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Alex Wagner Landesmeister, aber……

Die von der Hobby Tennis Tour organisierten Wiener Tennislandesmeisterschaften 2024 sind am Samstag ...

von Claus Lippert
zuletzt bearbeitet: 26.08.2024, 15:18 Uhr

Die von der Hobby Tennis Tour organisierten Wiener Tennislandesmeisterschaften 2024 sind am Samstag Vormittag mit einer größeren Überraschung zu Ende gegangen. Nicht der haushoch favorisierte Titelverteidiger Thomas Statzberger, sondern Shootingstar & Debütant Alexander Wagner holte sich am abschließenden Finaltag der Titelkämpfe im UTC La Ville den Titel samt 800 Euro Siegerscheck. Der 17jährige behielt bei brütender Hitze in zwei Sätzen mit 6:4, 6:2 die Oberhand, und vereitelte mit seinem ersten Landesmeistertitel und dem zweiten Turniersieg in dieser Saison den vierten Statzberger-Erfolg am Centercourt Lance Lumsden in Folge und den insgesamt fünften Outdoor-Landesmeisterschafts-Triumph des im Vorfeld für unschlagbar gehandelten 31jährigen. Ein Bericht von C.L

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Das Ende einer imposanten Siegesserie

Samstag 24. August 2024, ein Datum historischen Ausmaßes für den Wiener Tennisverband und sein Flaggschiff-Event im Union Tenniscenter La Ville. Es ist jener Tag, genauer genommen jener Vormittag, an dem eine höchst beeindruckende Siegesserie ihr Ende findet, und ein letztes Kapitel einer imposanten Ära geschlossen wird. Doch der Reihe nach. Als der an Nr. 2 gesetzte Alexander Wagner knapp vor 12 Uhr die riesige Silbertrophäe aus den Händen von La Ville Geschäftsführer Raimund Stefanits am Centercourt Lance Lumsden entgegen nimmt, und anschließend in den azurblauen Himmel über Wien-Liesing reckt, endete zugleich auch die atemberaubende Erfolgsserie von Vorjahressieger Thomas Statzberger. Der 31jährige der topgesetzt und mit 15 Landesmeisterschafts-Einzelsiegen am Stück die Titelverteidigung in Angriff genommen hatte, musste sich nach vier Turniertagen erstmals seit August 2020 und 18 erfolgreich gestalteten Matches geschlagen geben. Die Mission “vierter Wiener Landesmeistertitel in Serie nach 2021, 2022 und 2023”, kam allerdings schon am Tag zuvor ins Stottern. Denn in einer Neuauflage des Vorjahres-Semifinales gegen Dominik Wirlend, schrammte der haushohe Titelfavorit nur haarscharf am Aus vorbei. Wirlend hatte eineinhalb Sätze aggressiv spielend die Zuschauer am Centercourt begeistert, und den 4fachen Wiener Outdoor-Landesmeister an den Rand der Niederlage gedrängt. Statzberger, der bis hierher seit seinem Comeback auf Landesmeisterschafts-Ebene im Jahr 2019 nicht weniger als 25 Matches – allesamt ohne Satzverlust – gewonnen hatte,  klagte während der Partie über müde Beine, und musste erstmals seit dem Halbfinale 2020 wieder einen Satz abgeben. Der Routinier mit der ökonomischen Spielweise rettete sich im zweiten Satz aber doch ins Tiebreak, und schließlich ins Finale.

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Erstmals seit 2016 heißt der Wiener Landesmeister nicht Christoph Lang oder Thomas Statzberger

Denn Wirlend, der den Strapazen der beiden gespielten Sätze und einer ITF-Future-Partie am Tag zuvor Tribut zollen musste, ließ es auch mit Blick auf das noch anstehende Doppel “gut sein”, und ebnete Statzberger damit den Weg in sein viertes Wiener Landesmeisterschaftsfinale in Serie. Dort endete dann am Samstag Vormittag auch die oben erwähnte Ära. Denn erstmals seit 2016 heißt der Wiener Landesmeister nicht Christoph Lang oder Thomas Satzberger. Die “Big Two”, die dieses Turnier seit acht Jahren dominantest beherrschten, und sich die Titel untereinander aufteilten, stehen nach der 2024er-Ausgabe mit leeren Händen da. Rekordlandesmeister Christoph Lang, der sich noch im März die Indoor-Ausgabe sicherte, und “La Decima” mit seinem 10. Titel fixierte, war gar im Viertelfinale an Leon Roider und einem zwickenden Rücken gescheitert. Statzberger wiederum ließ an den letzten beiden Turniertagen die gewohnte Dominanz vergangener Jahre und vorallem die Leichtigkeit vermissen, mit der er seine Ausnahme-Stellung bei den mit 2000 Euro dotierten Wiener Landesmeisterschaften über die letzten Spielzeiten hinweg untermauerte.

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Alex Wagner zwingt vor den Augen von ÖTV Daviscup-Held Dennis Novak den großen Titelfavoriten in die Knie

Dazu hatte er mit dem erst 17jährigen Wiener Landesmeisterschafts-Debütanten Alexander Wagner einen unerschrockenen und in Hochform befindlichen Gegner auf der anderen Seite des Netzes. Der Youngster, der mit großer Vorfreude in das finale Duell mit dem hochdekorierten Top Ten-Star der ÖTV-Rangliste ging, hielt die Partie von Beginn weg offen. Das entscheidende Break im ersten Satz gelang Wagner zum aus seiner Sicht bestmöglichen Zeitpunkt, als er der gegen den Satzverlust aufschlagenden Nummer 1 der Setzliste beim Stand von 5:4 das Service abknöpfte. Wer jetzt mit einer verschärften Gangart des fünffachen Wiener Landesmeisters rechnete, wurde aber enttäuscht. Statzberger konnte nicht mehr entscheidend zusetzen, wirkte ungewohnt schwerfällig und auch in seiner Körpersprache wenig überzeugend, den Spieß am sonnenüberfluteten Centercourt des UTC La Ville nochmals umdrehen zu können. Vor den Augen von ÖTV-Daviscup-Held Dennis Novak gelang derweil dem Underdog auch das erste Break des zweiten Satzes zum 2:0, das Statzberger mit prompt gelungenem Re-Break noch einmal kontern konnte. Spätestens mit dem zweiten Break zum 4:2 war die “Chose” aber gelaufen. Wagner behielt die Nerven, und fixierte am Ende mit 6:4, 6:2 den bislang größten Erfolg und das höchste Preisgeld seiner noch jungen Karriere.

Alex Wagner im Interview und über das Geheimnis seines Erfolges

Es hat ein bißchen gedauert, bis der frischgebackene Wiener Landesmeister mit dem Turnier und allen Beteiligten “warm geworden” ist. Wirkte sein Erscheinen und sein erster Auftritt im Achtelfinale gegen Luca Vanella noch verschlossen, beinahe arrogant, war der gebürtige Burgenländer mit Wiener Hauptwohnnsitz spätestens am Tag seines großes Triumphs bei den Wiener Landesmeisterschaften angekommen. Zuerst war die Freude riesig, als er auf seine schüchtern wirkende Frage, ob es sich um einen Wanderpokal handle, die Antwort bekam, das riesige Silber-Ding für immer mit nach Hause nehmen zu dürfen. Später plauderte der Bresnik-Schützling im Interview mit dem Turnierdirektor sympathisch über seinen Sieg, den Tennis-Altag, und seine Bewunderung für die Hobby-Tennis-Tour. “Ich freue mich riesig über diesen Turniersieg, zumal ich das im Vorfeld nicht erwartet habe. Immerhin waren ja Thomas Satzberger und Christoph Lang am Start, da kann man nicht mit einem Turniersieg rechnen. Ich wusste aber, dass ich mich in den letzten Wochen und Monaten stark verbessert habe, und das hat mir Zuversicht und Motivation gegegeben, hier den Titel doch zu holen” so der 17jährige, der dann auf Nachfrage auch das Geheimnis seines bemerkenswerten Aufwärtstrends der letzten Wochen lüftete. “Ich habe viel auf die Ernährung geschaut, auf die Regeneration und meinen Körper allgemein geachtet, und im Training nochmals 10 Prozent draufgelegt. Ich analysiere auch sehr viel nach jedem Match. Was war gut, was gilt es zu verbessern”, so der Bundeshauptstadt-Champion, der ja die Wiener Landesmeisterschaft jener im Burgenland vorzog. “Der Termin im Burgenland war für mich ungünstig. Ich wohne fünf Minuten vom La Ville entfernt, so hat sich das perfekt ergeben. Das Turnier hier hat mir super gefallen. Alle gaben sich riesig Mühe, auch die Plätze waren top. Ich komme nächstes Jahr sicher wieder, um meinen Titel zu verteidigen”, verabschiedete sich der siegreiche 17jährige, der die sowohl qualitativ wie auch quantitativ größten Landesmeisterschaften der Wiener Verbandsgeschichte für sich entschied.

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Raimund Stefanits will keine Indoor-LM mehr im La Ville

Und auch wenn La Ville GF Raimund Stefanits in seiner Rolle als Gastgeber und als einzig anwesende repräsentative Persönlichkeit bei der Siegerehrung das Event über den grünen Klee lobte, kann der Turnierdirektor nicht in den Lobgesang mit einstimmen. Zu sehr drückt das desolate Nennergebnis bei den Damen auf die ansonsten allerorts herrschende Party-Stimmung. Es ist eine Schande, und ein deftiges Debakel, dass man in der Bundeshauptstadt nicht mehr als 10 Damen für ein Turnier begeistern kann, in dem es für die Besseren um eine ITF-W75 Wildcard geht, und die weniger fortgeschrittenen Ladies eine große Quali unter sich ausspielen könnten. Mit dem mattesten Nennergebnis bei den Damen seit 2017, ist das wichtigste Damenturnier des WTV fast wieder in der Steinzeit angekommen, als der Titel im Round Robin Modus ausgespielt wurde. Wenn Damen-Doppel und Mixed-Doppel nur ausgetragen werden können, wenn sich reine Hobby-Spieler mit ITN-Ratings von 7 und 8 opfern und ihr Herz für dieses Event öffnen, dann ist man Nahe einer Bankrott-Erklärung angesiedelt. Daran ändern auch die beiden Rekord-Nennergebnisse im Herren-Einzel und Herren-Doppel nichts. Dann verblasst sogar der Umstand, dass man im Herren-Tableau mit einem Top-ITN wie 2,9 bereits als Qualifikant gereiht wurde. Und es ziehen weitere dunkle Wolken am Himmel auf, denn La Ville Geschäftsführer Raimund Stefanits kündigte noch nach der Siegerehrung an, auf die Indoor-Landesmeisterschaften im kommenden März verzichten zu wollen. Und selbst hinter die 2025er-Auflage unter freiem Himmel hat der La-Ville-Chef ein riesengroßes Fragezeichen gesetzt. Mal sehen, wie sich diese Causa in den kommenden Wochen entwickeln wird.

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von Claus Lippert

Montag
26.08.2024, 14:15 Uhr
zuletzt bearbeitet: 26.08.2024, 15:18 Uhr