Tamira Paszek - "Der Touch war sofort wieder da"

Tamira Paszek hat eine lange Leidenszeit hinter sich. Im Interview mit tennisnet spricht die 27-jährige Vorarlbergerin über ihre lange Verletzungspause, die Ziele für die nächsten Wochen und gibt Ratschläge für die kommenden Generationen.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 24.03.2018, 12:20 Uhr

Tamira Paszek möchte im Mai 2018 ihr Coemback starten

tennisnet: Frau Paszek, seit deutlich mehr als einem Jahr vermissen wir Sie auf den Turnierplätzen. Wie geht es Ihnen?

Tamira Paszek: Mir geht es sehr gut. Ich bin überglücklich, dass ich mittlerweile wieder am Trainieren bin. Das war mein Hauptziel, wieder gesund auf dem Platz zu stehen. Der Körper entwickelt sich gut, die Fitness auch.

tennisnet: Wann werden wir Sie wieder auf dem Court sehen?

Paszek: Das steht noch in Frage. Ich habe mir als Ziel einmal den Mai gesetzt. So wie das Training momentan läuft, sehe ich das als recht realistisch an. Aber das letzte Jahr war hart, mit meiner Nervenkrankheit und mit meiner Fuß-Operation im November. Da lasse ich mir jetzt genügend Zeit, bis ich merke: Ich bin bereit, jetzt geht es los.

tennisnet: Aber Sie spielen schon wieder Tennis...

Paszek: Seit zehn Tagen stehe ich richtig auf dem Platz, auch viel intensiver. Davor war es mehr zum Spaß, fast hobbymäßig ein paar Bälle schlagen.

"Es sind ideale Bedingungen hier"

tennisnet: Sind die alten Instinkte schon wieder da?

Paszek: Erstaunlicherweise fühle ich den Ball sehr gut auf dem Schläger. Seit Anfang an. Ich habe ja neun Monate nullkommanull Sport gemacht, und es war schon eine große Herausforderung, auch von Seiten der Fitness. Aber der Touch war sofort wieder da, dazu noch der Enthusiasmus, wieder auf dem Platz stehen zu können.

tennisnet: Wer hilft Ihnen momentan beim Wiedereinstieg?

Paszek: Ich arbeite hier im Stejarii Country Club (in Rumänine, Anm. der Red.), hier habe ich einen Fitnesstrainer, der im Moment aber mit zwei Herren beim ATP-Turnier in Miami ist. Für mein Tennis gibt es hier genügend Trainer und Sparringspartner. Es sind ideale Bedingungen - und die nutze ich für mein Comeback. Man muss schon realistisch bleiben. Ich fange bei Null an, auch vom Ranking her. Momentan war das erste Ziel, dass ich wieder auf dem Platz stehe. Zum Glück spiele ich ja nicht das erste Mal Tennis, ich weiß also, was ich zu tun habe.

tennisnet: Können Sie Stand jetzt schon sagen, bei welchen Turnieren Sie zurückzukommen planen?

Paszek: Gar nicht! Das steht auf meiner To-Do-Liste, da werde ich bald ein Auge drauf werfen.

tennisnet: Sie werden wahrscheinlich auf die harte Tour mit vielen kleineren Turnieren zurückkehren müssen.

Paszek: Ich bin zum ersten Mal wieder in derselben Situation wie zum Start meiner Karriere vor 13 Jahren, wo ich mein bisher einziges Future gespielt habe. So gesehen wird es eine interessante Zeit, ich werde mir einen Plan zurechtlegen. Und ich hoffe natürlich auch auf Hilfe vom einen oder anderen Turnier. Dazu habe ich auch noch mein Protected Ranking, das ich weise versuchen werde einzusetzen.

tennisnet: Funktioniert die Kommunikation mit der Spielerinnen-Vereinigung während einer derart langen Verletzungspause?

Paszek: Oh ja, doch. Da gab es doch permanenten Kontakt von Seiten der WTA Player Relations. Und man ist ja generell im Austausch, auch wegen des Protected Rankings.

"Die Regeln sollten für alle gelten"

tennisnet: Das Protected Ranking reicht nur bis Position 400. Sollte sich die WTA hier etwas anderes überlegen?

Paszek: Für mich hat es gereicht, mein Ranking wird bei ungefähr 199 sein. Aber natürlich ist es schwierig. Im Fall von Andreea Mitu etwa, die wegen ihrer Schwangerschaft ausgesetzt hat. Andreea hat noch ein Ranking von etwa 700, die muss wirklich ganz von vorne anfangen. Bei mir ist es sportlich auch schwierig, weil ich wirklich von null auf anfange nach eineinhalb Jahren Turnierpause.

tennisnet: In Miami sind gerade Stimmen laut geworden, dass Serena Williams und andere Spielerinnen nach einer Babypause bei den Turnieren gemäß ihres Protected Rankings gesetzt werden sollen. Wie stehen Sie dazu?

Paszek: Ganz schwieriges Thema. Klar gilt Serena als beste Spielerin aller Zeiten, das erkennt auch jeder an. Aber ich finde, die Regeln sollten für alle gelten. Ich glaube, Serena wird es auch so zurück an die Spitze schaffen.

tennisnet: Haben Sie während Ihrer Verletzungszeit die Spiele auf der Tour verfolgt?

Paszek: Im Moment bin ich sehr entspannt. Aber im letzten Jahr gab es schon Momente, wo ich durch die Krankheit derart belastet war, dass ich nichts vom Tennis wissen wollte. Da habe ich mir gar nichts angeschaut, weder die App benutzt noch Matches im TV verfolgt. Jetzt schaue ich mir ab und zu ein paar Matches an.

tennisnet: Sie haben auf dem Court immer etwas Positives ausgestrahlt. Hat sich daran etwas geändert?

Paszek: Es gab schon erschreckende Momente, wo ich mich sehr down gefühlt habe und mir gedacht habe: Das bin gar nicht ich. Jetzt bin ich froh, dass diese Zeit vorüber ist. Weil grundsätzlich bin ich schon eine fröhliche Person.

"Österreich wird immer meine Heimat bleiben"

tennisnet: Wir erreichen Sie gerade in Rumänien. Bestehen noch enge Bande nach Österreich?

Paszek: Ich war gerade erst eine Woche dort. Österreich wird natürlich immer meine Heimat bleiben, aber momentan passt das ganz gut hier vom Training her. Und das ist das, worauf ich mich fokussieren muss. Ich hatte jetzt wirklich eineinhalb Jahre Zeit, das Leben zu genießen abseits vom Tennis. Aber jetzt muss wieder gearbeitet werden. Das motiviert mich.

tennisnet: Zu Beginn Ihrer Karriere war Ihr Vater Ihr ständiger Begleiter. Nimmt er gerade auch Einfluss auf Ihr Comeback?

Paszek: Gar nicht. Momentan ist es wichtig für mich, dass ich mein Comeback alleine gestalte. Papa und ich haben ein super Verhältnis und werden das auch immer haben. Natürlich gibt er mir Ratschläge, er kennt mich ja auch besser als jeder andere auf dem Platz.

tennisnet: Was haben Sie während der letzten Monate gelernt?

Paszek: Die Pause war gar nicht negativ. Ich habe jetzt eine ganz andere Einstellung zum Leben und zum Sport. Weil die Freude jetzt wieder da ist, der Hunger, die Motivation. Die Lockerheit vor allem auch. Weil ich schon Perfektionistin bin. Auch das sehe ich nach dieser Zeit wieder entspannter.

"Der Moment zum Aufhören ist noch nicht da"

tennisnet: Haben Sie den Eindruck, dass die WTA jüngere Spielerinnen gut bei deren Eintritt ins professionelle Tennis begleitet?

Paszek: Auf jeden Fall macht die WTA jetzt mehr als zu jener Zeit, als ich begonnen habe. Ich denke mir oft, das war eine blöde Zeit damals ohne Instagram und Social Media. Damals hat die WTA gar nichts gemacht im Vergleich zu jetzt. Mittlerweile sieht das Ganze schon viel professioneller aus.

tennisnet: Wenn Sie einem 14-jährigen Mädchen, das über viel Talent und große Ambitionen verfügt, einen Rat geben müssten ...

Paszek: Ich würde mir ein kleines Team zusammenbauen, wo vor allem das gegenseitige Vertrauen da ist. Und dann konsequent am Weg weiterarbeiten, ohne zu viele Meinungen, ohne zu viele Trainerwechsel. Das hatte ich zum Beispiel sehr oft. Und das würde ich ändern, wenn ich noch einmal die Chance dazu hätte. Und man sollte viel auf sich selber hören und den Instinkten vertrauen.

tennisnet: Das nächste große Ziel von Tamira Paszek ist?

Paszek: Mein größtes Ziel ist es, das Ganze noch einmal selbst zu starten, mir noch einmal eine Chance zu geben. Und nicht meine Karriere zu beenden, weil es eben körperlich nicht mehr geht. Mein größtes Ziel war immer, dann mit dem Tennis aufzuhören, wenn ich spüre, dass es der richtige Moment ist. Und dieser Moment ist noch nicht da.

von Jens Huiber

Samstag
24.03.2018, 12:20 Uhr