Max Rehberg: „Im nächsten Jahr will ich zu den Grand Slams“
Mit seiner bislang stärksten Saison in seiner dritten kompletten Spielzeit auf der Herrentour spielte sich der Landshamer Max Rehberg mit Position 269 auf sein Karrierehoch. Im exklusiven tennisnet-Interview spricht der 21-jährige Jungprofi von der TennisBase Oberhaching unter anderem über seine Juniorenzeit, die schwierige Vorsaison, seine Fortschritte und die kommenden Ziele.
von Dietmar Kaspar
zuletzt bearbeitet:
28.12.2024, 13:16 Uhr
tennisnet: Max, mit deinem Karrierehoch auf Platz 269 ging es für dich in den wohlverdienten Urlaub. Kann man diesen nach einer erfolgreichen Saison mehr genießen und besser vom Tennis abschalten?
Max Rehberg: Ich würde schon sagen. Man geht allgemein mit einem besseren Gefühl aus der Saison, wenn man zufrieden ist mit dem, was man geschafft hat. Aber so ganz abschalten kann man dann doch nicht, dafür war der Urlaub etwas zu kurz und man ist in Gedanken doch schon etwas bei der Vorbereitung für die neue Saison.
tennisnet: Bei den Junioren hattest du dich in die Top 30 gespielt und dabei in deiner letzten Saison mit Luca van Assche den amtierenden Roland-Garros-Champion und mit Samir Banerjee den späteren Wimbledon-Sieger bei einem Major bezwungen. Angst vor großen Namen hattest du bei den Juniors wohl eher nicht, oder?
MR: Angst vor gegnerischen Spielern habe ich auch bis heute noch nicht, die kochen alle auch nur mit Wasser. Das Schlimmste was halt passieren kann, ist die Niederlage. Man hofft aber natürlich auf den Sieg.
Eine erfolgreiche Juniorenkarriere ist keine Garantie bei den Herren
tennisnet: Auf nationaler Ebene standest du schon von klein auf in der jeweiligen Altersklasse fast immer an der Spitze. Kann das im Übergang zum Herren-Bereich auch etwas trügerisch sein?
MR: Es ist natürlich schön, wenn man in der Jugend weit vorne steht, aber das hat überhaupt nichts damit zu tun, wie du dann später auf der Herrentour spielen wirst und wie deine Entwicklung verlaufen wird. Der Schritt zu den Herren ist einfach riesig und für jeden Spieler schwierig.
tennisnet: Für die Top-Junioren ist der Übergang von den größten Nachwuchs-Events auf die ITF World Tennis Tour bei den Herren oft problematisch. Wie waren deine Erfahrungen diesbezüglich?
MR: Das war auch für mich kein einfacher Weg, aber ich denke, dass ich das ganz gut gemeistert habe. Wichtig ist, dass man auf diesem Level viele Matches hat. Natürlich verliert man anfangs oft Matches, auch oft knapp, aber man muss auch geduldig bleiben und irgendwann kippt es dann in deine Richtung, wenn du die entsprechende Qualität hast.
tennisnet: Im Herbst 2022 sah es schon nach dem ganz großen Durchbruch bei den Herren aus. Nach deinem Premierentitel auf ITF-Ebene im französischen Forbach folgte direkt im Anschluss der sensationelle Finaleinzug auf heimischem Boden beim ATP-Challenger-Turnier in Ismaning, was dich seit dem damaligen Saisonstart um über 900 Plätze in der Weltrangliste nach vorne spülte. Welche Erinnerungen hast du noch an den damaligen „heißen Herbst“?
MR: Diese beiden Turniere habe ich richtig stark gespielt und bin erstmals in so einen richtigen Flow reingekommen. Jeder Matchsieg hat mir mächtig Auftrieb gegeben und mit Selbstvertrauen ist einfach viel möglich.
Mental habe ich in der letzten Saison viel dazugelernt
tennisnet: Die Saison 2023 verlief für dich nicht nach Wunsch. Mit den Punkten aus dem Vorjahres-Herbst hielt sich dein Ranking zwar relativ lange um Position 400, dennoch konntest du von den Ergebnissen her nicht nachlegen. Worin siehst du im Nachhinein die Gründe dafür?
MR: 2023 war allgemein kein gutes Jahr für mich, was die mentale Verfassung angeht. Da gab es auch ein paar Probleme im privaten Bereich, aber ich habe stark daran gearbeitet und gelernt, immer das Beste daraus zu machen. Das ist mir in diesem Jahr richtig gut gelungen.
tennisnet: Ein Match ist dabei besonders in Erinnerung. Beim ATP-Turnier in München spieltest du den Ungarn Marton Fucsovics phasenweise fast an die Wand, musstest dich aber trotz Satz und Doppelbreak-Führung nach zwei vergebenen Matchbällen noch geschlagen geben. Wie schwierig war für dich die Aufarbeitung dieses Ereignisses?
MR: Das war das bislang bitterste Match meiner Karriere und deshalb auch extrem schwierig zu verarbeiten. Im Match hatte ich erst noch gar nicht richtig realisiert, wie gut das war und welch Chance ich da liegengelassen hatte. Schon im Jahr davor in Hamburg im Hauptfeld beim 500er gegen Kovalik hatte ich Satz und Break vor, gegen Galan zweimal zum Matchgewinn serviert. Es dauert sehr lange, so etwas aufzuarbeiten, aber am Ende bringen einen solche Erfahrungen doch weiter.
tennisnet: Im letzten Jahr hast du neben deiner Profikarriere ein Psychologiestudium bei einer Fern-Universität zu begonnen. Hilft dir das eher als Ablenkung zum Tennisalltag oder kannst du daraus auch fachliche Hilfe im mentalen Bereich ziehen?
MR: Fachlich ist etwas schwierig, denn es heißt, dass man sich nicht selber therapieren kann und das kann ich auch bestätigen. Aber ich finde es total interessant und es ist allemal besser als stundenlang bei den Social Media abzuhängen. Gerade auf Turnieren hat man immer mal wieder Zeit zum Lesen und Lernen. Es ist gut für den Kopf, mal abzuschalten und die Gedanken nicht immer nur beim Tennis zu haben. Das hilft mir schon sehr.
Starke Entwicklung im Laufe der Saison
tennisnet: Die diesjährige Spielzeit begann für dich gleich mit einem Halbfinal-Einzug, zwei Viertelfinals und einer Endspielteilnahme auf ITF-Ebene. Wie wichtig war der gelungene Saisonstart?
MR: Saisonstarts sind für jeden Spieler tough, den man weiß anfangs nicht so richtig, wo man steht. Insofern war es schon wichtig für mich, dass ich gut aus den Startlöchern gekommen bin. Wenn ich aber jetzt den Vergleich ziehe, wie ich am Anfang der Saison noch gespielt habe, ist es schon ein krasser Unterschied. Vom Aufschlag bis zum Volley und von den Grundschlägen her habe ich eine Entwicklung genommen, mit der ich sehr zufrieden bin.
tennisnet: Im Laufe der Saison konntest du dich mehrfach bei Challenger-Turnieren aus der Qualifikation heraus ins Viertelfinale, zweimal sogar bis ins Halbfinale durchspielen. Welche Entwicklung siehst du dabei im mentalen bzw. körperlichen Bereich, gerade auch aus dem Aspekt, mehrere Wochen hintereinander mehrere Matches bei den Turnieren zu bestreiten?
MR: Beim mentalen Aspekt klingt es ziemlich banal. Je mehr Siege du einfährst, umso mehr steigt das Selbstvertrauen. Dann kommt man in einen richtigen Flow, wo man gar nicht mehr darüber nachdenkt, dass man verlieren könnte bzw. was im Falle einer Niederlage passieren würde. Vom körperlichen bzw. spielerischen ist es meine Fitness, die sehr viel besser geworden ist. Ich bin einfach viel beweglicher und schneller geworden, gerade auch beim Aufschlag sieht man eine bessere Spritzigkeit.
tennisnet: Beim Challenger-Turnier in Mauthausen konntest du in einem spektakulären Match den Finnen Otto Virtanen, der die Saison in den Top 100 abschließen wird, nach Abwehr von drei Matchbällen bezwingen. War das für dich ein Schlüsselmoment, gerade auch im Hinblick auf das Fucsovics-Match im Vorjahr?
MR: Das war auf jeden Fall ein Schlüsselmoment für mich, wo ich mich davor schon durch die Quali gekämpft hatte. Danach hatte ich zwar einen Bänderriss, der mich etwas zurückgeworfen hat. Aber rückblickend war Mauthausen eines meiner besten Turniere in der Saison.
tennisnet: Gegen eigene Landsleute wird man bei Turnieren normalerweise nicht so gerne gelost. Dennoch konntest du im Saisonverlauf die deutschen Davis-Cup-Spieler Henri Squire, sowie Daniel Altmaier und Maximilian Marterer besiegen, die sogar schon in den Top 50 standen. Kannst du mit solchen Begegnungen mental besonders gut umgehen?
MR: Solche Matches sind für mich nochmal ein extra Anreiz, weil man sich gut kennt und teilweise mit den Spielern auch sehr gut befreundet ist. Dass ich die drei besiegen konnte, war natürlich sehr schon für mich, aber ordne ich im Nachhinein genauso ein wie Siege gegen jeden anderen Spieler. Dass sie bereits für Deutschland im Davis Cup antreten durften, spricht natürlich für ihre Qualität.
Team-Wettbewerbe motivieren mich ganz besonders
tennisnet: Neben dem Tennis begeisterst du dich auch sehr für Mannschaftssportarten. Wie sind deine Erfahrungen diesbezüglich aus der Tennis Bundesliga und welche Bedeutung ordnest du Team-Wettbewerben wie dem Davis Cup zu?
MR: Mannschaftswettbewerbe haben eine ganz große Bedeutung für mich. Als Tennisspieler lebt man alleine in seinem Team, deshalb ist die Abwechslung immer sehr schön. Im Team hat man einfach ein anderes Mindset, man kommuniziert mehr untereinander, man hat mehr Spaß in der Umkleide. Auf dem Platz kämpft man auch für den Kollegen bzw. das Team. Ein Gefühl, was mir bei den Einzelturnieren manchmal etwas fehlt. Irgendwann mal für Deutschland im Davis Cup anzutreten ist ein ganz großer Traum von mir.
tennisnet: Mit deinem aktuellen Ranking hast du eine sehr gute Ausgangsbasis für die neue Saison gelegt. Welche Turniere planst du zum Start und welche Ziele setzt du dir bis zum Ende der nächsten Spielzeit?
MR: Ich werde mit Turnieren in Portugal starten. Zu den ursprünglich geplanten beiden Turnieren ist in Oeiras noch ein drittes dazugekommen. Danach möchte ich das deutsche Turnier in Koblenz spielen. Als Zielsetzung möchte ich im nächsten Jahr zu den Grand-Slam-Turnieren. Das muss auf jeden Fall der nächste Schritt sein, dort in der Qualifikation vertreten zu sein.
Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg auf der Tour.