Großes Drama auf italienische Art
Mamma Mia – was für ein italienisches Drama im Endspiel der 33. Ausgabe beim Babolat Februar H...
von Claus Lippert
zuletzt bearbeitet:
08.02.2025, 11:18 Uhr
Mamma Mia – was für ein italienisches Drama im Endspiel der 33. Ausgabe beim Babolat Februar HTT 500 Turnier im Union Tennis Center La Ville! Der 12jährige Giorgio Lorenzetti hatte nach großartig gespielten 1:45 Stunden Spielzeit, einer abgebrüht und routiniert wirkenden Darbietung sowie einer famosen zur Schau Stellung seines großen Talents, gegen seinen italienischen Landsmann Marco Vanella beim Stand von 7:5, 5:4 Matchball, um 36 Minuten später, ohne weiteren Game-Gewinn, völlig zerknautscht und unter Tränen mit 7:5, 5:7, 0:6 die brutale Seite des Tennissports kennen zu lernen. Marco Vanella hingegen gewann seinen ersten HTT Karriere-Titel, und ein mit vielen historischen Facetten versehenes achtes HTT Saison-Endspiel 2025. Ein Bericht von C.L
Zweites rein italienisches HTT-Finale der Geschichte
Die bereits 33. Auflage eines der traditionsreichsten Hallen-Events auf der HTT, war objektiv zurückblickend die wohl mit Abstand am schwächsten besetzteste in der bald dreieinhalb Jahrzehnte langen Historie des Februar HTT 500 Turniers. Die fünf Spieltage des zurückliegenden Wochenendes hatten eigentlich nur ein einziges Highlight, und das war der finale Showdown zwischen den beiden Italienern Marco Vanella und Giorgio Lorenzetti. Ein Finale, das noch vor dem ersten Aufschlag am Dienstag Abend für das ein oder andere Novum gesorgt hatte. So standen sich erst zum siebenten Mal in der Geschichte der HTT zwei Spieler einer Nation (ausgenommen natürlich Österreich) im Kampf um einen HTT Titel gegenüber. Überraschender war da schon, dass sich in den bisherigen sechs Final-Duellen davor auch schon einmal zwei italienische Akteure final um einen Titel bemühten. Nur den eingefleischten HTT-Fans und Top-Insidern wird das Azzurri-Endspiel vom Juli 2022 aber in Erinnerung sein, als sich die beiden Italo-Teenies Michele Saturnini und Riccardo Galbiati auf der Anlage des Kitzbüheler TC den Challenger-Titel der HTT Generali Open 2022 ausspielten. Noch ein Novum gefällig? Erstmals überhaupt in der Open Ära der HTT standen sich zwei Spieler ohne aktuelles Ranking in einem Endspiel gegenüber. Und der Blick auf das enttäuschend und bescheiden kleine Main Draw des zweiten HTT Saison-Turniers auf 500er-Ebene verriet, dass beide Finalprotagonisten als sogenannte “Alternate-Spieler” durch den Raster düsten.
Finaltag als italienischer Feiertag
Am frühen Samstag-Nachmittag des Februar HTT 500 Turniers hatten nämlich weder Vanella noch Lorenzetti eine Ahnung, dass sie Stunden später bei diesem Traditions-Event in den heiligen Hallen des UTC La Ville zum Schläger greifen würden. Marco Vanella war eigentlich nur als Coach von Oskar Hell zugegen, um dankenswerter Weise den topgesetzten und sich verletzt meldenden Benjamin Kotzaurek zu ersetzen. Lorenzetti war gerade beim Training mit Coach Amel Bisevac, als er sich für Boliviens abwesendes Fräulein-Wunder Hortencia Birnbaumer in die Schlacht warf. Drei Tage später, beide Spieler hatten derweil je drei Siege auf dem Weg ins zweite rein italienische Endspiel der HTT Geschichte gefeiert, kam es also am Dienstag Abend zum azurblauen Generationen-Duell zwischen dem noch 12jährigen Giorgio Lorenzetti und dem 16 Jahre älteren Marco Vanella. Ein italienischer Feiertag stand also an, denn am Nachmittag hatte bereits Italiens Skiteam bei der Alpinen SKi-WM den Weltmeistertitel im Teambewerb erobert, und schon vor dem ersten Aufschlag zum Babolat Februar HTT 500 Finale stand er fest, der zehnte italienische HTT Turniersieg der Geschichte, womit die Stars aus Bella Italia mit Spanien (ebenfalls 10 HTT Turniersiege) in der ewigen Bestenliste auf Platz 6 gleichzogen.
Lorenzetti mit großartig gespieltem ersten Satz
Das Endspiel selbst, es war in der Anfangsphase von zwei nervösen und beim Aufschlag schwächelnden Spielern geprägt. Bis 2:2 mussten die beiden Italiener ihr Service abgeben, ehe sich der jüngere der beiden Südeuropäer mit zwei gehaltenen Aufschlagspielen und einem dritten Break scheinbar vorentscheidend mit 5:2 absetzen konnte. Immer wieder glänzte Lorenzetti dabei mit überraschend wuchtigen und auch präzisen Schlägen von der Grundlinie, während Vanella zunächst einen sportlichen Albtraum lebte. Von einem 12jährigen teilweise vorgeführt zu werden, ist keine lustige und auch keine angenehme Sache. Immerhin kämpfte sich der 28jährige aber zurück in diesen ersten Satz, schaffte nach Abwehr eines Satzballes das nötige Re-Break zum 4:5, um sich kurz darauf zu Null das 5:5 zu sichern. In souveräner Manier gestaltete auch Lorenzetti sein nächstes Service-Game zur 6:5 Führung, und verhinderte im Folge-Game nach abgewehrtem Spielball zum 6:6 mit seinem dritten Satzball einen Tie-Break, wodurch sich der 12jährige nach 54 Minuten den ersten Duchgang miz 7:5 sichern konnte. Vanella bäumte sich aber auf, fand mit einer 3:1 Führung rasch zurück in die Partie, und ließ im zehn Minuten dauernden und heftigst umkämpften fünften Game sogar zwei Break-Chancen zum 4:1 aus. Lorenzetti wiederum schlug mit dem Re-Break zum 3:3 zurück, und spielte in den folgenden Minuten nicht nur mit dem Aufschlag vorne weg, sondern auch höchst attraktives Tennis. Imposant auch das Spielverständnis, mit dem der erst 12jährige viele interessante Ballwechsel zu seinen Gunsten entschied.
Lorenzetti vergibt Matchball auf Titel und den Rekord, jüngster HTT 500er-Sieger der Geschichte zu werden
Der Youngster aus Massa in der Toscana und Schützling von Amel Bisevac stand daher wenig später beim Stand von 7:5, 5:4 plötzlich als Rückschläger mit Matchball vor der Brust auf dem Platz, und war nur mehr einen einzigen Punkt von einem wahrlich historischen Erfolg entfernt. Giorgio Lorenzetti hätte nämlich mit 12 Jahren und 361 Tagen den bislang jüngsten HTT 500er-Turniersieger der Geschichte, Christopher Scharrach mit 13 Jahren ud 97 Tagen abgelöst. Doch der Uralt-Rekord aus dem September 2003 blieb bestehen, weil just im wichtigsten Moment des ganzen Matches, Vanella zwei Service-Granaten auspackte, sich zum 5:5 rettete, und mit diesen zwei Punktgewinnen nachhaltig in den Kopf des Gegners gelangte. Lorenzetti, dem vielleicht die Courage fehlte, den Sack zuzumachen, hatte längst die Contenance verloren, ein ums andere Mal sein Spielgerät malträtiert, und sein südländisches Temperament zum Besten gegeben. Man kann es abkürzen, denn Lorenzetti machte nach der 5:4 Führung im zweiten Satz kein Game mehr, und wurde eher Opfer seiner Jugend und logischer Weise fehlenden Routine. Keine Pause nützte er mehr anständig, im dritten Satz waren ihm bei nur 3 Winnern und 16 unforced errors auch nur mehr insgesamt 10 Punkte gegönnt. Ohne Kommentar verließ Lorenzetti die Halle, während sich Vanella als neunter Italiener der HTT Geschichte über einen ersten HTT Titel freuen durfte. “Ich freue mich sehr dieses Turnier gewonnen zu haben, aber es war alles andere als leicht. Der Bursche hat unglaublich gespielt, und ganz sicher eine große Zukunft vor sich. Ich bin glücklich über den Ausgang des Finales, und hoffe das es heuer so weiter gehen wird”, erklärte Vanella.