WTA: Spielerin des Jahres, Kandidatin drei - Angelique Kerber

Die tennisnet.com-Redaktion pickt ihre Kandidaten für die Spieler und Spielerinnen des Jahres auf der ATP- und der WTA-Tour heraus. Wir beginnen mit den Damen. Heute: Angelique Kerber.

von Ulrike Weinrich
zuletzt bearbeitet: 05.12.2018, 08:00 Uhr

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22 Jahre nach Steffi Graf hat Deutschland wieder eine Wimbledon-Siegerin: Angelique Kerber schlug im Finale 2018 Serena Williams und erfüllte sich mit dem Wimbledon-Sieg einen Lebenstraum.

Wim Fissette ist ein Mann mit einer klaren Meinung. Darum unterstellen wir dem Belgier einfach mal, dass er auch nach dem Ausscheiden aus dem "Team Kerber" bei seiner Prognose bleibt, die er im vergangenen Spätsommer aufstellte: "Die beste Angie haben wir noch gar nicht gesehen."

Die Venus Rosewater Dish: Beweisstück der besonderen Art

Die Tenniswelt sah 2018 aber bereits eine Angie, die nach einer enttäuschenden Saison 2017 und trotz einiger Unkenrufen der Kritiker den Turnaround schaffte. Und das auf ihre so unnachahmliche Weise.

Das Beweisstück ihres famosen Comebacks, gewissermaßen die süßeste Kirsche, die es auf einer Torte geben kann, steht bei der 30-Jährigen Zuhause im Wohnzimmer: Die Venus Rosewater Dish, diese begehrenswerteste Trophäe im Tennissport der Frauen, die nur Wimbledonsiegerinnen überreicht bekommen.

Kerber hat an diesem 14. Juli, einem sonnigen Londoner Samstagnachmittag, ihre sportliche Unsterblichkeit erlangt. Auf dem berühmtesten Centre Court der Welt, im Rasen-Mekka an der Church Road SW 19, im altehrwürdigen All England Lawn Tennis and Croquet Club - kurz AELTC.

Boris Becker schlug vor: Wohnzimmer vergrößern

Die Dimension dieses deutlichen Finalsieges über die 23-malige Grand-Slam-Siegerin Serena Williams (6:3, 6:3) wurde auch beim Blick in die Kerber-Box deutlich. Mutter Beata, eine angenehm bescheidene Vertreterin ihrer Zunft und emotional stets gefasst, konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Und die blonde Frau mit dem Pagenkopf wirkte sogar noch ein bisschen gerührter als beim Major-Coup ihrer Tochter bei den US Open im September 2016 im Big Apple.

Boris Becker, quasi verwurzelt mit den Grasplätzen von Wimbledon, stimmte in den folgenden Jubel-Chor mit ein - und zwar recht originell: "Wir müssen nun unser Wohnzimmer teilen!!! Steffi, Michael und ich...vielleicht sollten wir es etwas vergrößern", twitterte der dreimalige London-Champ.

WAS SPRICHT NOCH FÜR KERBER

Für Kerber schloss sich an diesem Nachmittag auf der Insel ein Kreis. Sie wurde belohnt für ihren Mut, sich neu zu erfinden. Sie, die eigentlich lieber an alten Gewohnheiten festhält, die sich bis dato sehr viel wohler fühlte, wenn sie eingefahrene Pfade beschreiten konnte.

Genau diese Angelique Kerber entschied sich nach ihrer schwachen Saison 2017 mit 29:24 Siegen (2018: 46:19 Erfolge) zu einem Trainerwechsel. Schubumkehr. Über den eigenen Schatten springen, raus aus der Komfortzone - und hinauf auf unsicheres Terrain, das letztlich erst den Raum für neue Höhenflüge bot.

"Angie" war am GS-Match des Jahres beteiligt

Ihren langjährigen Coach Torben Beltz, der sie schon in der Jugend betreut und immerhin zu den Grand-Slam-Triumphen in Melbourne und New York geführt hatte, ersetzte ab Dezember 2017 Wim Fissette, der auch einen neuen Fitnesstrainer (Rob Brandsma) mit ins Team brachte.

Veränderung pur für das passionierte "Gewohnheitstier", das in vielen Restaurants dieser Welt nicht von "ihrem" erprobten und für gut befundenem Stamm-Gericht abweicht.

Doch Kerber meisterte die Aufgabe mit Bravour. In den ersten 14 Matches der abgelaufenen Saison blieb sie unbesiegt - ehe sie als Nummer 21 der Setzliste in einem Halbfinal-Krimi bei den Australian Open Branchenführerin Simona Halep nur hauchdünn in drei Sätzen unterlag.

Bezeichnend: Der 2:20-stündige Schlagabtausch wurde als bestes Grand-Slam-Match 2018 ausgezeichnet. Eine bittere Niederlage, die die deutsche Nummer eins nicht umwarf. Im Gegenteil. Die folgenden Monate sind längst (Sport-)Geschichte.

WAS SPRICHT GEGEN KERBER?

Was kann gegen eine amtierende Wimbledon-Queen sprechen, die die Saison als Nummer 21 begann - und als Weltranglistenzweite ins neue Jahr starten wird? Vereinzelt gab es Kritik an der Bilanz der Kielerin nach ihrem bislang wertvollsten Major-Erfolg. 7 Siege standen 7 Niederlagen gegenüber. Was soll's. Die Venus Rosewater Dish ist die beste Antwort auf alle lästigen Fragen!

von Ulrike Weinrich

Mittwoch
05.12.2018, 08:00 Uhr