„Die Leute sind begeistert“ – Laura Siegemund freut sich über ihr Tennis

Laura Siegemund kommt in Stuttgart ins Rollen. Im heutigen Viertelfinale spielt sie das Topspiel - und hat gute Chancen auf noch mehr.

von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet: 22.04.2016, 00:00 Uhr

STUTTGART, GERMANY - APRIL 21: Laura Siegemund of Germany serves in her match against Simona Halep of Romania during Day 4 of the Porsche Tennis Grand Prix at Porsche-Arena on April 21, 2016 in Stuttgart, Germany. (Photo by Dennis Grombkowski/Bonga...

Von Florian Goosmann aus Stuttgart

Die Presse-Transcripts, die im Media Centre der Porsche Arena ausliegen, also die Mitschriften der Pressekonferenzen, sind unterschiedlich dünn. Sie sind teils umfassender (meist die der Siegerinnen oder deutschen Spielerinnen), teils sehr schlank (meist die der Unterlegenen oder eher unbekannteren Spielerinnen), es sind mal zwei, mal drei, mal vier Seiten. Das Transcript von Laura Siegemund nach ihrem Erstrundensieg gegen Anastasia Pavlyuchenkova umfasste fünf Seiten, es war das einzige Transcript in der Reihe, das aus drei Blättern bestand.

Fünfter Sieg mit ordentlich Karacho

Wenn sie einmal ins Rollen kommt, ist Laura Siegemund schwer zu stoppen. Auf dem Platz und außerhalb. Eine Erfahrung, die am Donnerstagnachmittag auch Simona Halep machte. Siegemund überraschte die Rumänin beim 6:1, 6:2-Sieg von Beginn an mit ordentlich Karacho, mit Tempowechseln, mit Stopps, Winkelbällen, Rückhandschüssen. Hauptsachte kein Ball wie der andere. Auch wenn Halep angeschlagen war: Gegen die inspirierte Siegemund wäre wohl auch so ein Glanztag notwendig gewesen.

Für die 28-Jährige ist der fünfte Sieg in Stuttgart - drei in der Qualifikation, zwei im Hauptfeld - ein weiterer Stein im Puzzle, das ihre zweite Karriere bildet. Und das als Lokalmatadorin: Siegemund lebt in Stuttgart-Heslach, sie ist im Ursprungsort des Porsche Tennis Grand Prix geboren, in Filderstadt. Dort, wo Turniergründer Dieter Fischer 1978 diese wahnwitzige Idee eines Tennisturniers hatte.

"Toll, wenn ich den Leuten eine Freude mache"

Siegemund wurde früh als neue Steffi Graf gehandelt, sie gewann im Jahr 2000 als 12-Jährige den prestigeträchtigen "Orange Bowl". Ein Titel, den Steffi Graf 1981 holte. Einer, der zu Erfolg verpflichtet. Erfolg, den viele danach nicht haben. Auch Siegemund gelang der Durchbruch als Profi nicht. 2012 und 2013 nahm sie den Druck raus, spielte weniger Turniere, war verletzt, konzentrierte sich auf Plan B. Der Titel ihrer Abschlussarbeit in Psychologie, die sie dieser Tage mit Note 1,3 abschloss, lautet "Versagen unter Druck".

Aktuell spielt Siegemund ohne Druck, dafür umso konzentrierter. Dritte Runde Australian Open, Viertelfinale Charleston, nun Viertelfinale Stuttgart. Rang 71 der Welt, ihr höchstes Ranking. Und ausgestattet mit einem Spiel, das die Zuschauer mitreißt. Was Siegemund gerne zur Kenntnis nimmt. "Es kommt super positives Feedback, die Leute sind wirklich begeistert von meinem Spiel, und das freut mich. Ich will gutes Tennis spielen, meine Spielstrategie durchsetzen, und wenn ich die Leute dadurch zum Tennis schauen bringen und eine Freude machen kann, dann ist das toll."

Attacke, aber Punkt für Punkt

Ob der Sieg gegen Halep ihr größter war, wird sie gefragt, und hierauf weiß selbst die redegewandte Stuttgarterin spontan keine Antwort. "Ich muss es mir in der Videoanalyse mal anschauen. Ich war so konzentriert und so im Tunnel, dass ich relativ wenig mitgekriegt habe. Ich habe nur Punkt für Punkt gespielt." Dass sie gut gespielt hat, hat Siegemund dennoch mitbekommen. "Ich habe wenig Fehler gemacht, sehr aggressiv angefangen, das war auch der Plan, sie früh zu attackieren, mit ihrem und meinem Aufschlag das Feld früh aufzureißen." Ein Plan A, der von vorne bis hinten funktionierte. Und den wohl auch die kommenden Gegnerinnen realisieren werden. "Wenn da jemand rausgeht und überrascht ist, dass ich ans Netz komme, dann hat er sich nicht gut vorbereitet", sagt Siegemund durchaus selbstbewusst.

Ein Spiel für die Zuschauer

Als "Newcomerin" im Kreis der Besten mitzuspielen und doch schon lange dabei zu sein - vielleicht ein nicht zu unterschätzender Vorteil im weiteren Verlauf ihrer Karriere. "Ich bin da angekommen, wo ich sein möchte und wo es Bock macht zu spielen", erklärte sie diese Woche bereits. Anders ausgedrückt: Siegemund will mehr. Am heutigen Freitag trifft sie im Viertelfinal-Topspiel (ab 18.30 Uhr auf Eurosport oder im Livestream auf ran.de/tennis.de) auf Roberta Vinci. Es ist ein 50/50-Spiel. Eines, das von Kreativität, von Abwechslung leben wird. Und eines, bei dem man so richtig Bock hat zuzuschauen.

von Florian Goosmann

Freitag
22.04.2016, 00:00 Uhr