Dietmar Kaspar
zuletzt bearbeitet:
11.08.2024, 07:52 Uhr
Von Dietmar Kaspar aus Mauthausen
Aus Drei mach Eins – so lautete das Motto von ehemaligen Top-10-Spielern, die sich für das ATP-100er-Challenger-Turnier im oberösterreichischen Mauthausen ankündigten. Nach der Absage des Japaners Kei Nishikori und dem unmittelbaren Rückzug von Diego Schwartzman, der seine Karriere 2025 in der argentinischen Heimat beenden möchte, rettete der Franzose Lucas Pouille die Ehre der ehemaligen Top-10ler.
Nachdem der 30-jährige ursprünglich in die Qualifikation gemusst hätte, rutschte er nach einigen Absagen ins Hauptfeld nach und wurde dem Niederösterreicher Dennis Novak in der ersten Runde zugelost. In einem hartumkämpften Match setzte sich der aktuelle Weltranglisten-229. mit 6:3, 3:6, 6:4 durch und verbreitete beim anschließenden tennisnet-Interview beste Laune.
tennisnet: Lucas, was hat für dich den Ausschlag für den Erfolg gegen Dennis Novak gegeben?
Lucas Pouille: Es war ein richtig enges Match und ich hatte bei den Breakpunkten in der Endphase einfach das bessere Ende für mich. Dennis hat unheimlich stark serviert und mir dadurch wenig Möglichkeiten gegeben. Umso glücklicher bin ich, dass ich das Match für mich entscheiden konnte.
tennisnet: Wie ist dein erster Eindruck von hier in Oberösterreich?
LP: Es gefällt mir sehr gut hier und natürlich habe ich generell sehr gute Erinnerungen an Österreich, da ich 2017 beim ATP-Turnier in Wien triumphieren konnte. Ich komme immer wieder sehr gerne zurück, da ich die Natur liebe und die Menschen hier immer sehr freundlich und hilfsbereit sind.
tennisnet: Bist du ein Spieler, der sich gerne was von den Städten anschaut, wenn er dort bei Turnieren antritt, oder fokussierst du dich komplett auf die Regeneration im Spielerhotel?
LP: Ich versuche immer, etwas von den jeweiligen Städten zu sehen. Ich war bereits in Linz und hatte gestern eigentlich vor, mir die KZ-Gedenkstätte hier anzuschauen. Leider hat sich das Match meines Landsmanns, das ich mir komplett angesehen hatte, sehr lange hingezogen. Aber ich hoffe, dass ich den Besuch am Donnerstag nachholen und mir einen Eindruck von diesem traurigen Teil der Geschichte verschaffen kann.
tennisnet: Beim Comeback nach deiner mental bedingten Auszeit formuliertest du die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2024 in Roland Garros als Hauptmotivation. Wie ist diesbezüglich der aktuelle Status?
LP: Ich habe das Thema schon vor längerer Zeit abgehakt. Im letzten Jahr habe ich über sechs Monate aufgrund einer Verletzung nicht spielen können, deshalb war dieses Ziel sportlich einfach nicht mehr zu erreichen. Mein Fokus richtet sich auf die Rückkehr in die Top 100, um bei den Grand-Slam-Turnieren wieder fix im Hauptfeld zu stehen.
tennisnet: Als du vor zwei Jahren deine Auszeit genommen hattest, wie hast du an deiner mentalen Verfassung gearbeitet?
LP: Das ist für mich inzwischen Vergangenheit. Als Sportler ist es wie bei allen anderen Menschen, dass man sich im Leben mit Aufs und Abs auseinandersetzen muss. In einer schlechten Phase muss man dann einen eigenen Weg für sich finden. Ich habe mich damals dafür entschieden, mit dem Tennis zu stoppen und viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Einfach auch mal regelmäßig Freunde zu treffen und ein normales Leben zu führen. Das war unglaublich wichtig für mich und hat mir den Spaß am Tennis und dem Reisen wieder zurückgebracht.
tennisnet: Ist es für dich auf der Tour etwas einfacher, im Ranking nicht ganz oben zu stehen und dadurch etwas weniger im Fokus der großen Öffentlichkeit zu sein?
LP: Das kann ich klar verneinen. Ich möchte möglichst schnell wieder in die vordersten Bereiche der Weltrangliste zurückkehren, dafür arbeite ich jeden Tag, auf und abseits des Courts, äußerst hart. Ich weiß es zu schätzen, was für einen wunderschönen Beruf ich ausüben darf, aber dafür muss man mit dem Druck bei den Wettkämpfen umgehen können. Die Situation im Tennis ist schon sehr extrem. 2019 war ich noch im Halbfinale der Australian Open, zwei Jahre später stehst du weit hinter Platz 200 im Niemandsland.
tennisnet: Hilft es dir, wenn du dir Videos von deinen damaligen großen Erfolgen anschaust?
LP: Ich habe mir in den letzten vier oder fünf Jahren nicht einen einzigen Punkt davon angeschaut. Mir bringt es diesbezüglich nichts, in die Vergangenheit zurückzuschauen, denn für mich fühlt sich das Halbfinale in Australien wie aus einem anderen Leben an. Irgendwann werde ich es bestimmt mal mit meinem Kind anschauen, aber im Moment habe ich kein Verlangen danach.
Vielen Dank für das Interview und alles Gute für die weitere Karriere.
Hier das Einzel-Tableau aus Mauthausen